Blog #10
Salam Baku – Eine Woche Aserbaidschan
Salam heißt „Hallo“ auf Aserbaidschanisch, kann aber auch zur Verabschiedung genutzt werden. Dies ist eines der zwei Wörter, die ich auf Aserbaidschanisch gelernt habe. Vor ein paar Wochen wurden wir Stipendiatinnen in Georgien vom Goethe-Institut angefragt, ob wir uns vorstellen könnten, für ein paar Tage in Baku zu unterrichten. Aserbaidschan wird vom Goethe-Institut Tiflis betreut und die Schulen wünschten sich ebenfalls Praktikantinnen. Petra und ich wurden für eine Woche zusammen eingeteilt. Da wir ohnehin nach Baku wollten, war das eine perfekte Gelegenheit für uns!
Die Anreise
Am Abend des 29. Novembers (ein Freitag) ging es für Petra und mich mit dem Nachtzug von Tbilisi auf nach Baku. Uns stand eine 12-stündige Fahrt bevor, auf der wir die Grenze zwischen Georgien und Aserbaidschan überquerten. Ich war sehr aufgeregt, da ich erstens noch nie in einem Nachtzug gefahren bin und zweitens noch nie außerhalb eines Flughafens eine Landesgrenze überquert habe. Hinzu kam, dass die meisten Menschen in Georgien kein Englisch sprechen – so auch in dem Nachtzug und an der Grenze.
Die Fahrt begann, wir – gut ausgestattet mit Essen (zu viel Essen) und Euphorie – waren zum Glück dabei. Warum zum Glück? Petras Marschrutka, mit der sie zum Bahnhof in Tbilisi kommen wollte, stand im Stau und es war nicht sicher, ob sie es pünktlich schaffen würde.
Nach eineinhalb Stunden, um zehn Uhr abends, erreichten wir die erste Kontrolle. Wir konnten zum Glück im Zug sitzen bleiben, während unsere Ausweise überprüft wurden. Danach ging es weiter zur Grenzüberquerung, wo die aserbaidschanischen Beamten auf uns warteten. Sie kamen wieder zu uns in den Zug und einer richtete sich in einem leeren Zugabteil ein Büro ein. Wir mussten unser Visum vorzeigen, in die Kamera gucken und dann konnten wir gehen. Wir dachten, wir könnten schlafen, aber leider mussten wir die ganze Zeit wach bleiben, da später unsere Koffer kontrolliert werden sollten. Sollten – wir öffneten unsere Koffer so langsam, dass der Beamte einfach ging. Für uns war es relativ einfach, nach Aserbaidschan einzureisen, da wir zuvor nicht in Armenien waren.
Diese „Kontrollen“ begegneten uns auch auf der Einreise zurück nach Georgien – dazu später mehr.
Wir konnten also endlich unsere Betten beziehen und schlafen – zu diesem Zeitpunkt war es bereits 1 Uhr morgens. Petra und ich waren sehr glücklich darüber, dass wir in unserem Abteil alleine waren. Irgendwann bin ich durch ein komisches Gefühl, dass irgendwas vorgeht, aufgewacht. Ich hatte erst nicht mitbekommen, was vor sich ging, es stand plötzlich ein fremder Mann vor mir. Mein müdes Ich dachte erst, wir würden wieder kontrolliert werden oder wir hätten irgendetwas falsches gemacht. Es stellte sich aber heraus, dass wir ab nun zwei Männer als Mitreisende in unserem Schlafabteil hatten. Na toll! Sie stellten sich hinterher nicht als die beste Gesellschaft heraus, aber irgendwann hatten wir es mit der Ankunft in Baku geschafft. Um neun Uhr morgens erreichten wir den Bahnhof und damit begann unsere Zeit in Aserbaidschan.
