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Blog #7
(M)ein Tag in Malmö

Mehr als die Hälfte meines Aufenthalts in Schweden ist bereits vorüber. Zeit zu erörtern, ob mittlerweile ein wenig Routine oder gar Alltag eingekehrt ist.
 
Kurzer Schulweg → Länger schlafen :)
 
Dank meines Glücks während der Wohnungssuche befinde ich mich in der komfortablen Situation, den ersten Wecker am Morgen zu ignorieren und die Augen für einige Minuten noch einmal zu schließen. Das ist im Endeffekt nicht immer förderlich, da ich die zur Verfügung stehende Zeit gern maximal ausnutze. So kommt es, dass der Zeitdruck mich trotz des kurzen Weges regelmäßig einholt. Im Regelfall esse ich dann eine Schüssel Joghurt mit ein paar Früchten und begebe mich in die Dusche, bevor mich mein Rad durch die schwedische Morgenkälte gen Schule trägt. Dort angekommen sammle ich im Lehrerzimmer meine Sachen zusammen und ziehe weiter in einen der zwölf Unterrichtsräume. Um genauer zu sein in einen der Säle, wie Schwed*in sagen würden.

Trotz aller Hektik am Morgen bin ich bisher immer pünktlich erschienen. Klingt selbstverständlich, ist aber praktisch (für mich) gar nicht so einfach nach der Unizeit, die ja besonders am Morgen den ein oder anderen zeitlichen Freiraum bot. Spaß beiseite: Pünktlichkeit wird in Schweden noch höher geschätzt als in Deutschland. Ich werde also den Teufel tun und als neuer junger Lehrer zu spät zu meinem Unterricht kommen. Den Wecker ignoriere ich trotzdem beim ersten Mal klingeln!
 
Der Stundenplan
Mein Stundenplan © Stefan Zielasko Generell muss man bemerken, dass die Lehrkräfte in Schweden deutlich weniger unterrichten als ihre Kolleg*innen in Deutschland. Während also eine schwedische Lehrkraft maximal 18 Stunden in der Woche reine Unterrichtszeit hat, sind es in Deutschland 26, wenn ich mich recht erinnere. Das lässt sich auch politisch erklären. Seit Jahrzehnten regieren in Schweden die Sozialdemokrat*innen. Zwar mussten sie in den letzten Jahren wie auch die SPD in Deutschland erhebliche Stimmenverluste verzeichnen, trotzdem sind sie nach wie vor stärkste Kraft in weiten Teilen des Landes. Die sozialdemokratische Regierungstradition ist dann eng verknüpft mit tief verankerten und einflussreichen Gewerkschaften, die für faire Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne streiten. So sind auch zahlreiche meiner Kolleg*innen Mitglied in Gewerkschaften und beteiligen sich an Verhandlungen.

Auffällig ist außerdem, dass die Länge der einzelnen Stunden variiert – im Regelfall zwischen 50 und 80 Minuten. Den Grund dafür habe ich noch nicht wirklich herausfinden können. Für mich ist es aber auch kein Problem, daran gewöhnt man sich schnell. Fest eingeplant im Stundenplan ist auch die Fika jeden Mittwochmorgen von 9-10 Uhr, wobei alle Lehrer*innen zusammen kommen und gemeinsam frühstücken. Darüber hatte ich aber schon einmal berichtet.

Mittlerweile unterrichte ich den überwiegenden Teil der abgebildeten Stunden selbst. Es macht großen Spaß und ich habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht. Besonders freut mich, dass nahezu alle Lehrkräfte offen auf mich zu gehen und mir viele Möglichkeiten zur eigenen Planung und Durchführung geben. Zum Beispiel durfte ich im Geschichtsunterricht an einem Projekt zu den Olympischen Spielen mitwirken. Die Lernenden setzten sich dann mit den 1936 und 1972 in Deutschland ausgetragenen Spielen auseinander, die beide in jeweils einzigartiger Weise im Zeichen politischen Missbrauchs standen.
 
Nach der Schule
 
Den Rest meines Tages verbringe ich dann im Regelfall mit der Planung der nächsten Unterrichtsstunden oder sportlich. Zweimal pro Woche spiele ich Fußball mit Menschen aus aller Welt, die ich über eine Facebookgruppe kennengelernt habe. Da Sport auch in Deutschland meine Hauptfreizeitbeschäftigung darstellt, kommt man auf diesem Weg immer schnell mit neuen Leuten in Kontakt und kann sich egal an welchem Ort vernetzen. Ich habe mich außerdem in einem Fitnessstudio angemeldet, um neben dem Schulalltag möglichst abwechslungsreich meine Freizeit verbringen zu können.

Unser Waschraum © Stefan Zielasko Darüber hinaus ist auch das WG-Leben sehr kommunikativ. Sofern es die Zeit zulässt, essen wir zusammen oder tauschen uns über die aktuellen Tageserlebnisse aus. Des Weiteren wird man durch eine Sache in Schweden regelrecht zum gemeinsamen WG-Leben gezwungen: Waschen! Es ist sehr unüblich, dass Menschen hier eigene Waschmaschinen in ihren Wohnungen besitzen. Vielmehr gibt es einen gemeinsamen Kellerwaschraum, für dessen Benutzung eine Reservierung notwendig ist.
 
Wir teilen den Waschraum mit vier Hauseingängen. Einwählen kann man sich täglich von 7-12, 12-17 oder 17-22 Uhr. Alle Plätze sind begehrt und man muss sehr schnell reservieren, um seinen Wunschtermin zu erhalten. „Ich kann nicht, ich muss waschen.“ ist eine der beliebtesten Ausrede, wenn man einen Termin in Schweden absagen möchte. 
 
Club Mate © Stefan Zielasko Die Einkaufsmöglichkeiten sind reichlich und mit Lidl gibt es sogar eine deutsche Kette in Malmö. Generell muss man speziell für Obst und Gemüse 20-30 % mehr zahlen als in Deutschland, da zahlreiche Produkte nicht selbst in Schweden angebaut werden können. Jedoch ist die wichtigste Nachricht, dass ich auch in Malmö überleben kann, denn ein einziger Laden hat mein Lebenselixir vorrätig – Club Mate. Dafür nehme ich jedes Mal einen Radweg von 20 Minuten in Kauf! Er ist es mir wert. Auch beim Schreiben werde ich just in diesem Moment unterstützt.
 
Ja, ein bisschen Routine ist eingekehrt. Trotzdem hält jeder Tag etwas Neues bereit und so werden auch die nächsten Wochen und die verbleibende Zeit schneller vorüber gehen, als ich denke.
 
Hej då!

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