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Johannes Ebert am 17. April 2015
Rede anlässlich des 30jährigen Jubiläums des Goethe-Instituts Bonn

Rede anlässlich des 30jährigen Jubiläums des Goethe-Instituts Bonn

Liebe Frau Weber,

sehr geehrter Prof. Dr. Fohrmann,

lieber Roland Meinert,

liebe Freunde und Partner des Goethe-Instituts Bonn,

sehr geehrte Damen und Herren,

im Bonner General-Anzeiger vom vergangenen Wochenende gab ein Sprachkursteilnehmer des Goethe-Instituts aus Spanien seine Eindrücke beim Erlernen der deutschen Sprache wieder: „Als ich das Wort „Schadenfreude“ kennenlernte, dachte ich, dass die Deutschen ein bisschen böse sind, wenn sie ein solches Wort haben. Während des Lernens dieser Sprache erkannte ich aber, dass den Deutschen wirklich lange Wörter gut gefallen. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie Schadenfreude empfinden, wenn wir Ausländer versuchen, diese Wörter zu lernen.“

Nein, wir empfinden keine Schadenfreude, sondern Freude und Dankbarkeit, dass in 30 Jahren rund 35 000 junge Menschen aus mehr als 80 Nationen Deutsch am Goethe-Institut Bonn Deutsch gelernt haben.
Wenn man sich die bedeutungsvolle Nachkriegsgeschichte Bonns als Bundeshauptstadt und Regierungssitz der Bundesrepublik vor Augen führt, ist man tatsächlich verwundert, dass das Goethe-Institut Bonn erst 30 Jahre jung ist. So viel ist seitdem passiert.

Bei der Gründung des Goethe-Instituts hatten rund 180 diplomatische und konsularische Vertretungen ihren Sitz in Bonn, die überwiegende Mehrheit war – wie auch das Goethe-Institut selbst – in Bad Godesberg ansässig. Diese Präsenz strahlte in die Stadt aus und verlieh ihr eine besondere internationale Atmosphäre. Das Goethe-Institut, das 1985 begann, seinen Sprachkursbetrieb zunächst in der Kennedyallee aufzubauen und dann wenige Jahre später in die Friedrich-Ebert-Straße direkt am Godesberger Stadtpark umzog, war von Anfang an bei Sprachkursteilnehmerinnen und –teilnehmern aus aller Welt beliebt, die in Bonn Deutsch lernen wollten. Das Institut war Jahr um Jahr ausgebucht, es musste sogar Räume in der nahen Stadthalle Godesbergs hinzumieten.

Bonn zeigte sich als freundliche, weltoffene Stadt und das Ausländeramt stets von seiner besten Seite. Es waren ideale Bedingungen für uns.

Natürlich ist die Entwicklung eines Goethe-Instituts stark mit der Geschichte der Stadt verbunden, in der es verortet und vernetzt ist: Die Wende und der Mauerfall, die Verlegung des Parlaments- und Regierungssitzes nach Berlin – das brachte für die ganze Bundesrepublik eine einschneidende Veränderung mit sich, besonders aber für Bonn.

Das Goethe-Institut hat den Wandel der Stadt von der Beamten- und Diplomatenstadt zum Standort internationaler Institutionen und Unternehmen unterstützt und begleitet.

2010 hat das Goethe-Institut das Gebäude in Godesberg aufgegeben. Es war bereits in die Jahre gekommen und widersetzte sich mit seinen dicken Mauern hartnäckig notwendigen Modernisierungsversuchen wie z. B. der Etablierung des W-LANs. Als eines Nachts trotz jener dicken Mauern bei einem Einbruch der sechs Zentner schwere Safe entwendet worden war, kam die Zeit, dem denkmalgeschützten Bau Adé zu sagen. Das fiel allen Beteiligten letztendlich leicht, denn der Umzug führte in die Universität im Herzen der Stadt.