Der Bahnhof war sehr beeindruckend, glich eher einem Flughafen als einem Bahnhof. Zuerst wollte ich Geld abheben, da Aserbaidschan eine andere Währung hatte als Georgien, hier zahlt man mit Manat. Leider auch einen anderen Wechselkurs, weshalb es in Baku teurer ist als in Georgien. Mir wurde mein Geld leider nur in 1-Manat-Scheinen gegeben, weshalb ich unzählige Scheine irgendwo verstauen musste.
Unsere erste Mahlzeit in Aserbaidschan war ein Frühstück in der Nähe des Bahnhofs, es gab Gebäck und Baklava – auf türkische Art. In Aserbaidschan gibt es auch noch eine andere Form von Baklava, das einen höheren Nussanteil hat. Und natürlich gab es auch einen Cay (Tee). Nach unserem Frühstück machten wir uns auf den Weg zu Fuß zu dem Hotel, dass das Goethe-Institut für uns gebucht hatte.
Unsere ersten Ausflüge
Bevor wir mit dem Unterrichten begannen, verbrachten wir das Wochenende damit, dass wir uns Baku anguckten und einen Ausflug in die umliegende Natur machten.
Baku hat eine schöne Altstadt, die Gassen sind sehr eng. Auch der Rest von Baku ist schön, sehr modern, augenscheinlich reich und sauber, was einen großen Unterschied zu Tbilisi darstellte. Wir fühlten uns hier gleich wohl, wir mussten uns nicht erst an die Stadt gewöhnen, wie am Anfang in Georgien. Aserbaidschan ist ein muslimisches Land, weshalb es auch in und außerhalb der Hauptstadt Moscheen gibt. Außerhalb von Baku konnten wir feststellen, dass es ein ähnliches Leben wie auf dem Dorf in Georgien ist, die Menschen haben hier ein eher einfaches Leben im Vergleich zur Hauptstadt. Dies war ein sehr starker Unterschied.
Wir fuhren zuerst zu einer sehr schönen Moschee, die wir uns von innen angucken konnten. Sie war sehr imposant.
Danach ging es zu Schlammvulkanen, die witzig blubberten. Einige aus unserer Gruppe füllten sich den Schlamm in Flaschen ab, der heilende Wirkungen auf der Haut haben soll. Ich brauchte keinen Schlamm. Danach fuhren wir zu einem Ort, an dem man einige Felsenmalereien sehen konnte.
Als nächsten Stopp gab es ein Mittagessen in Form eines Buffets. Aserbaidschanisches Essen unterscheidet sich sehr von georgischem Essen, hier gibt es mehr Einflüsse aus der arabischen und der türkischen Küche. Optimal für mich, da ich türkisches Essen liebe. Während dem Essen fühlten wir uns ein bisschen wie in einer Schulkantine, was dem Tablett, eher dem Tellerersatz, geschuldet war.
Nach dem Essen fuhren wir noch zu einem Feuertempel und einem Berg, an dem seit 4000 Jahren ein Feuer brennt, dass niemals ausgeht, egal welches Wetter und egal, was versucht wird. Das liegt an dem Gas, das aus der Erde ausströmt.
Aserbaidschan wird nebenbei auch Land des Feuers genannt. Das passt natürlich sehr gut.
Das Highlight der Stadt stellte für uns glaube ich jedoch der Weihnachtsmarkt dar. Mitten in der Stadt war ein kleiner Weihnachtsmarkt, der alle möglichen Speisen und Souvenirs verkaufte. Natürlich unterschied es sich sehr zum deutschen Weihnachtsmarkt, aber da ich vor Weihnachten keine Möglichkeit habe, einen Weihnachtsmarkt in Deutschland zu besuchen, war das für mich optimal. Wir waren einfach nur glücklich.
Baku-Oxford-School – Meine Schule in Aserbaidschan
Ich hatte bereits vor der Zeit in Aserbaidschan Kontakt zu einer der zwei Lehrerinnen aus der Schule, die mir sagte, dass es eine Privatschule sei und ich morgens mit einem Taxi abgeholt werden würde. Ich erwartete ein normales Auto, aber mich erwartete ein britisches Taxi mit dem Privatfahrer des Direktors – das übertraf wirklich alle meine Erwartungen.
