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Johannes Ebert am 16. April 2016
Wiedereröffnung in Ankara

Rede von Johannes Ebert anlässlich der Wiedereröffnung des Goethe-Instituts in Ankara

Sehr geehrter Herr Botschafter Erdmann,

sehr geehrter Herr Gönüllüoglu,

sehr geehrter Herr Yildiz,

lieber Matthias Makowski,

lieber Raimund,

ich bin sehr froh, dass ich heute hier sein kann, um mit Ihnen die Wiedereröffnung des Goethe-Instituts in Ankara zu feiern. Ich bin heute das erste Mal in der türkischen Hauptstadt. Während meines Studiums habe ich ein Jahr in Damaskus verbracht. Auf dem Weg von Damaskus zurück nach Deutschland bin ich über Istanbul gereist und habe Ankara leider nicht gesehen. In meinem Studium hat mich Ankara sehr interessiert. Als es 1923 neue Hauptstadt unter Atatürk wurde, war es die Stadt der beginnenden Moderne in der Türkei. Es gibt hier viele Gebäude und Überbleibsel der Deutschen, die in den 30er und 40er Jahren in Ankara waren. Denn wir dürfen nicht vergessen, wenn wir die Flüchtlinge heute in der Türkei und in Europa sehen, dass viele Deutsche hier vor dem Naziregime Zuflucht gesucht haben. Das ist für mich ebenfalls eine Verbindung. Ich nenne Architekten wie Clemens Holzmeister, Ernst Egli und Bruno Taut. Paul Hindemith, der hier die Musikakademie gegründet hat, Ernst Reuter, Edzard Reuter als Junge, das sind alles Menschen, die in Ankara waren und die in Deutschland eine große Rolle spielten und spielen. Deswegen bin ich sehr froh, heute hier zu sein.

Seit über 50 Jahren arbeitet das Goethe-Institut Ankara, zunächst als deutsches Kulturzentrum, wie es auch heute noch von vielen genannt wird, im Dienste des deutsch-türkischen Kulturaustausches. Dabei kann es auf ein Publikum - das sieht man auch heute Abend hier im Saal - aus ganz unterschiedlichen Bereichen bauen. Dazu gehört in der Hauptstadt der Türkei die akademische Elite ebenso wie ein großes und wachsendes an Deutschland interessiertes junges Publikum. Das Goethe-Institut in Ankara hat einen hervorragenden Standort in bester zentraler Lage. Davon konnte ich mich heute überzeugen. Aber wir wissen auch, dass vor wenigen Wochen hier in der Nähe ein furchtbarer Anschlag stattgefunden hat, bei dem viele junge Menschen ums Leben kamen. Als Nachbarn dieses Ortes möchte ich Sie bitten, der Opfer und ihrer Angehörigen zu gedenken. Ich möchte Sie bitten, sich zu erheben.

(Schweigeminute)

Vielen Dank. Es ist nicht einfach und es erfordert viel Fingerspitzengefühl von allen türkischen wie deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihren Partnern, in der gegenwärtigen Lage - in der Region und in der Welt -, angesichts von Sicherheitsrisiken, von Diskussionen um Meinungsfreiheit und Menschenrechte die richtigen Programme zu finden und mit geschärfter Aufmerksamkeit mit passenden Angeboten auf die Situation zu reagieren. Das Goethe-Institut in Ankara ist ein sehr lebendiges Haus. Viele Menschen gehen ein und aus. Heute waren Schülerinnen und Schüler der PASCH-Initiative zu Gast – sehr aktive, junge Menschen, die für die Zukunft des Austauschs mit Deutschland stehen.

Das Goethe-Institut Ankara ist in allen drei Bereichen – Sprache, Kultur und Information – äußerst aktiv und erfreut sich seit Jahrzehnten einer sehr großen Resonanz. Es entwickelt hochwertige und erfolgreiche Sprach-, Kultur- und Bildungsprogramme gemeinsam mit seinen türkischen Partnern. Das Goethe-Institut profitiert in hohem Maß von dem Austausch mit Ihnen. Viele unserer Partner sind heute Abend hier. Für Ihr Engagement und Ihre Offenheit möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ohne die Zusammenarbeit mit seinen Partnern – und das ist auf der ganzen Welt so – ist das Goethe-Institut nicht viel wert. Wir brauchen Sie, um gemeinsam in Kultur und Sprache zu arbeiten. Wir brauchen die Ministerien, wir brauchen die Künstlerinnen und Künstler. Wir brauchen die unabhängigen Institutionen und deren Vertreterinnen und Vertreter, die heute hier sind. Bei Ihnen möchte ich mich ganz herzlich danken.

Als erster Partner fand sich bereits vor Jahrzehnten der Türkisch-Deutsche Kulturbeirat als Eigentümer dieses bemerkenswerten Hauses mit seinem hervorragenden Netzwerk von Intellektuellen und Akademikern, die allesamt einen türkisch-deutschen Hintergrund mitbringen. Den Präsidenten des Türkisch-Deutschen Kulturbeirates Herrn Süleyman Yildiz möchte ich an dieser Stelle herzlich begrüßen und ihm danken.

