Johannes Ebert am 19. März 2022 in Berlin
Tanzplattform am 19. März 2022 im Tak Theater Aufbau Kreuzberg
Grußwort von Johannes Ebert zum Empfang zur Tanzplattform am 19. März 2022 im Tak Theater Aufbau Kreuzberg in Berlin
Liebe Annemie, liebe Künstlerinnen und Künstler, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
ich erinnere mich immer noch gerne an den Empfang im Jahr 2020 in München, als ca. 300 Gäste damals in die Zentrale des Goethe-Instituts am Oskar-von-Miller-Ring kamen. Nur fünf Tage später begann in Deutschland der Lockdown. Das bedeutete Home Office, einen schnellen Umstieg auf digitale Angebote, Krisenrunden und ein umfassendes "Neudenken".
In all den Einschränkungen lag gleichzeitig eine ungeheure Produktivität für die Arbeit der Goethe-Institute weltweit. Indem wir die Krise als Chance begriffen haben, haben wir uns früh Gedanken gemacht, wie Kulturarbeit in einer post-pandemischen Zeit aussehen könnte. Entstanden sind über die vergangenen zwei Jahre zahlreiche neue Formate, von denen ich hier einige herausgreifen möchte.
Beispielsweise das Projekt "Danachgedanken". Hierbei wurden Intellektuelle und Künstlerinnen und Künstler aus der ganzen Welt dazu eingeladen, über die aktuellen Auswirkungen der Pandemie in ihren Ländern sowie über mögliche Folgen der Pandemie nachzudenken und zu überlegen, welche Faktoren Hoffnung für die Zukunft geben können.
Außerdem wurde das Kulturmagazin "Zeitgeister" ins Leben gerufen, das globale Fragestellungen und Perspektiven aufgreift und zu einem gemeinsamen Austausch von Expertinnen, Autoren und Aktivistinnen einlädt, sodass sich Positionen aus Künsten, Wissenschaften und Zivilgesellschaft zu weltumspannenden Debatten verknüpfen können. Neben vielen weiteren Stimmen schreiben dort auch Vertreterinnen und Vertreter der Tanzwelt u.a. darüber, wie die Pandemie ihre Arbeitsweisen verändert hat.
Im weltweiten Netzwerk des Goethe-Institut wurde kreativ auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert: In Indonesien ist so zum Bespiel das Projekt "Bodies of Care" entstanden, eine so genannte partizipatorische Online Performance.
"Bodies of Care" ist ein experimentelles Projekt von 10 jungen internationalen Choreographinnen und Choreographen, die kritisch unser Verständnis von Sorge und Fürsorge für einander in den verschiedenen lokalen und globalen Kontexten überdenken. Dies sind wichtige Reflexionen, denen sich der Tanz hier annimmt. Es bestehen die Notwendigkeit und der Wunsch, auf die radikalen Veränderungen einzugehen, die die Corona-Pandemie für die Kulturen des Miteinanders bedeutet.
Ebenfalls über das Medium Tanz haben sich auch in der Region Nordafrika und den arabischsprachigen Ländern junge Choreographinnen und Choreographen im Projekt "Uncontrolled – Questioning the power oft he body language to imagine new futures today" dem Verständnis von Autonomie, Selbstbestimmung und Unterwerfung gewidmet. Mittels Tanz erforschen sie dabei die komplexen Prozesse von Macht und Körper.
Ich freue mich sehr, dass wir mit dem Internationalen Koproduktionsfonds auch während der nun schon zwei Jahre währenden Corona-Pandemie herausragende Projekte fördern konnten, um den Künstlerinnen und Künstlern ein "Weiterarbeiten" zu ermöglichen.
Ein Beispiel für ein über den Internationalen Koproduktionsfonds gefördertes Projekt, das uns allen gezeigt hat, wie ein "anders Arbeiten" aussehen kann, ist "Manila ZOO" von Eisa Jocson. Werte, Lebensweisen und politische Zusammenhänge, die in den Aufführungsraum, den virtuellen Raum, eingeschrieben sind, stehen für die philippinische Choreografin Eisa Jocson und für ihr internationales Team im Zentrum. Die Online-Performance besuchte schon viele internationale, darunter wichtige deutsche, Festivals – Reisen waren hier keine mehr nötig. Ich freue mich, dass Eisa Jocson Teil des internationalen Künstlerinnentreffs ist und heute hier anwesend ist.
Mit meinem kurzen Abriss wollte ich verdeutlichen, dass das Goethe-Institut insbesondere auch mittels Tanzprojekten auf die Pandemie reagiert hat. Dazu gehört auch die Einrichtung digitaler Residenzen oder das Ausrichten digitaler Festivals. Denn: Tanz macht Mut.
Die diesjährige Tanzplattform zeigt uns, wie Tanz die Transformation der Gesellschaft unterstützt. Wie erfreulich, dass es immer wieder von den Goethe-Instituten koproduzierte oder geförderte Stücke in die Auswahl der Tanzplattform schaffen, so beispielsweise „Skin“ von Renae Shadler & Collaborators mit Roland Walter, das vom Goethe-Institut Australien mitunterstützt wurde.
Die Corona-Pandemie führt uns seit nunmehr zwei Jahren vor Augen, wie global vernetzt und zugleich fragil unser Leben ist. Der globale Kulturbetrieb ist weiterhin von der Pandemie betroffen, internationale Auftritte und Reisen sind noch immer nur begrenzt möglich, physische Zusammenkünfte oftmals limitiert. Und dennoch sehe ich in der heutigen Veranstaltung Hoffnung. Tanz macht eben wirklich Mut. In diesem Sinne möchte ich mich ganz herzlich bei Annemie Vanackere und dem Team vom HAU bedanken. Vor zwei Jahren haben Annemie und ich die Übergabe der Tanzplattform in München symbolisch vollzogen.
Heute ist die Welt nach zwei Jahren Pandemie und nun mit dem unvorstellbaren Leid im Ukraine-Krieg und der akuten Bedrohung des Friedens eine andere geworden. Doch Tanz macht Mut und setzt ein Zeichen – gegen alle Widerstände.
Vielen Dank.