Blog #6
Na shledanou Břeclav! Meine letzten Wochen und der Abschied
Meine neun Wochen in Tschechien mit SCHULWÄRTS! sind vorbei und ich möchte über meine letzten Tage berichten und ein bisschen über die vergangenen Monate reflektieren.
Wie fühlen sich physische und sprachliche Grenzüberquerungen nach Österreich an?
In den letzten Wochen hatte ich noch viele schöne Erlebnisse, unter anderem war ich dreimal (ich korrigiere viermal) in Österreich. An einem Wochenende und in den Herbstferien bekam ich Besuch aus Deutschland in Wien. Nach nur einer Stunde Zugfahrt ist man bereits angekommen und eine Reise dorthin kann ich nur jedem empfehlen. Mir hat die Stadt sehr gut gefallen, auch wenn es ein wenig komisch war, dass plötzlich alle wieder Deutsch gesprochen haben.
An der Grenze von Tschechien und Österreich mit Amelie | © Alina Kropp Auch an der Schule kam ich an verschiedenen Stellen in Berührung mit Österreich. Da Břeclav so nah an der Grenze liegt, gibt es eine Lehrerin, die sowohl in Tschechien Deutsch als auch in Österreich Tschechisch unterrichtet. Sie hat mir unter anderem erzählt, dass der deutsche Stuhlkreis in Österreich Sesselkreis genannt wird. An anderer Stelle wurden in einer Klasse in einer Unterrichtsstunde zum Thema „Essen“ die österreichischen, tschechischen und deutschen Begriffe verglichen. Mich hat es erstaunt, wie sehr sich einige tschechische und österreichische Begriffe ähneln (Pfannkuchen (deutsch), Palatschinken (österreichisch), palačinky (tschechisch)). Und auch im Schulbuch gibt es Hinweise, wenn es Unterschiede im Wortschatz zwischen Deutschland und Österreich gibt.
Was passierte noch in den letzten Tagen an der Schule?
Ein letzter Blick aufs Gymnasium | © Alina Kropp In den letzten Wochen konnte ich recht viel eigenständigen Unterricht übernehmen, da ich an der Schule im Deutschunterricht in einigen Stunden vertreten durfte. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, mein Projekt zum Gendern noch in drei weiteren Klassen durchzuführen. Eine Lehrerin bat mich, auch etwas mit den jüngeren Schüler*innen der Sekundarstufe und Tertiarstufe zu diesem Thema zu machen. Ich plante für sie eine etwas andere Stunde, die mir (trotz einer leider aufkommenden Erkältung) großen Spaß machte. Einen negativen Beigeschmack hatten leider die stark steigenden Coronazahlen in Tschechien und die wenigen Maßnahmen an den Schulen durch die Regierung (Während meiner Zeit hier wurde weder an den Schulen getestet noch im Unterricht Maske getragen). Und auch im Alltag sowie in Bus und Bahn hatte ich generell den Eindruck, dass eine Mund-Nasenschutz-Pflicht auch häufig mal ignoriert oder zu einer reinen Mundbedeckung umgedeutet wurde. Nichtsdestotrotz versuchte ich die Tage noch bestmöglich zu genießen und auszukosten.
An meinem letzten Schultag hielt ich noch eine schöne Abschluss-Unterrichtsstunde und wurde von allen Lehrerinnen und Lucie mit lieben Worten und Geschenken sehr herzlich verabschiedet. Ich brachte für alle Baumkuchen aus Deutschland zum Probieren mit. Was bleibt und was nehme ich mit?
Was mich während meines Praktikums überrascht hat, ist die Tatsache, wie schnell man sich an eine neue Umgebung gewöhnen kann. Sowohl mit einer Badewanne in der Küche (oder je nach Perspektive der Küche im Bad) und einer Falttür als Zimmertür kann man sich nach kurzer Eingewöhnungszeit wohl fühlen (Und nein, beides ist nicht typisch für das heutige Tschechien!). An der Schule und auch in Břeclav fand ich mich recht schnell zurecht, auch wenn ich vorher (fast) kein Wort Tschechisch verstand. Außerdem habe ich erlebt, wie einem der Klang einer neuen Umgebungssprache mit der Zeit immer vertrauter wird. Auch wenn ich mich auf Tschechisch nicht unterhalten kann, habe ich doch so manches Wort gelernt und ich kann mich vorstellen, grüßen, verabschieden und bedanken. Ebenso war es für mich problemlos möglich, mich vegetarisch zu ernähren.
An der Schule bereicherten mich vor allem die Einblicke in den Deutsch als Fremdsprache-Unterricht von verschiedenen Lehrerkräften. Ich konnte lernen, auch mal etwas spontaner einen Unterricht durchzuführen (obwohl ich lieber immer alles sehr genau plane). Ebenso nehme ich viele Ideen für mehr Schüler*innenaktivität im Unterricht mit, besonders was die Kommunikationskompetenz angeht. Ich hatte die Gelegenheit, viel selbst auszuprobieren, ohne dass ich überfordert wurde. Insgesamt wurde ich darin bestätigt, dass mir der Lehrer*innenberuf trotz so mancher Herausforderung im Großen und Ganzen viel Spaß macht.
Darüber hinaus durfte ich in kürzester Zeit viele tolle, engagierte neue Menschen kennenlernen und die verschiedensten Orte erkunden. Dabei war ich sehr froh über meine Mitbewohnerin Lucie, ohne die ich bestimmt nicht so viel von Tschechien gesehen hätte. Meine Vorstellung über Tschechien hat sich deutlich geweitet und ich kann sagen, dass ich jetzt ein umfassenderes Bild von unserem Nachbarland habe. Dabei habe ich mehr Verbindendes als Trennendes wahrgenommen. Genauso dankbar bin ich für die tolle Betreuung der Goethe-Institute in München und Prag sowie durch meine Betreuerin Zdeňka und alle Deutschlehrerinnen in Břeclav.
Rückblick: Lucie und ich in Prag auf der Karlsbrücke | © Lucie Weidenauer Wer aufmerksam gelesen hat, der wird bemerkt haben, dass der vierte Wien-Aufenthalt fehlt. Zugegeben es ist auch eher ein Transit-Aufenthalt. Der Weg zurück nach Deutschland führte mich nämlich zum letzten Mal über den Bahnhof von Břeclav zu jenem in Wien, wo ich in meinen Zug nach Frankfurt gestiegen bin. Hier sitze ich nun und tippe meine vorerst letzten Zeilen für diesen Blog.
Abschied am Bahnhof - Na shledanou, Břeclav, auf Wiedersehen | © Alina Kropp Was kann ich noch zum Abschluss sagen? Danke liebes SCHULWÄRTS!-Team für die Möglichkeit, in Tschechien an einer Schule ein Praktikum zu machen. Im Rückblick war vieles ganz anders, als ich es mir zuvor ausgemalt hatte und auch ich kann dem inoffiziellen SCHULWÄRTS!-Motto „Am Ende wird alles gut“ zustimmen. Meine Erwartungen wurden tatsächlich im positiven Sinne übertroffen.
Děkuji!