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Johannes Ebert am 02.07.2024 in Berlin
Rede anlässlich des Sommerempfangs des Goethe-Instituts

Grußwort von Johannes Ebert zum Sommerempfang des Goethe-Instituts im Goethe-Institut Berlin

Wer von Ihnen hat schon einmal ein „Pitching“ gemacht und sein Projekt oder seine Institution in diesem Format vorgestellt? 

Sie haben fünf oder zehn Minuten für Ihre Präsentation und danach etwas Zeit für Fragen. Sie sind ein bisschen aufgeregt. Es geht um Geld und um Anerkennung. Eine Jury kritischer Zuhörer lauscht konzentriert. Es folgt eine kurze Diskussion. Danach: Daumen hoch oder Daumen runter. Die höchste Form dieser Art der Präsentation ist der „Elevator Pitch“. Sie steigen in den Aufzug und fahren mit Ihrer Chefin, mit einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats nach oben. Und – ganz unerwartet - haben Sie zehn Stockwerke Zeit, Ihre Idee zu erklären und zu überzeugen. Eine riesige Chance oder eine riesige Pleite. 

Vor einigen Jahren hat unser damaliger Kommunikationschef in einem Seminar zur Projektpräsentation einen Elevator-Pitch simuliert. Dazu bat er mich, in unserer Goethe-Instituts Zentrale in den Aufzug zu steigen, freundlich zu grüßen, einem imaginären Mitfahrer im Fahrstuhl zuzuhören und nach Ankunft des Aufzugs wieder auszusteigen und mich freundlich zu verabschieden. Das Video dieser Aktion wurde dann im Seminar eingesetzt. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin präsentierte für die Zeit, die meine Fahrt mit dem Aufzug dauerte, seine oder ihre Idee. Ziemlich anspruchsvoll, denn unsere Zentrale hatte, sogar wenn man im Keller losfuhr, nur vier Stockwerke!

Sehr geehrte Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde des Goethe-Instituts, ich frage mich, wie heute in diesen turbulenten Zeiten ein Elevator Pitch für das Goethe-Institut aussehen würde. In Zeiten schrecklicher Konflikte die tief und langfristig in die Gesellschaften hineinwirken wie in der Ukraine oder im Nahen Osten. In Zeiten des globalen Rechtsrucks mit Trump ante portas und Marine Le Pen, die über ihre Wahlerfolge frohlockt. Und es macht mir auch Angst, dass in unserem eigenen Land extrem rechtes und ausgrenzendes Gedankengut immer stärker wird. In Zeiten, in denen die hohen Staatseinnahmen nicht mehr ausreichen, um all das zu finanzieren, was uns wichtig ist. In Zeiten, in denen die deutsche Wirtschaft Milliardensummen zu verlieren droht, weil Arbeitskräfte fehlen. In Zeiten der Unsicherheit und des Selbstzweifels. (Wenigstens ist die deutsche Nationalmannschaft nicht schon wie die letzten beiden Male in der Vorrunde ausgeschieden und spielt am Freitag im Viertelfinale. Das ist Balsam für die wunde Seele …). Sie selbst können die Liste der Herausforderungen beliebig fortschreiben. Sie ist nicht sehr kurz.

Wie kann so ein Elevator Pitch für das Goethe-Institut in diesen Zeiten also aussehen?

Der Claim des Goethe-Instituts „Sprache, Kultur, Deutschland“ beschreibt zwar ziemlich umfassend, was wir machen, aber Sie kommen im Fahrstuhl damit gerade einmal in den ersten Stock.

Unser Slogan „Im Austausch mit der Welt. Für Vielfalt, Verständigung und Vertrauen“ trägt da schon deutlich weiter. Denn er steht für das, was ungeachtet der äußeren Umstände als Vision des Goethe-Institut immer das übergeordnete Ziel bleibt. Aber Sie wollen natürlich mehr. Für ein erfolgreiches Pitching muss man konkret werden.

Das Goethe-Institut unterstützt!

Beispielsweise die Kultur- und Bildungsszene in der Ukraine. Bei meinem Besuch in Kyjiv im April waren die Ausstellungen voll und an den Theaterkassen standen Schlangen. Denn die Kultur stärkt die eigene Identität, eröffnet Zukunftsperspektiven und ist ein unsichtbarer Schutz gegen russische Propaganda.

Das Goethe-Institut schafft Dialog und überbrückt Gräben!