Im Mai 2011 begrüßte uns Rektor Prof. Dr. Fohrmann als neuen Kooperationspartner hier in der Lennéstraße, in dem ehemaligen Gebäude der Kultusministerkonferenz, das wir mit der Abteilung für Interkulturelle Kommunikation und Mehrsprachigkeitsforschung mit Sprachlernzentrum der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität teilen. Die Partnerschaft war im Vorfeld erprobt, uns verbindet unter anderem das Fach Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache und die Ausbildung junger Lehrkräfte. Doch ist es etwas Besonderes, eine Partnerschaft unter einem Dach zu führen.

Die Kooperation bietet attraktive Möglichkeiten für die Studierenden und die Gäste des Goethe-Instituts.
Die Studierenden des Studiengangs „Deutsch als Fremd- und Zweitsprache“ können beispielsweise praxisorientierte Zusatzqualifikationen für den Unterricht erwerben und haben frühzeitig die Möglichkeit, durch Hospitationen und Praktika Erfahrungen im Lehrbetrieb des Goethe-Instituts zu sammeln. Einige von ihnen arbeiten im Sommer auch als Honorarlehrkräfte in unseren Jugendkursen in Bonn, Köln und Aachen. Das ist eine konkrete Brücke zwischen Lehre und einer ersten Berufstätigkeit – eine Situation mit zwei Gewinnern.

Ein weiteres Beispiel unserer Zusammenarbeit: Im Sommer wird es, wie Frau Weber erwähnt hat, erstmals eine gemeinsame Sommeruniversität geben. Sie umfasst ein zweiwöchiges Training für Bonner Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen II, die mehrsprachig aufgewachsen sind und einen Migrationshintergrund haben. Es geht bei diesem bildungssprachlichen Training darum, die Türen zur Universität zu öffnen und Mut zu machen für einen akademischen Werdegang. An der fachlichen Beratung und Vorbereitung beteiligen sich das Bonner Zentrum für Lehrerbildung der Universität und das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung Bonn.

Die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Universitäten ist dem Goethe-Institut im Inland wie auch im Ausland sehr wichtig. Wir ergänzen uns mit unseren Aufgabenfeldern und können so jungen Menschen aus dem Ausland wie aus dem Inland die bestmöglichen Angebote machen.

Besonders danken möchte ich für die Ermöglichung und Unterstützung der Kooperationen mit der Abteilung Interkulturelle Kommunikation und Mehrsprachigkeitsforschung mit Sprachlernzentrum an der Universität Bonn bei:

Rektor Prof. Dr. Jürgen Fohrmann,
der Leiterin der Abteilung IKM Frau Dr. Gisela Fehrmann,
dem Kustos der Abteilung IKM Herrn Dr. Dieter Faulhaber,
dem Verantwortlichen für den Studiengang DaF/DaZ, Herrn Dr. Paul Meyermann,
Frau Prof. Dr. Claudia Wich-Reif vom Institut für Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft der Uni Bonn,
und ein Dank an den Dekan der Philosophischen Fakultät Herr Prof. Dr. Andreas Bartels.

Die Erfolge der Institutsgeschichte lassen sich an ein paar Zahlen festmachen:

In den vergangenen 30 Jahren haben rund 35 000 Personen aus über 80 Nationen Deutsch am Goethe-Institut Bonn gelernt.

Insgesamt fanden 4,3 Millionen Unterrichtsstunden statt und es wurden 11 000 Prüfungen abgelegt.
750 Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer haben sich in Seminaren in den letzten 15 Jahren bei uns fortgebildet.

Wer sind diese Leute in unseren Kursen?

Das ist die Studentin der Informatik aus Indien, die wie viele andere junge Menschen aus aller Welt in Deutschland studiert und eine berufliche Karriere anstrebt, insbesondere in den so genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik).

Das ist der Expat aus Kenia, der in der Bonner Niederlassung der Vereinten Nationen arbeitet.