An der Schule - die aussieht wie ein Schloss - angekommen lernte ich dann, dass es hier sehr strenge Sicherheitskontrollen gibt. Es gibt einige Securitymänner, die vor der Schule stehen, und es gibt Drehkreuze, die man mit einer Chipkarte öffnen kann. Ich bekam von der Schule eine solche Karte, um auch die vielen Fahrstühle in der Schule bedienen zu können.
Die Schule beeindruckte mich sofort. Es gab wirklich alles, was man sich nur vorstellen kann. Von Kindergarten bis Oberstufe war alles vertreten. Daneben gab es, neben den fächergebundenen Unterrichtsräumen Pausenräume für jede Stufe, in der es jede Pause Obst und Kekse gibt. Auch gab es überall Wasserkanister, aus denen sich die Schüler*innen jederzeit Wasser nehmen können.
Die Highlights an der Schule waren für mich definitiv die Bibliothek, das Schwimmbad, die Arztpraxis und das Gebäude an sich.
Ich musste jede Person an der Schule kennenlernen, die eine höhere Position einnimmt. Ich bin bei den ganzen Manager*innen nicht durchgestiegen, welche Funktion sie eigentlich hatten, aber es war ganz nett, so viele Menschen kennenzulernen. Und alle empfingen mich sehr nett.
Die Klassen, in denen ich mit Tamilla und Leyla unterrichtete, waren deutlich kleiner als an der Schule in Georgien. Mit ihnen unterrichtete ich eher auf eine spielerische Art, was meiner Meinung nach sehr effektiv ist, die Schüler*innen hatten hier auch bereits in dem ersten Lehrjahr ein sehr hohes Sprachniveau.
Einen Großteil der Zeit verbrachten wir mit Landeskunde, ich zeigte den Schüler*innen meine Heimat und sie zeigten mir ihre. Am Freitag war Nikolaustag und so veranstalteten wir eine kleine „Feier“. Wir sangen mit allen ein Nikolauslied und es gab für alle Deutschlernende eine Tafel deutsche Schokolade. Die Kinder waren ganz aus dem Häuschen.
Meine Schüler*innen veranstalteten an einem Tag eine Führung durch die Altstadt für Petra und mich. Sie führten uns durch die Straßen und hatten einiges zu erzählen, was wir so noch nicht wussten. Das war eine sehr tolle Idee von ihnen.
Leider war die Zeit an der Schule viel zu schnell vorbei, denn hier konnte ich wirklich einiges an Erfahrungen und interessanten Eindrücken sammeln. Ich muss sagen, die Menschen in Aserbaidschan sind sehr gastfreundlich und offen, meiner Meinung nach noch etwas mehr als in Georgien.
Neue und alte Freunde
Mir wurde in der Schule natürlich auch der Schulleiter vorgestellt, mit dem ich nachmittags immer zusammen nach Hause gefahren wurde. Es stellte sich heraus, dass er in der Straße wohnte, in der das Hotel von Petra und mir lag.
Auf einer Fahrt nach Hause fragte er mich, ob wir Pläne für den Abend hätten. Seine Frau war verreist und so lud er uns ein, mit ihm in ein Restaurant zu gehen, da er sonst nichts gutes Essen würde. Die Einladung nahmen wir gerne an. Es blieb aber nicht nur bei diesem einen Mal. Zuerst gingen wir in ein aserbaidschanisches Restaurant, beim zweiten Mal in ein indisches. Beide Male war das Essen sehr lecker.
Vor allem hatten wir sehr viel zu erzählen, hauptsächlich jedoch der Schulleiter, der ein sehr interessantes Leben bisher hatte, da er in unzähligen Ländern gelebt und gearbeitet hat.
An einem anderen Abend trafen wir uns mit einem alten Bekannten. Vielleicht könnt ihr euch noch erinnern, dass ich auf meiner ersten Tour in die Berge in Georgien von einem Chinesen eingeladen wurde, ihn in Baku zu besuchen. Ich hatte ihm geschrieben, dass wir in Baku sind, und wir haben uns dann zum Abendessen in einem aserbaidschanischen Restaurant getroffen. Auch hier war das Essen wieder spektakulär lecker.