Beispielsweise bei der Diskussion zwischen Friedenspreisträger Navid Kermani und dem südafrikanischen Booker Preisträger Damon Galgut am Goethe-Institut Johannesburg. Bei der Diskussion ging es unter anderem um den Gaza-Konflikt und obwohl manche Positionen in der Diskussion mit dem Publikum weit auseinanderlagen, war das Fazit Kermanis: „Es kann doch nicht sein, dass wir nicht mehr miteinander reden!“

Das Goethe-Institut bringt Menschen zusammen und Gesellschaften einander näher!

Beispielsweise mit dem „German American Partnership Program“, dem größten Austauschprogramm der USA mit einem anderen Land. Seit 1972 haben über 400 000 Schülerinnen und Schüler aus den USA und Deutschland daran teilgenommen. Unzählige Freundschaften und Beziehungen über den Atlantik hinweg sind so entstanden und dauern fort.

Das Goethe-Institut bereitet Menschen auf Deutschland vor!

Das tun wir schon immer: Ausländische Arbeitnehmer in den 70er und 80erJahren, Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion in den 90ern, syrische Geflüchtete 2015 und jetzt die so dringend notwendigen Fachkräfte: Deutschkurse, Informations- und Beratungsangebote helfen beim Erfolg im Arbeitsleben und in der Gesellschaft. Beispielsweise im Projekt „Vorintegration und Übergangsmanagement erfolgreich gestalten“, wo wir in drei Jahren fast 100 000 Menschen auf Arbeit und Leben in Deutschland vorbereiten.

Das Goethe-Institut krempelt die Ärmel hoch und geht voran – auch ins Ungewisse

Bereits vor über zwei Jahren haben wir eine große Transformation des Goethe-Instituts eingeleitet. Denn sowohl die politischen Umstände als auch die finanziellen Rahmenbedingungen sind herausfordernd. Wir wollen Strukturkosten senken und so die Handlungsfähigkeit für unsere Sprach-, Kultur- und Informationsprogramme erhöhen. Auch wenn es dabei schmerzhafte Entscheidungen gibt: Ich bin froh, dass wir uns auf diesen Weg in die Zukunft gemacht haben. Denn das Goethe-Institut ist mit seinem weltweiten Netzwerk und mit seiner Fähigkeit, Gesellschaften und Menschen zu verbinden, so wichtig wie nie zuvor. 

Liebe Freunde, danke für Ihre Geduld. Wir sind jetzt wahrscheinlich mit unserem Fahrstuhl schon im 26. oder 27. Stockwerk angelangt. Ich würde mir für so einen Pitch einen gläsernen Fahrstuhl wünschen, wie den von Willy Wonka in „Charlie und die Schokoladenfabrik“.

Herr Wonka reckte sich nach einem Knopf hoch oben an der Glasdecke des Fahrstuhls. HINAUF UND HINAUS! stand auf dem Schild neben dem Knopf. Hinauf und Hinaus… was soll denn das für ein Raum sein?, dachte Charlie. „Festhalten!“ rief Herr Wonka. RUMMS! Der Aufzug schoß wie eine Rakete kerzengerade in die Höhe… Der Fahrstuhl stieg und stieg und stieg…!“

Leider steht mir so ein Aufzug nicht zur Verfügung. Dann bliebe mir noch ein wenig Zeit. Aber einen letzten Punkt möchte ich doch noch machen beim Elevator-Pitch des Goethe-Instituts.

Das Goethe-Institut hat Freunde!

Das Goethe-Institut hat Freunde auf der ganzen Welt und das sind Sie, liebe Gäste, heute Abend beim Sommerfest des Goethe-Instituts. Kulturschaffende und Künstler, Vertreterinnen und Vertreter des deutschen Bundestags, Kolleginnen und Kollegen aus dem Auswärtigen Amt, Partner in Kultur- und Bildungsinstitutionen, Vertreter der Medien und viele mehr. Freunde sind in diesen unruhigen Zeiten ungeheuer wichtig, denn gerade jetzt müssen wir zusammenhalten und die Wege gemeinsam gehen. Gerade jetzt müssen wir einander Mut und Zuversicht spenden und gemeinsam anpacken. Gerade jetzt müssen wir auch gemeinsam laut sein gegen das, was unsere freie und offen Gesellschaft gefährdet. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen!

Der gläserne Fahrstuhl erhob sich vom Boden und schoss durch das Loch im Dach in den Himmel empor. Charlie versuchte, die Mitfahrer zu beruhigen, die noch immer vor Angst wie versteinert waren: „Habt keine Angst bitte. Es kann nichts passieren. Wir fliegen zum wunderbarsten Ort auf der ganzen Welt!“

Vielen Dank!

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