Das ist der Gastdozent aus Südkorea, der an der Universität Bonn arbeitet und die Abendkurse des Goethe-Instituts nutzt, die wir vor einem Jahr neu in unser Kursangebot aufgenommen haben.
Das ist die Mitarbeiterin der Telekom aus Polen.

Das ist der Arzt aus Saudi-Arabien, der wie rund 4000 weitere Medizinerinnen und Mediziner aus den Golfstaaten in den letzten zehn Jahren nach Bonn kam, um sich sprachlich auf seine Tätigkeiten als Gastarzt in Nordrhein-Westfalen vorzubereiten.

Das ist die Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung, der Heinz-Kühne-Stiftung, der Deutschen Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit IRZ oder der Deutschen Welle.

Das ist der Doktorand aus Taiwan, der sich sprachlich und landeskundlich auf seinen Forschungsaufenthalt im so genannten Sandwich-Programm vorbereitet, ein Programm, das auf die Kooperation des Taiwanesischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie und des DAAD zurückgeht.

Das ist der Manager eines Energieunternehmens an der Elfenbeinküste, der im Rahmen des Programmes „Afrika kommt!“ der GIZ für junge Führungskräfte aus Afrika in einem deutschen Unternehmen arbeiten wird.

Das ist die japanische Wissenschaftlerin, die in Bonn in einem Büro eines japanischen Drittmittelgebers für wissenschaftliche Forschung arbeitet.

Diese Kursteilnehmerin wurde übrigens ebenfalls in der letzten Wochenendausgabe des Bonner Generalanzeigers porträtiert. Sie begeistert an Deutschland besonders, dass sich „die Deutschen nicht hetzen und ausdauernd warten können. Zuerst war ich sehr ungeduldig wegen dieser Langsamkeit der deutschen Kultur, aber jetzt finde ich, dass das ein großer Vorteil von Deutschland ist. Für Bildung und Forschung zum Beispiel braucht man etwas Gelassenheit und man muss manchmal geduldig sein, bis sich eine Wirkung zeigt. Heute macht diese Nachsicht Deutschland zu einem wichtigen Wissenschaftszentrum in der Welt“. Ein überraschendes und doch schönes Kompliment für den Bildungsstandort Deutschland.

Das Zusammenspiel aus internationalen Organisationen, Instituten und Stiftungen sowie großen Unternehmen beschert Bonn eine einzigartige Mischung aus Wissenschaft und Wirtschaft und eine Offenheit gegenüber der Welt, zu der wir gerne beitragen.

Für uns ist die aktive Vernetzung mit den verschiedenen Akteuren aus dem Bildungs- und Wissenschaftsbereich und den internationalen Organisationen und Unternehmen in Bonn zentral. Daran werden wir auch in Zukunft kontinuierlich arbeiten und unsere Partnerschaften weiterentwickeln. Viele von unseren langjährigen Partnern sind heute hier versammelt, um dieses Jubiläum mit uns zu feiern, darüber freue ich mich sehr. Vielen Dank für die Zusammenarbeit und ihr Vertrauen.

Dass unsere Sprachkursteilnehmer Freude und Erfolgserlebnisse am Goethe-Institut haben, betont auch Stella Güntenberger aus Nigeria: „Kaum zu glauben, dass ich nur zwei Wochen hier bin, da stelle ich schon fest, dass sich meine Deutschkenntnisse verbessert haben. Es hat sich jetzt schon gelohnt. Die Schule und das Team sind ausgezeichnet.“ Als Generalsekretär des Goethe-Instituts bin ich natürlich besonders froh über diese Aussage. Mein Dank gilt Frau Weber und ihren Mitarbeitern und Mitarbeitern für ihre gute Arbeit.

Ich wünsche den Goethe-Institut Bonn, den Kolleginnen und Kollegen, den Partnern und Freunden unserer Arbeit viel Erfolg für die nächsten Jahre und ein lebendiges Haus, das weiterhin so intensiv mit den Institutionen der Stadt verbunden ist.

Vielen Dank!
 
Gehalten am 17. April 2015 in Bonn.
 

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