Blogartikel 4
Noc Muzeum 2017 w Katowicach
Ein Abend auf der Kunstmeile
Auf die Nacht der Museen wurde ich von der Kunstlehrerin Irena aufmerksam gemacht, die ich auf einem Klassenausflug in das schlesische Museum begleitete. Die Nacht der Museen findet dieses Jahr am 20. Mai in ganz Polen statt. Selbst das kleine Museum in unserer Schule, das Gegenstände und Dokumente aus der Geschichte von Ruda Slaska gesammelt hat, nimmt daran teil. Von 18-01 Uhr sind alle Museen offen und kostenlos zu besuchen. Das lasse ich mir natürlich nicht entgehen!
Die Nacht der Museen beginnt. Ich habe mich entschieden, sie in Katowice zu verbringen. Hier gibt es auf einer Strecke von knapp einem Kilometer vier Museen und eine Konzerthalle, die sich ebenfalls an diesem Abend für Besucher öffnet.
Mein Thema des Abends: Schwarz-Weiß Fotografie
Ich mache mich also auf den Weg zur ursprünglichen Stätte des Schlesischen Museums. Hier im „Grand Hotel“ ist die 3D-Fotoplastikon ausgestellt: ein Gerät, mit dem man schon Anfang des 20. Jahrhunderts Fotos in 3D erscheinen lassen konnte. Das Museum ist gut besucht mit vielen jungen Leuten und Familien mit kleinen Kindern. Unten gibt es eine ethnographische Ausstellung, im 1. Stock kann man sich die Arbeit der Restaurateure anschauen und die Mitarbeiter stehen zur Verfügung, um Fragen zu den Kunstwerken zu beantworten. Im obersten Stockwerk gibt es eine Ausstellung des Fotografen Piotr Szymon. Er hat tolle schwarz-weiß Aufnahmen gemacht von der Umgebung von Katowice, von den Menschen und ihrem Treiben, auch im religiösen Kontext. Sehr beeindruckend.
Ich schlendere weiter in die Galerie der Zeitgenössischen Kunst. Dort führt mich eine flache, runde Treppe in die großräumige Galerie. Auch hier ist ein Künstler ausgestellt, der überwiegend in schwarz-weiß fotografiert hat. Jean-Francoise Spricigo benutzt die Methode der Doppelbelichtung um Tiere, Menschen und Landschaften zu betrachten. Die Galerie ist angenehm leer und leise – die Ruhe vor dem Sturm. Die Scheinwerfer erzeugen mit meinen Schatten ebenfalls eine Art Doppelbelichtung. Ein sehr inspirierender Besuch: Bald werde ich auch mal den Schwarzweißfilm in meine Kamera einlegen, an den ich mich bisher noch nicht ran getraut habe.
Weiter geht es zum Rondo Sztuki, ebenfalls eine Kunstgalerie. Die Ausstellung zeigt Arbeiten von jungen Künstlern von Kunstakademien, überwiegend aus Polen und Osteuropa. Sie alle haben ihre Arbeiten für einen internationalen Studentenwettbewerb eingereicht und zum Thema „Bleistiftzeichnung“ gearbeitet. Auch hier begegnen mir wieder Werke, die aufgrund der benutzen Technik vor allem in Schwarz-, Weiß- und Grautönen gehalten sind. Besonders beeindrucken mich drei Porträts, die mit Kugelschreiber gezeichnet sind. Sie wirken sehr realistisch, fast wie Fotografien, aber näher betrachtet zeigt sich die Genauigkeit des Künstlers im Umgang mit der blauen Tinte.
Facetten des Waldhorns
Meine letzte Station ist das NOSPR, der Sitz des Nationalen Symphonieorchesters des Polnischen Rundfunks, das 2014 eröffnet wurde – also quasi die Elbphilharmonie von Katowice. Hier habe ich mich mit meiner Kollegin Kasia und ihrer Familie verabredet. Den ganzen Abend über gibt es kurze Konzerte und viele Leute sind gekommen, um sie sich anzuhören.
Es gibt 16 Eingänge zum Konzertsaal. Wir warten vor einem auf das Konzert des Waldhorn-Ensembles und schaffen es, Plätze zu ergattern. Der Saal ist riesengroß, in schwarz und rotem Holz gehalten, und füllt und überfüllt sich sehr schnell. Das Publikum sitzt auf den Rängen um die Bühne in der Mitte des Raumes herum. Von meinem Platz aus, bin ich ca. 15 Meter von den zehn Waldhornisten entfernt und kann ihnen aufs Blatt gucken.
In dem 20-minütigen Konzert wird die ganze Bandbreite an Klängen gezeigt, die so ein Waldhorn produzieren kann – von ganz blechernem Schnarren zu ganz weichen, leisen Tönen. Es ist ein toller Klang und eine spannungsvolle Atmosphäre, die noch unterstützt wird von abwechslungsreichen Lichteffekten, die die Musik unterstreichen. Die Treppen des Konzertsaales sind orange beleuchtet. Sie wirken, als würden sie glühen.
Nach dem Konzert fahre ich voller Eindrücke und Inspirationen zurück nach Ruda Slaska. Katowice hat mir erneut sein kreatives Gesicht gezeigt. Die Stadt ist wirklich einen Besuch wert, wenn man sich für Kunst und Architektur interessiert! Gerade der Mix aus architektonischen Stilen und die Spannung zwischen industrieller Tradition und junger Kreativität macht ihren besonderen Charme aus.