„Invisible Inventories“
Rückkehr nach Wakanda
Vergangene Woche fand in Kenia der Launch des Ausstellungsprojekts „Invisible Inventories“ statt, das vom Goethe-Institut unterstützt wird. Im Nationalmuseum Nairobi wurde etwa über die Rolle lokaler Gemeinschaften innerhalb der Restitutionsdebatte gesprochen. Die kenianische Journalistin Abigail Arunga war für „Goethe aktuell“ vor Ort.
Von Abigail Arunga
Im bekannten Marvel-Film „Black Panther“ gibt Michael B. Jordans Charakter einem Museumsbeamten eine Schulung und erklärt, dass das ausgestellte Artefakt sich nicht wirklich dort befinde, wo es ursprünglich herkommt. Wie in der fiktiven Welt von Wakanda sieht es heute in vielen Museen weltweit aus. Laut Juma Ondeng' von den National Museums of Kenya (NMK), der vor Beginn des Gremiums sprach, gehört eine Vielzahl der ausgestellten Objekte auf der ganzen Welt nicht zu den Ländern der Museen, in denen sie untergebracht sind. Die meisten dieser Objekte befinden sich in Sammlungen, nur sehr wenige sind in Ausstellungen zu sehen. Kenia hat mithilfe des International Inventories Programme (IIP) schriftliche, verifizierte Aufzeichnungen zu etwas mehr als 18.000 Objekten in 22 Institutionen in vier Ländern des globalen Nordens erstellt. Der Trend des Ausstellens „exotische“ Objekte spiegelt sich im ganzen Norden der Welt wider, wobei einige Museumssammlungen zu fast 90 Prozent im Ausland liegen. Und das reicht von Kenia und Griechenland bis Äthiopien und Australien. Nach einer monatelangen Stille reagierte das British Museum erst kürzlich auf die Mitteilungen des IIP und stimmte zu, die Artefakte aus Kenia in seinem Museum aufzulisten, unabhängig davon oder vielleicht wegen unserer blutigen Geschichte.
Wer darf im Namen einer Nation sprechen?
Es ist diese Geschichte, die uns hierherführt; die meisten historischen wertvollen Objekte, die Kenia nicht besitzt, sind im Besitz unserer Kolonisatoren. Dazu gehören unter anderem der Kopf des Widerständlers Koitalel Arap Samoei und die menschenfressenden Löwen von Tsavo, die Juma Ondeng‘ lachend als „die erste Grenze des Widerstands gegen die Kolonialherrschaft“ bezeichnete. Er erwähnte, dass die Rolle solcher Gremien sei, die öffentliche Meinung zu gewinnen, da die NMK nicht im Namen Kenias als Nation sprechen könnten.
Die Einrichtung einer Datenbank, die alle Orte und Objekte in ausländischen Museen detailliert beschreibt, ist Teil des Programms „Invisible Inventories“ („Unsichtbare Inventarlisten“), das am Abend des 28. November 2019 im Nairobi National Museum in Kenia gestartet wurde. Rund 70 Personen nahmen an dem „Object Movement Dialogue #4“ teil, der die Ausstellung ankündigte, die im nächsten Jahr im Nairobi National Museum sowie 2021 in zwei deutschen Museen zu sehen sein wird. Die Diskussion wurde moderiert von Dr. Njoki Ngumi vom Künstlerkollektiv The Nest Collective, das zu den drei Gruppen gehört, die die Grundlage des International Inventories Programme (IIP) bilden. Gastredner des Abends war Jimbi Katana, ein renommierter Archäologe, der zuvor für die National Museums of Kenya gearbeitet hat.
Museen als Verwahrer des materiellen und immateriellen nationalen Erbes
Jimbi Katana konzentriert sich auf die Erforschung und Erhaltung des Erbes, insbesondere die Objekte, die an der Küste als „Vigango“ bekannt sind – Objekte, die die Gemeinschaften als Verkörperungen von Geistern verehrten. „Wenn man stirbt, muss man nach Hause gebracht werden“, sagte er. Die meisten Formen der afrikanischen traditionellen Religion oder Mythologie betonten ausdrücklich die Gedanken an das Jenseits und die Beziehung der lebenden Welt zu ihm; daher sei der Gedanke an Vigango für einen typischen Afrikaner natürlich. Entwurzele man einmal etwas, sei es ein Leben, sei es ein Baum, sei es ein heiliges Objekt, was passiere dann mit dem zurückgelassenen Vakuum? Es müsse ausgefüllt werden. Das Objekt müsse zurückgegeben werden.
Rückgewinnung und Machtdynamik
Ein Zuschauer fragte, warum wir darauf bestünden, den Akt der Entführung dieser Objekte nicht als Diebstahl zu bezeichnen und warum wir nicht beim Namen nennen würden, dass es sich um ein Verbrechen handelte; stattdessen diskutierten wir um die Idee herum, darum zu bitten, Datenbanken einzurichten, statt einfach unser Eigentum zurückzufordern. Wie bereits erläutert, gibt es jedoch Phasen, die mit Rückkauf und Rückgewinnung verbunden sind, einfach, weil die Machtdynamik zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden insgesamt von Unterschieden geprägt ist. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist ein Pfeiler der kenianischen Verfassung. Die einzige Möglichkeit, den globalen Norden zur Rückgabe dieser Artefakte zu bewegen, ist die Information durch Gremien wie dieses, was wiederum die Kenianer*innen dazu bringen werde, ihre Parlamentarier*innen und Regierungsstellen aufzufordern, das zurückzufordern, was uns rechtmäßig gehört – egal, wie unbequem diese offenen und öffentlichen Gespräche sind.