Mein Dank geht auch an die Deutsche Botschaft und an diejenigen, die diese Renovierung betrieben haben, das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Ganz besonders möchte ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Goethe-Institutes Ankara bedanken. Die Kolleginnen und Kollegen waren in den letzten eineinhalb Jahren auf drei Gebäude verteilt. Das ist zwar schön, weil man an drei Standorten in der Stadt sichtbar ist, aber es ist für die Kolleginnen und Kollegen eine große Belastung. Man muss telefonieren. Man muss kommunizieren. Man muss Papiere von einem Ort an den anderen schicken. Die Kolleginnen und Kollegen haben das ganz hervorragend gemeistert. Dafür möchte ich ihnen von Seiten des Vorstands ganz herzlich danken.

Stellvertretend für alle, die mit Fleiß und Geduld der Wiedereröffnung entgegen gearbeitet haben, danke ich der unermüdlichen Verwaltungsleiterin Nilgün Öncel. Wir haben uns heute unterhalten und ich weiß, dass sie das Institut bis in den letzten Winkel kennt. Frau Öncel, man merkt, dass hier viel Herzblut von Ihnen, Ihren Kolleginnen und Kollegen reingeflossen ist. Ganz herzlichen Dank.

Wenn wir von den deutsch-türkischen Beziehungen sprechen, wird gerne zurückgeblickt, vor allem auf die letzten Jahrzehnte der gelebten Zusammenarbeit beider Länder. Es gibt eine Vielzahl türkischer oder türkischstämmiger Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, die ihre Beiträge zur deutschen Kultur geleistet haben. Gleichzeitig wirken die Einflüsse deutscher Kultur der Rückkehrer und ihrer Familien in der Türkei nach. Heute möchte ich einen Blick in die Zukunft werfen, einen hoffnungsvollen, der über die schwierigen politischen Fragen hinausreicht, wobei sich auch die Goethe-Institute in der Türkei mit diesen beschäftigen. Wir haben beispielsweise Programme in Flüchtlingslagern, wo wir mit Kindern zusammenarbeiten, um durch Kreativität, Bildung und Sprache Perspektiven zu geben. Wenn wir über die Zukunft sprechen, möchte ich gerne auf das Projekt, „Future Ankara“ hinweisen, welches das Goethe-Institut nächstes Jahr beginnt. Das Projekt richtet seinen Blick auf das Jahr 2023, den 100. Geburtstag der Türkischen Republik. Diesen Blick in die Zukunft tun wir aus der Position eines vermittelnden Kulturinstitutes heraus und als neutraler Ort der Begegnung. Denn Freiräume und Plattformen zu schaffen, in denen offener Austausch und Begegnung stattfindet, an denen Künstlerinnen, Kulturakteure und Intellektuelle frei ins Gespräch kommen, das ist für das Goethe-Institut ein zentrales Element unserer Arbeit weltweit.

An manchen Orten der Welt haben wir den Eindruck, dass diese Aufgaben immer dringlicher werden. Dazu braucht man gute Räumlichkeiten. Ich bin heute durch das Haus gegangen. Das Goethe-Institut hat eine wunderbare Bibliothek, es gibt Klassenräume, wir haben diesen schönen Veranstaltungssaal. Alles ist hergerichtet und bereit, diesen offenen Dialog zu führen: einen in die Zukunft gerichteten Dialog und interkulturellen Austausch, in dem eine Vielzahl von unterschiedlichen – auch kritischen – Stimmen Gehör findet. Dies möchten wir am Goethe-Institut mit unseren vertrauten Partnern, aber auch mit neuen Akteuren fortsetzen.

Wichtig ist für uns dabei auch die Zusammenarbeit mit den europäischen Kulturinstituten vor Ort. Wir arbeiten gemeinsam mit unseren französischen, britischen, italienischen Kolleginnen und Kollegen. Ich glaube, dass sich Europa in einer Situation befindet, in der gerade wir Kulturinstitute zeigen müssen, dass Europa zusammenwachsen soll, zusammenwachsen kann und dass Kultur hier eine wichtige Rolle spielen wird.

Zwei Wünsche gebe ich dem wiedereröffneten Goethe-Institut Ankara mit auf den Weg.

Erstens: Möge es schon sehr bald wieder in einer Atmosphäre der Sicherheit und Angstfreiheit wirken können, ohne Terror und die Sorge, man könne sich nicht mehr sicher an Orte des kulturellen und künstlerischen Wirkens begeben. Möge die Freiheit der Kunst und Wortes wieder – und ganz besonders hier im Goethe-Institut – erlebbar gemacht werden können.

Zweitens: Ich wünsche dem Goethe-Institut Ankara, dass es mit seinem Standort als Hauptstadtinstitut sein Profil weiter schärft. Der neue Slogan „Goethe-Institut Ankara, hier spielt die Musik", weist bereits in eine solche Richtung.

Und dann habe ich noch einen ganz persönlichen Wunsch, den ich vorher schon angedeutet habe. Nachdem ich Ankara nun das erste Mal gesehen habe, möchte ich bald wieder zurück kommen, um dann genug Zeit zu haben, mir alle diese Gebäude anzusehen, die draußen in der Ausstellung „Vom Werden einer Hauptstadt – Ankara“ zu sehen sind. Die Bilder sind schon fast so beeindruckend wie die wirklichen Gebäude. Ich werde sie mir nachher noch in Ruhe ansehen. Ich muss unbedingt nach Ankara zurückkommen, um mich von der Realität zu überzeugen und mitnehmen zu lassen.

Ich freue mich im Anschluss an die Reden auf das Programm mit der jungen Komponistin Sinem Altan und wünsche uns allen einen anregenden Abend und dem Goethe-Institut Ankara in der neurenovierten Unterbringung viel Glück.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

(es gilt das gesprochene Wort)

Gehalten am 16. April 2016 in Ankara
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