Was uns auffiel an beiden Personen, dass sie sehr bescheiden waren. So entstand eine lustige Situation, als uns Summer (mein chinesischer Freund) erklären wollte, wo er wohnte. Es stellte sich irgendwann heraus, dass er in einem der drei Flammentürme, dem Wahrzeichen von Baku, wohnte. Er lud uns sogar ein, eine Nacht mit ihm in seinem Hotelapartment zu wohnen, falls wir kein Hotel buchen wollten. Schließlich nahmen wir die Einladung an, was sich als ziemlich spektakuläre Erfahrung herausstellte. In so einem teuren Hotel hatten wir bis dahin noch nie gewohnt, wir hatten unser eigenes Zimmer mit sogar zwei Doppelbetten und einem eigenen Bad mit Dusche und Badewanne, das war einfach sehr cool. Und so verbrachten wir die letzte Nacht in Baku noch in dem Wahrzeichen der Stadt. Sehr aufregend.
Unsere Reise zurück nach Georgien
Nach einer sehr aufregenden Woche, die viel zu schnell verging, mussten wir wieder nach Georgien zurückfahren. Wir planten, dass wir einen Zwischenstopp in dem Dorf Sheki einlegten, dass irgendwo zwischen Baku und Tbilisi in Aserbaidschan lag.
Wir buchten uns erneut eine Tour, um noch mehr von Aserbaidschan zu sehen, und stiegen schließlich in Sheki aus.
Während der Tour gab es hauptsächlich nur Natur zu besichtigen, weshalb ich einfach mal die Bilder für sich sprechen lasse.
Am Sonntag machten wir uns dann morgens auf den Weg zurück nach Hause, nach Tbilisi. Wir mussten zunächst mit dem Bus, der nur zweimal pro Tag fuhr, in einen anderen Ort fahren. So waren wir bereits sehr pünktlich da und erhielten zum Glück einen Sitzplatz. Die Fahrt dauerte nur zwei Stunden, anstatt der erwarteten drei. In Balakan angekommen, mussten wir uns ein Taxi zur Grenze nehmen. Nach ein bisschen Verhandeln um den Preis fuhren wir schließlich in einem sehr klapprigen Auto eine halbe Stunde zur Grenze. Von dort ging es 10 Minuten zu Fuß zum ersten Grenzübergang. Beim zweiten Grenzübergang, um final nach Georgien einzureisen, erwartete uns dann wieder eine Taschen- und Personenkontrolle. Nachdem mich der Beamte aber fragte, aus welchem Land ich käme, und ich mit Deutschland antwortete, winkte er uns einfach ohne Kontrolle durch – sehr einfach. Während meiner Zeit hier habe ich wirklich das erste Mal bemerkt, was für ein Privileg es ist, einen deutschen Reisepass zu haben. So viele Menschen aus verschiedenen Ländern, die ich hier getroffen habe, haben mir von Visaproblemen etc. erzählt.
Von der Grenze in Georgien aus sollten wir eigentlich eine Marshrutka nehmen, aber dies war eine Fehlinformation. Also sprachen wir einen Mann auf Georgisch an, der uns anbot, uns mit dem Auto nach Lagodekhi zu bringen, von wo aus wir eine Marshrutka nehmen konnten. Es fühlte sich tatsächlich nach einer Woche Unverständnis der Sprache an, als ob wir Georgisch super beherrschen würden.
Der Taxifahrer halbierte dann sogar den Preis für die Fahrt. Und von dort aus ging es dann noch einmal für drei Stunden zurück nach Tbilisi. Insgesamt waren wir damit 7 Stunden unterwegs (Petra leider noch länger, weil sie nach Gori zurückmusste), aber es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht.
Vielen Dank an das Goethe-Institut, das uns diese besondere Woche ermöglicht und finanziert hat!