Blog #2
Auf biblischen Spuren
AUSFLUG NACH MADABA, MOUNT NEBO UND BETHANY
Da ich ja nicht nur in Jordanien bin, um zu unterrichten und in der Schule zu sein, war es am Wochenende Zeit für einen Ausflug. Ich muss dazu sagen, dass hier, da Jordanien ein muslimisch geprägtes Land ist, am Freitag und Samstag das Wochenende ist. Am Freitagmorgen traf ich mich mit der anderen SCHULWÄRTS!-Stipendiatin Larissa und Flora, einer Bekannten von ihr aus Amerika, die für ein Jahr an der Uni hier arbeitet, um von einem Bus abgeholt zu werden, der uns überall hinbringen sollte. Die geplante Abfahrt war 8 Uhr. Dabei war uns nicht bewusst, dass damit 8 Uhr „jordanischer Zeit“ gemeint war, sprich ca. 15/20/30 Minuten später, je nach Lust und Laune. Den Tag über habe ich noch lernen müssen, dass hier einfach eine ganz andere Zeitrechnung herrscht. Nicht so leicht für mich, da ich in der Hinsicht dem Klischee der pünktlichen Deutschen zu hundert Prozent entspreche. Nachdem wir von einem kleinen Minivan abgeholt und zum Office des Veranstalters gebracht wurden, wo noch weitere Tourteilnehmer zusteigen sollten, wurde festgestellt, dass wir einfach zu viele für den kleinen Van waren. Also warteten wir nochmal etwa eine Stunde, bis dann endlich ein größerer Bus für uns kam. Das verschaffte uns Zeit, die anderen Teilnehmer besser kennenzulernen. Wir unterhielten uns mit einem britischen Pärchen, das in Amman und in der Türkei Urlaub macht.
Außerdem war da noch Mats, ein Niederländer, der für zehn Tage in Jordanien war und dann nach Beirut fliegen will.
Auf der Suche nach dem gelobten Land
| © Juliane Hadenfeldt
Unser erstes Ziel war „Bethany behind the Jordan“, der Ort wo Jesus getauft worden sein soll. Dort angekommen, warteten wir auf den nächsten Bus. Dieses ständige Warten nervte mich zu dem Zeitpunkt schon extrem. Der Bus fuhr mit uns in das Gebiet, wo mehrere Kirchen und Überreste von ehemaligen Kapellen standen, die an die Taufe Jesu erinnern. Da das Gebiet sehr nah an der Grenze zu Israel liegt, waren die Sicherheitsvorkehrungen schon strikter. Zuerst liefen wir zu dem Punkt, wo Jesus getauft worden sein soll. Alle Wege waren überdacht, weil wir wirklich mitten im Nirgendwo waren und der Sonne ansonsten komplett ausgesetzt gewesen wären. Danach ging es weiter zu einer kleinen orthodoxen Kirche, die direkt am Jordan steht. Es war schon unglaublich, wie die Touristengruppen überall durchgehetzt wurden. Am Jordan angekommen, konnten wir direkt auf der anderen Seite des Flusses Touristen auf israelischer Seite sehen, die sich taufen ließen. Es war schon ein bisschen unwirklich!
In der griechisch-orthodoxen St. Georgskirche | © Juliane Hadenfeldt Ich muss sagen, auch wenn ich an diesem Tag wirklich wichtige und bedeutende biblische Orte besucht habe, hatte ich nicht wirklich die Chance diese richtig auf mich wirken zu lassen. Ich denke, dass das auch hauptsächlich daran lag, dass wir immer sehr wenig Zeit bei den Sehenswürdigkeiten hatten und dort einfach so viele Menschen waren.
Mein persönliches Highlight des Tages kam erst nach dem Trip. Larissa, Flora, Mats und ich entschieden uns nämlich noch dazu, zusammen etwas zu essen. Wir waren in einem wunderschönen syrischen Restaurant und aßen unglaublich gutes arabisches Essen. Ein echt gelungener Abschluss!
