Blogeintrag 5
Zwischenseminar in Peking
Ankunft und erstes Kennenlernen
Schon vorab dachte ich mir „Egal, wie schlimm es werden sollte – 4 ½ Wochen bis zum Zwischenseminar schaffst du und hörst mal, wie es denn den anderen geht.“ Die Sorge war natürlich – wie so oft – völlig unbegründet, sodass das Zwischenseminar mit unglaublich netten Leuten schneller kam als gedacht. Besonders freute ich mich natürlich auf Hanna und Theresa, die ich schon beim Vorbereitungsseminar im August letzten Jahres kennengelernt habe. Wir haben uns auf Anhieb super verstanden und gehörten in München an beiden Abenden zu den Letzten, die ins Bett gingen. Auch unmittelbar vor der Ausreise standen wir schon in Kontakt, aber hier in China ist es zu einem täglichen Austausch gewachsen, den ich sehr schätze. Schön, dass ich euch gefunden habe!Erstaunlicherweise kam mir Peking auf den ersten Blick nicht viel anders vor als Guangzhou. Es war genauso laut, genauso viele Menschen und genauso wenig „traditionell-chinesisch“ wie ich es von Guangzhou kannte. Nur das Wetter schockte mich. Als ich Guangzhou verließ, waren es schwülwarme 28 Grad – Peking begrüßte mich mit 5 Grad.
Der Flug dauerte 3 ½ Stunden. Ziemlich weit und man realisiert dann erst, wie riesig dieses Land ist. Wenn man von Frankfurt oder München aus 3 ½ Stunden fliegen würde – wo ist man dann? Sicher nicht mehr in Deutschland…
Mit Hanna hatte ich mich bereits am Flughafen verabredet, damit wir gemeinsam zum Hotel fahren konnten und uns nicht allein in das Getümmel einer Millionenstadt stürzen mussten. Da wir in verschiedenen Terminals gelandet waren, war dies schon die erste Hürde, die wir aber meisterten. Im Hotel angekommen trafen wir auf Theresa und ein paar andere Stipendiaten. Wir drei Mädels entschieden uns dazu, uns ein bisschen in Peking umzugucken, da wir wussten, dass wir in den kommenden Tagen sonst nicht viel von der Stadt sehen würden. Wir landeten beim Glockenturm und liefen durch die Hutongs. In diesen kleinen Gassen hatte ich schon wieder viel mehr das Gefühl in China zu sein, alles erschien mir „chinesischer“ und nicht so „mainstream“. Allerdings waren die Preise sehr touristisch. Wir landeten in einer Bar, in der wir umgerechnet 10 Euro für ein Bier bezahlen sollten. Wollten wir natürlich nicht, sodass wir den Laden umgehend wieder verließen und uns stattdessen ein "Fußpils" genehmigten. Auch gut, aber leider sehr kalt – denn der Temperaturunterschied war wirklich nicht ohne für mich, und zudem war ich seitdem schon beinahe 2 Wochen erkältet (Klimaanlagen und Co.). Außerdem probierten wir hier und dort einiges, denn Essen und insbesondere Streetfood scheint in China niemals rar zu sein.
Nachdem ich absolut durchgefroren war, machten wir uns auf den Weg zurück ins Hotel und saßen dort noch eine Weile gemeinsam mit ein paar anderen Stipendiaten zusammen. Wir lernten uns ein bisschen kennen, verstanden uns gut, teilten erste Erfahrungen miteinander und erfuhren bereits von einigen, in welchen Städten bzw. an welchen Schulen sie ihre Praktika absolvieren.
Der Austausch, aber auch das ganz unvorsichtige Deutschsprechen tat gut. Manchmal ertappe ich mich dabei, wie seltsam ich Deutsch rede, wenn ich mit meiner Lehrerin und anderen chinesischen Freundinnen, die auch Deutsch können, spreche. Es ist nicht so, dass ich dann ein falsches Deutsch spreche, aber ein vorsichtiges, überlegtes und manchmal auch absolut unnormales…naja! Alle Anzeichen sprachen für ein vielversprechendes Wochenende.
