Blog #4
LEGO CITY
Und schon wieder ist eine Woche vorbei. Jetzt bin ich schon dreieinhalb Wochen hier und die Zeit vergeht wirklich wie im Flug. Am Ende einer Woche versuche ich mich immer hinzusetzen, mich zu sammeln und alles für mich und euch festzuhalten. Jeden Tag passieren bestimmte kleine, unerwartete Dinge. Ich finde es schwer, so etwas aufzuschreiben, weil ich denke, dass sie mich doch eher unterbewusst beeinflussen und ich manches auf den ersten Blick noch nicht wirklich einordnen kann. Ich merke immer mehr, wie unterschiedlich doch unsere Kulturen sind. Ganz besonders drastisch zu sehen im Verhältnis von Frauen und Männern, dem Umgang mit Tieren und der Umwelt, beim Einkaufen im Supermarkt, im Bezug auf Autos und öffentlichem Nahverkehr und, und, und. Mit Larissa, Felicia und Leen (die beiden arbeiten am Goethe-Institut in Amman) konnte ich mich letzten Montag nach unser wöchentlichen Yoga-Session auf dem Dach von Larissas Wohnung ziemlich gut darüber austauschen. Es gibt einiges, was wir ähnlich sehen. Ihr, die ihr meinen Blog lest, werdet sicher vieles nachvollziehen können und meinen (westlich/europäisch geprägten) Blick auf manches teilen, aber es ist nochmal komplett anders, es hier vor Ort zu erleben. Ich sehe mich hier auch in keiner Weise in der Position über diese ganzen Dinge, die ich angesprochen habe, zu urteilen. Nur bin ich schon öfters geschockt, wenn ich mit dem übermäßigen Verbrauch an Plastiktüten, den verwahrlosten Katzen in den Mülltonnen, Tieren in Mini-Käfigen in Tierhandlungen oder Autos mit schwarz qualmenden Auspüffen konfrontiert bin. Außerdem gibt es hier erhebliche Unterschiede zwischen Reich und Arm. Einerseits sieht man heruntergekommene Häuser mit Gittern vor den Fenstern, ohne Heizung und Kinder, die nur im Hemd in der Straße mit Pappen spielen, andererseits gibt es exzessive Villen mit riesigen Gärten und Einfahrten, wie ich sie vorher noch nie gesehen habe. Es sind unglaubliche Gegensätze. Gleichzeitig beeindruckt mich Amman aber immer wieder durch seine Größe und Gestalt. Ist man auf der Zitadelle, dem Wahrzeichen der Stadt, das ich am Samstag besucht habe, wirkt die Stadt fast wie aus Lego-Steinen gebaut. Diese klaren und geraden Formen und Häuser, die immer höher gebaut sind, je näher man der Spitze des Hügels kommt.
Die letzten Sonnenstrahlen genießen | © Juliane Hadenfeldt Und natürlich dürfen auch diese Woche keine Bemerkungen über mein Praktikum fehlen: In der Schule läuft alles gut so weit. Ich habe jetzt endlich meine eigene Klasse, einen Seniorkurs, den ich im letzten Blogeintrag schon erwähnt habe, und dort ziemlich viel Freiheit mich auszuprobieren. Meine Schülerinnen und Schüler sind echt super lieb und total interessiert daran, Deutsch zu lernen. Ich hoffe, das bleibt auch so! :D
Generell ist das hier aber immer so eine Sache mit dem Unterricht... hier mal fünf Minuten später angefangen oder auf Schüler gewartet, die nicht in die Klasse gehen wollen, dort mal 5 Minuten früher Schluss gemacht. Das kenne ich als Lehramtsstudentin, der in der Uni beigebracht wird, alles auf die Minute zu planen und ja keine Zeit zu verschwenden doch anders. Aber vielleicht ist das wieder so ein Mentalitäts-Ding. Wenn man sich darauf einstellt, kommt man damit klar und wundert sich nicht mehr, dass es eben Schüler gibt, die einfach zehn Minuten später grundlos zum Unterricht erscheinen oder man am Stundenende fünf Minuten vor verschlossener Tür mit der Klasse wartet, weil man erst mit dem Klingeln die Klassenraum verlassen darf.