Kl. Erkenntnis Nr. 6: Enjoy yourself! MEIN ERSTER SCHULTAG
Nach einem weiteren freien Tag war dann am Sonntag mein erster Schultag. Alle Lehrkräfte waren wirklich superfreundlich zu mir. Ich muss sagen, dass die Menschen hier generell sehr offen und hilfsbereit sind. Sie bieten direkt ihre Hilfe an, wenn man Probleme hat, laden einen zum Essen zu sich nach Hause ein und schenken einem Kekse oder Kaffee. Auch meine Kollegen empfingen mich sehr herzlich. Außer Manal und Anas, die beide Deutsch unterrichten, gibt es noch zwei weitere Französischlehrerinnen und Miss Daria, die Sprachenkoordinatorin. In der ersten Woche war geplant, dass ich erstmal nur im Unterricht hospitiere. Also begleitete ich Manal und Anas in ihren Klassen. Dabei fühlte ich mich sehr wohl, weil ich von ihnen wie eine Expertin für Deutsch angesehen wurde und sie mich auch immer mal nach Vokabeln oder der Grammatik fragten, ich wurde also wirklich Teil des Unterrichts. Auch die Schülerinnen und Schüler waren sehr interessiert an mir, stellten mir ganz viele Fragen und winkten mir immer zu. So viel Zuneigung der Klasse bin ich überhaupt nicht gewohnt.
Der Unterricht an sich ist schon anders als in Deutschland. Zum einen sitzen die Lehrenden an Einzeltischen... wenn sie denn mal sitzen. Es herrscht ein reges Treiben in der Klasse, bei dem sich die Schülerinnen und Schüler abwechselnd die Toilettenkarte in die Hand geben, herumlaufen, sich mit dem Mitschülern unterhalten oder der Lehrkraft ihr Heft unter die Nase halten. Auf mich persönlich wirkte das ziemlich chaotisch! Auch das Verhältnis von Lehrenden und Lernenden unterscheidet sich, was sicher auch daran liegt, dass jeder hier Kinder liebt. Sie werden gedrückt, „habibi“ (= Freund) genannt und erhalten nicht wirklich Strafen bei unerwünschtem Verhalten. Unterrichtet wird meist klassisch frontal, Partner- oder Gruppenarbeiten sind eher die Ausnahme.
Insgesamt war mein erster Tag etwas chaotisch, aber das ist in der Schule ja meistens so und pendelt sich schnell wieder ein. Was vielleicht noch interessant ist: Die Al Asriyya ist ziemlich riesig. Dort gibt es etwa 1.500 Schülerinnen und Schüler sowie 180 Lehrkräfte. Sie besteht aus einem Kindergarten, einer Vorschule, einer Grundschule und einer weiterführenden Schule, die auf sieben Gebäude aufgeteilt sind. Ich würde mich dort komplett verlaufen, müsste ich allein eine Klasse finden. Ständig läuft man sehr schmale Treppen hinauf und hinab und wechselt die Gebäudeteile. Erinnert mich irgendwie in der Gesamtkonstruktion ziemlich an Amman.
FAZIT NACH EINER WOCHE
Gefühlt jeder Uber-Fahrer und alle Schülerinnen und Schüler fragen mich, ob ich Jordanien mag. Puh, schwierig zu sagen! Ich glaube nicht, dass ich nach einer Woche da schon mein Urteil fällen kann. Ich kann nur sagen, dass es sehr anders ist als Zuhause. Ich liebe das Essen und die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Menschen. Es gibt aber auch einiges, was ich nicht mag: das Chaos, den Smog und die ewig weiten Distanzen innerhalb der Stadt. Aber ich habe so vieles nicht gesehen und ich bin mir sicher, dass da noch einige Überraschungen auf mich warten werden!