Die Seminartage
Neben dem Kennenlernen (welches wir teilweise schon am Abend vorher begonnen hatten) standen der Erfahrungsaustausch und die Hospitation einer Stunde im Goethe-Institut auf dem Programm. Ein Mitarbeiter des Goethe-Instituts Peking war ein paar Tage vor dem Zwischenseminar zu Gast an meiner Schule. Er stellte das Programm „Studienbrücke“ vor und wir kamen ins Gespräch über Unterricht und Unterrichtssprache. Er erzählte mir, dass alle Stunden am Goethe-Institut komplett auf Deutsch erfolgen. Da ich keine Fremdsprache studiert habe und auch vorher keine Erfahrung mit DaF gemacht habe, bemühte ich mich, im Unterricht zu Beginn möglichst viel Deutsch zu sprechen. Dennoch fiel es mir schwer, sodass ich dann doch den Unterricht vermehrt auf Englisch hielt. Daher war ich sehr gespannt, wie genau sich diese Stunden gestalten werden, in denen wir hospitieren durften.Und tatsächlich! Gemeinsam mit drei anderen Stipendiaten hospitierte ich in einem A1.1 – Kurs. Es handelte sich als um absolute Anfänger, die Deutsch lernen möchten. Die chinesische Kursleiterin sprach kein einziges Wort Deutsch. Sie sprach auch nicht besonders langsam, sondern ganz normal, und unterstützte ihre klaren und knappen Anweisungen sehr stark mit Gestiken. Ich war wirklich beeindruckt!
Auch sonst haben wir an diesen beiden Seminartagen sehr viel erfahren, wie zum Beispiel über die Stiftung Mercator, die das Projekt SCHULWÄRTS! finanziell unterstützt. Sehr interessant waren die Informationen über das Gaokao.
Der Begriff war mir vorher schon bekannt und lässt sich theoretisch mit dem deutschen Abitur gleichsetzen. Aber auch nur theoretisch! Das Gaokao ist die wichtigste Prüfung im Leben eines Chinesen. Klar, das Abitur ist für uns auch sehr wichtig und entscheidet mitunter sehr stark über den weiteren beruflichen Lebensweg. In China ist das Gaokao aber eine Alles-oder-nichts-Prüfung. Es gibt keinerlei Vorprüfungen, die in die Endnote miteinfließen. Also so, als ob nur die Abiturprüfungen an sich zählen würden. Zudem entscheidet die Note des Gaokao darüber, an welcher Uni man sich bewerben kann. Ja, richtig! Man bewirbt sich an einer Uni, die einen guten Ruf hat und je besser die Note bzw. die Punkte im Gaokao, desto eher kann man an einer dieser renomierten Universitäten studieren. Zweitrangig sind dabei die individuellen Interessen, denn zunächst ist es wichtig, einen Studienplatz an einer dieser Universitäten zu bekommen. Ob man dann Deutsch, Maschinenbau oder Sozialwissenschaften studiert, ist somit eher nebensächlich. Wichtig ist es, einen Abschluss von einer landesweit angesehenen Universität zu haben. Völlig gegensätzlich zu unserem System also, in dem man sich überlegt, was einen interessiert, sich dann einen Studiengang aussucht und dann eine Universität.
Als ich zuvor eine chinesische Freundin gefragt habe, ob auch viele eine Ausbildung machen möchten sagte sie: „Nein. Jeder in China will studieren“. Eine Ausbildung scheint daher hierzulande eher die Notlösung zu sein, falls man keinen Studienplatz bekommt.
Außerhalb des Seminars
Neben dem zweitägigen Seminar waren wir alle gemeinsam beim Karaoke. Karaoke ist – wie man mir sagte – die liebste Freizeitbeschäftigung der jungen Leute in China. Da ich scheinbar noch zu diesen gehöre, hatte ich es bereits mit zwei Chinesinnen ein paar Wochen zuvor in Guangzhou ausprobiert.Mit insgesamt 13 Stipendiaten sind wir also in Beijing in so eine Location marschiert. Englischsprechendes Personal war – wie sollte es auch anders sein – kaum vorhanden. Letztendlich haben wir es aber geschafft, einen Raum für uns alle für 2 Stunden zu organisieren. Yeah!
Ein weiteres Highlight der Aktivitäten außerhalb des Seminars war aber der Samstag, an dem wir in einem Club waren. Dieser spielte vor allem westliche Musik, sodass man sich auch in jeden anderen Club in einer größeren Stadt hätte befinden können. Mit einem Unterschied: Frauen mussten nichts bezahlen, Männer etwa 15 Euro – ach, wie ich diese Gleichberechtigung doch liebe! Aber für uns alle galt dann: All drinks all night for free.…. Der Sonntag war dann natürlich für die Heimreise bestimmt, und das war dann auch genug für einen Sonntag nach einer Party.….
Es war wirklich ein tolles Wochenende mit vielen Infos, Unterrichtsideen, netten Leuten und zwei – inzwischen sind sie es – tollen Freundinnen, die ich nur dank SCHULWÄRTS! gefunden habe.
Gemeinsames Gruppenfoto | © Carina Hinzmann