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Mein Praktikum in Georgien
Aller Anfang ist schwer
Ich bin vor meinem Praktikumsbeginn schon ein bisschen durch Georgien gereist, um ein Gefühl für das Land und seine Menschen zu bekommen. Auch ist es nicht mein erstes außereuropäisches Land gewesen, welches ich besuchen konnte. Ich habe ein Jahr in Thailand verbracht und bin durch viele Teile Asiens gereist, habe in Hostels mit allen Arten von Ungeziefer übernachtet und all das mit einem Lächeln überstanden.
Mein Wohnhaus
| © Petra Kurz
Und dann stand ich in meiner kleinen Wohnung in Gori und musste mir ein paar Tränen verkneifen. Denn eines war bei meinen Erlebnissen bisher anders gewesen: Ich war nie alleine gereist. Alle Momente der Unsicherheit und der Fremdheit hatte ich mit anderen gemeistert. In Thailand hatte ich in einer WG mit anderen Deutschen gewohnt und nun war ich auf einmal ganz alleine in einem fremden Land. Natürlich waren da noch die anderen Stipendiatinnen und auch die Ansprechpartner vom Goethe-Institut in Tiflis und München, aber in meiner kleinen Welt in Gori fühlte ich mich in diesem Moment etwas verloren.
Blick auf Gori
| © Petra Kurz
Was mich so aus dem Konzept brachte, sollte ich vielleicht kurz noch schildern. Eine Wohnung in Gori zu finden, ist nicht das einfachste Unterfangen. In Tiflis gibt es Facebook-Gruppen, in denen man sehr schnell eine WG findet und auch so kommt man auf dem Wohnungsmarkt mit Englisch gut zurecht. In Gori ist das etwas anders. Die Wohnungen, die ich auf einer Homepage gefunden hatte, waren alle schon weg. Also habe ich meine Deutschlehrerin von der Schule um Hilfe gebeten. Anna hat dann für mich über Bekannte eine Wohnung gefunden, direkt bei ihr um die Ecke. Somit wohne ich direkt unter und mit Georgiern. Das klingt nach einer super Erfahrung (was es auch ist), weil man den Tourismuszentren entkommt und das „echte“ Georgien kennenlernt. Allerdings kann es auch einsam machen. Denn jeder sieht auf den ersten Blick, dass du hier nicht wirklich hingehörst und zum Zentrum ist es ein ganzes Stück mit der Marschrutka zu fahren. Man trifft also nicht so einfach auf andere Ausländer.
Auf den ersten Blick hatte die Wohnung jedoch alles, was das Herz begehrt: einen Kühlschrank, eine Waschmaschine und sogar einen Balkon. Ich war ganz euphorisch. Diese Hochstimmung legte sich jedoch schnell, als ich am ersten Morgen einen Strom- und Wasserausfall im ganzen Haus verursachte. Man muss immer wenn man Wasser benutzen will, einen Schalter für die Pumpe umlegen und ich hatte ihn zu lange angelassen. Die Pumpe hatte dann wohl die Sicherung rausgeworfen. Mir war das natürlich sehr unangenehm und ich hatte Angst, dass mich meine Nachbarn nun nicht mehr mögen würden. Ein weiterer Punkt war das Bad. Es gab keine Klobrille und in der Duschwanne (natürlich ohne Vorhang) war ein Riss, sodass das Wasser immer in das ganze Bad lief. Anna half mir schließlich, diesen zu kleben. Auch ansonsten habe ich mich schnell an mein Leben gewöhnt. So habe ich gelernt mit einem Gasbackofen zu backen, das laute Geräusch des Kühlschranks nachts zu ignorieren und beim Wäschewaschen zwischendrin immer mal wieder das Wasser abzustellen, damit sich die Pumpe erholen kann. Also alles halb so schlimm.
Mein Start in der öffentlichen Schule Achaldaba
Wie gesagt wohnt meine betreuende Lehrerin ganz in der Nähe von mir. Das ist sehr praktisch, denn so können wir morgens die Marschutkas in die Schule gemeinsam nehmen, oder auch ab und zu mit dem Auto fahren. Achaldaba – der Ort, in dem sich meine Praktikumsschule befindet – hat nur wenige Hundert Einwohnern. Die Kinder lernen Englisch ab der ersten Klasse und dann ab der fünften Klasse noch Deutsch oder Russisch. Die Schule ist vom Kollegium her rein weiblich. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum in den Pausen schon mal Schmuck (und auch Unterwäsche) zum Verkauf im Lehrerzimmer auf dem Tisch liegt.
Meine Praktikumsschule
| © Petra Kurz
An meinem ersten Tag wurde ich sehr herzlich empfangen. Um einen guten ersten Eindruck zu machen, hatte ich am Vortag einen Kuchen gebacken. Anna stellte mich also der Runde vor und alle lächelten zurück. Das war auch schon alles, was an direkter Kommunikation möglich war. Meine Sprachkenntnisse beschränken sich nämlich auf Deutsch, Englisch, Französisch und die einfachsten Höflichkeiten auf Georgisch, die der Lehrerinnen, mit Ausnahme von Anna, auf Georgisch und Russisch. Trotzdem wurde ich sehr nett aufgenommen und ich hatte das Gefühl, jeder wolle mich mal in seiner Klasse haben.
Das zeigte sich dann auch, als wir am ersten Freitag gemeinsam meinen Stundenplan erstellten. Ich musste regelrecht um Deutschstunden kämpfen, weil sie mir so gerne auch alle anderen Fächer zeigen wollten. Letzten Endes haben wir viele Deutsch- und Englischstunden sowie ein paar Musik-, Kunst- und Sportstunden eingebaut und das in ganz verschiedenen Klassenstufen.
Ein lustiges Erlebnis war dann noch mein erster Toilettenbesuch. Als ich das Bedürfnis verspürt habe das stille Örtchen aufzusuchen, fragte ich Anna, wo es denn sei. Sie bat mich ihr zu folgen und auf dem Weg wurde mir erklärt, dass die Schule keinen Wasseranschluss hat. Es war darum nicht verwunderlich, dass ich aus der Tür hinaus und bis ans Ende des Schulgeländes geführt wurde. Dort befinden sich zwei Löcher im Boden mit Sichtschutz außen herum. Sagen wir es so, ich finde es nicht schade, dass ich meistens recht früh nach Hause komme und diese Örtlichkeit darum nicht allzu oft werde benutzen müssen.
Das Toilettenhäuschen
| © Petra Kurz