bangaloREsidency: Line Krom
Staub aufwirbeln
Die bangaloREsidency ermöglicht es Künstler*innen aus Deutschland, Kunst- und Kulturräume in Bangalore kennenzulernen und dort eigene Projekte umzusetzen. Die bildende Künstlerin Line Krom war von Oktober bis Dezember 2022 bangaloREsidentin am National Centre for Biological Sciences (NCBS). Im Interview berichtet sie von ihrer Arbeit mit Staub und Abfällen am Campus des NCBS und von ihren Begegnungen mit lokalen Kunstschaffenden.
Sie waren im vergangenen Herbst bangaloREsidentin im Archiv des NCBS, des National Centre for Biological Sciences, in Bangalore. Wieso haben Sie als bildende Künstlerin ein wissenschaftliches Archiv als Aufenthaltsziel gewählt?
Mittels Pflanzen als nicht-menschlichen Kollaborateuren schürfe ich aus Staub und Abfällen wertvolle Metalle. Durch den Staub und die Abfälle erforsche ich die Ausschlussmechanismen von Kulturinstitutionen. Das NCBS bot mir vielfältige Möglichkeiten, meine Forschung voranzutreiben.
Warum wollten Sie für Ihre Arbeit nach Indien?
Während der Pandemie habe ich in Online-Weiterbildungen und Web-Seminaren einige Künstler*innen aus Indien kennengelernt. Schnell ergaben sich individuelle Kontakte und gesellige Zoom-Abende, die weit über die Weiterbildung hinaus Bestand haben. So bin ich neugierig auf die indische Kunstszene geworden.
Was war Ihr persönlicher Höhepunkt in Bangalore?
Ich war begeistert von der engen Verzahnung von Kunst, Nachhaltigkeit und Ökologie in der Kunstszene in Bangalore. An den verschiedenen Orten, die ich erkundet habe, traf ich auf Kunstschaffende, die diese Themen in das Zentrum ihrer Arbeit stellen. Beispielsweise Suresh Samuha, der eine Bio-Farm betreibt, Meena Vari, die für Srishti Manipal Institute of Art, Design and Technology das Projekt „The Soil Assembly“ für die Kochi-Muziris Biennale mit-organisiert hat. Ebenso wie viele andere Lehrende und Studierende, die ich eben dort kennengelernt habe, die mir einen Einblick in ihre Arbeit gewährt haben.
Wie hat die bangaloREsidency Sie in Ihrer Arbeit unterstützt?
Vor allem die Unvoreingenommenheit und Offenheit der Wissenschaftler*innen am NCBS hat mich beeindruckt. Ich habe verschiedene naturwissenschaftliche Methoden kennengelernt, die mir neue Entdeckungen eröffnet haben. So habe ich mit dem Elektronen-Mikroskop Gold im Staub des Archivs gefunden, das Archiv als Ort des Lebendigen genutzt, indem ich Bakterienkulturen aus dem Staub gezüchtet habe, und ich habe Elektrizität aus aussortiertem Archivmaterial gewonnen…
Ich habe sehr viele herzliche und spannende Menschen kennengelernt, die mich mit ihrer Expertise und ihrer Neugier herausgefordert und unterstützt haben. Ich hoffe, daran in der Zukunft wieder anknüpfen zu können.
Line Krom ist bildende Künstlerin und lebt in Frankfurt am Main. Ihr Hintergrund als Kulturanthropologin lässt sie auf die Umstände blicken, unter denen Kunst entsteht. Mit künstlerischen Methoden erforscht sie prekäre Arbeitsbedingungen im Kunstbetrieb. Die Ergebnisse ihrer Projekte manifestieren sich in Zeichnungen, Objekten, Installationen, Texten und Performances. Seit zehn Jahren arbeitet sie mit Staub als künstlerischem Material, aber ihre Zeit am NCBS in Bangalore hat ihr neue Perspektiven auf das Material ermöglicht. Am NCBS kreuzten Expert*innen aus den Archiv- und Naturwissenschaften und verschiedenen künstlerischen Feldern ihren Weg. So wurde ihre Forschungsreise zu einem Grenzgang zwischen den Disziplinen.
Die bangaloREsidency wurde als Langzeitkollaboration zwischen dem Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Bangalore und verschiedenen innovativen Kunst- und Kulturräumen in Bangalore initiiert. Ziel des Programmes ist es, Künstler*innen, die in Deutschland leben und arbeiten, eine Plattform zu bieten, die es ihnen ermöglicht, sich kreativ zu entfalten, sich den Herausforderungen einer modernen indischen Metropole wie Bangalore zu stellen und mit indischen Künstler*innen zusammenzuarbeiten.