Blog #5
Von Roadtrips und blinzelnden Häusern
Die letzten Wochen meines SCHULWÄRTS!-Praktikums in Sebeș brechen an und ich kann kaum glauben, wie schnell die Zeit in Rumänien verflogen ist. Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass es schon fast drei Monate her ist, seit ich das erste Mal den hübschen Hinterhof des Pfarrhauses betreten habe. Seither bin ich gefühlt hunderte Male durch das große Eingangstor gegangen, wurde von Bella (eine ältere Hundedame, die auf dem Hof lebt) begrüßt und freute mich besonders in den Wintertagen über meine warme, gemütliche Wohnung. Langsam setzt sich der Gedanke, dass die Zeit in Rumänien bald vorbei sein wird, in mir fest. Umso mehr versuche ich, die letzten Wochen voll auszukosten und möglichst viel zu unternehmen.
Mein geliebter Hinterhof
| © Eliane Leberer
„Fahr noch zwei Mal durch den Kreisel, dann weiß ich den Weg“
Diesen Satz hörte ich von meinem Beifahrer nicht nur einmal, als ich zu Beginn meines letzten Praktikumsmonats gemeinsam mit Besuch aus Deutschland ein Auto mietete, um einen kleinen Roadtrip zu unternehmen. Nach wochenlangem Reisen mit Bus und Bahn war ein eigenes Auto absoluter Luxus, der allerdings dazu führte, dass ich mich meinem persönlichen Endgegner im Straßenverkehr stellen musste: mehrspurigen Verkehrskreiseln. Von denen gibt es in meiner Region sehr viele – die mich allerdings schon nach dem zweiten Fahrtag kaum noch störten.
So machten wir einen Ausflug zum Castelul Corvinilor in Hunedoara, fuhren den Teil der Transalpina, der im Winter nicht gesperrt ist, nach Sighișoara und durch den Rezetat National Park. Dabei kam mir das verlängerte Wochenende Anfang Dezember sehr gelegen. Der erste Dezember ist der ziua națională, der rumänische Nationalfeiertag, was sich schon einige Tage vor dem 1. Dezember in allen Städten und Dörfern bemerkbar macht: Flaggen mit den Landesfarben werden aufgehängt, am Feiertag selbst werden diese auch in Form von Ansteckschleifen, Hüten und Schals sichtbar. Bei öffentlichen Feierlichkeiten werden Blumenkränze überreicht und in den größeren Städten gibt es Militärparaden.
Nur 40 Minuten mit dem Bus von Sebeș entfernt liegt eine meiner Lieblingsstädte, der ich an dieser Stelle ein paar Zeilen widmen möchte: Sibiu (Herrmannstadt). In Sibiu gibt es viel zu entdecken, von Kirchen (davon gibt es wirklich viele!) bis hin zum größten Freilichtmuseum Europas. Im „Muzeul ASTRA“ gewinnt man bei einem Spaziergang einen Einblick in die rumänische ländliche Baukunst der vergangenen Jahrhunderte. Doch nicht nur für die Wohnhäuser, Höfe und Mühlen lohnt sich ein Besuch, allein der Spaziergang um den See und durch die Natur ist die Anfahrt wert!
Wenn vom Spazieren die Füße schmerzen, ist das „Erasmus Büchercafé“ im Teutsch-Haus DIE Adresse für ein paar erholsame Minuten. Neben Kaffee gibt es hier nämlich auch rumänisch-, englisch- und deutschsprachige Bücher zu lesen und kaufen. Ein Paradies für Bücherwürmer wie mich! Am allerliebsten schlendere ich jedoch durch die Altstadt und bestaune die hübschen Häuser, deren Dachfenster wie Augen geformt sind. Man hat beinahe das Gefühl, die Häuser beobachten das Treiben der Stadt und wartet heimlich darauf, dass doch einmal eines von ihnen blinzelt.