5. April 2014
Eröffnung Deutsch-Israelische Literaturtage
- Es gilt das gesprochene Wort -
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute Abend auf der Eröffnung der Deutsch-Israelischen Literaturtage zu begrüßen. Dieser literarische Austausch unserer beiden Länder auf höchstem Niveau ist eine gelebte Tradition – seit 2005 laden die Heinrich-Böll-Stiftung und das Goethe-Institut deutsche und israelische Autorinnen und Autoren abwechselnd nach Tel Aviv und Berlin, dieses Jahr zusätzlich noch nach Frankfurt an der Oder, ein. Ich bedanke mich an dieser Stelle im Namen des Goethe-Instituts bei der Heinrich-Böll-Stiftung für die gute Zusammenarbeit, nicht nur bei diesem Programm, sondern bei den vielen weiteren partnerschaftlichen Initiativen in der Welt. Das Format einer bi-nationalen Literaturtagung ist in meinen Augen eine der unmittelbarsten Arenen für einen lebendigen interkulturellen Dialog. Die Literatur spiegelt als Kunstgattung die Gesellschaft, sie verhandelt und vermittelt sie. Autorinnen und Autoren sind Seismographen gesellschaftlicher Phänomene und Entwicklungen. Sie beschreiben und vermitteln Lebenswelten in ihren Büchern. Ich bin überzeugt, Bücher schlagen die entscheidenden Brücken zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. Und sie leisten durch ihre Geschichten, Assoziationen, Metaphern und Bilder Zugänge, die überraschend sind, die uns nachdenklich machen, die uns berühren, die uns begleiten. Und sie sind ein wirkungsvolles Mittel „Wider das Vergessen“, ein Aspekt, der für unser Zusammenwirken von entscheidender Bedeutung ist. Für die Arbeit des Goethe-Instituts spielt die Literatur eine tragende Rolle: im Zusammenhang mit der kulturellen Bildung und den literarischen Diskursen im eigenen Land, in der Literaturförderung und den Literaturprogrammen der Goethe-Institute im Ausland. Zu den wichtigsten literarischen Multiplikatoren und unseren engen Partnern gehören zweifellos die Übersetzer, deren kreative Arbeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, und die wir durch zahlreiche Förderprogramme unterstützen. Sie sind wie die Lenker einer Fähre, die schwimmend im kulturellen Kontext ihre Botschaft an das gegenüber liegende Ufer bringt und so den kulturellen Dialog immer wieder neu belebt. Auch das vor uns liegende Programm wäre ohne die hervorragenden Leistungen von Übersetzerinnen und Übersetzern ein anderes – viele der Autorinnen und Autoren, die an den Deutsch-Israelischen Literaturtagen teilnehmen, sind in der jeweils anderen Sprache auf den Buchmärkten vertreten. Das erlaubt fundierte Diskussionen vor einem gut informierten Publikum. Wenn wir deutsche Literatur im Ausland vorstellen, interessieren wir uns für die Funktion der Literatur in der Vermittlung von Ästhetik, Informationen über die Gesellschaft und der Außenkulturpolitik. Ein Gespräch oder eine Präsentation deutscher Gegenwartsliteratur ist immer auch ein Gespräch über oder ein Zugang zu Deutschland. Dieser Ansatz ist uns sehr wichtig. Wir wollen die jeweiligen Öffentlichkeiten erreichen, sie über die in der Literatur verhandelten Themen neugierig auf den Zeitgeist machen, sie zum Nachdenken anregen. Wenn diese Dramaturgie funktioniert, dann erreicht man möglicherweise, dass eine Lesung nicht nur einen tagesaktuellen Effekt hat, weil der Autor prominent ist, oder weil die Veranstaltung eine gesellschaftlich interessante Note hat, sondern man erreicht, dass etwas in Bewegung kommt, das Beziehungen aufbaut und nachwirkt, zur deutschen Sprache und Literatur und zu Deutschland. Besonders spannend wird es, wenn diese Bewegung eine direkte Gegenbewegung hat: Auf den Deutsch-Israelischen Literaturtagen öffnen wir die Türen in beide Richtungen, wir pflegen ganz unmittelbar die wechselseitigen Beziehungen. Wir werfen Fragen auf, die in unseren gesellschaftlichen Kontexten vielleicht völlig anders diskutiert werden, und erhalten so spannende Blickwinkel auf tagesaktuelle Themen. Dieses Jahr stehen „Glaubenssachen“ im Mittelpunkt, es geht um die gesellschaftliche Bedeutung von Religion in einem in weiten Teilen der Welt zutiefst säkularen Zeitalter. Die Autorinnen und Autoren werden das Verhältnis von Politik und Religion untersuchen, die Zuschreibungen von Werten und Moral, Gut und Böse, Fragen zur „Selbstermächtigung“ des Menschen und der ethischen Grenzen. Sie werden über die Radikalisierung von Glauben sprechen und gesellschaftlich-ökonomische mit religiösen Utopien vergleichen. Natürlich wird es auch um existenzielle Fragen der Menschheit gehen – um Lebenssinn, die eigene Identität und die Bedeutung von Menschlichkeit. Hier möchte ich Eva Menasse zitieren, die wir heute Abend lesen und sprechen hören werden: „Glaube bedeutet für mich….Nachdenken über den Sinn des Lebens und die Wunder und Abgründe der menschlichen Natur.“ Entscheidend für die Veranstaltung ist die offene Debatte, nicht die Tabuisierung, der Dialog, nicht das Schweigen. Damit wirkt die Literatur in die Mitte der Gesellschaft. Nun freue ich mich auf die zahlreichen Begegnungen in der Literatur und darüber hinaus. Das Programm gibt vielleicht schon einen kleinen Vorgeschmack auf das nächste Jahr, in dem das Goethe-Institut mit zahlreichen Veranstaltungen das 50-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen feiern wird. Israel ist ein wichtiger Fokus unserer Arbeit. Wir sind uns der historischen Verantwortung des Zivilisationsbruchs im 20. Jahrhundert bewusst und beobachten vor diesem Hintergrund mit Freuden, wie die so genannte „Dritte Generation“ sich vernetzt. Die Kolleginnen und Kollegen in Israel machen insbesondere bei den jüngeren Israelis ein ständig wachsendes, vorurteilsfreies, authentisches Interesse an Deutschland aus, das sich jenseits retrospektiver Familienhistorie und damit verbundener Traumata, gegebenenfalls aber auch ganz bewusst mit Bezug auf diese Erinnerungen formiert. Diesen Entwicklungen wollen wir mit unseren Programmen gerecht werden und möchten im Gedenken an die Vergangenheit einen sensiblen und reflektierten Blick auf die Gegenwart werfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, Sie heute Abend auf der Eröffnung der Deutsch-Israelischen Literaturtage zu begrüßen. Dieser literarische Austausch unserer beiden Länder auf höchstem Niveau ist eine gelebte Tradition – seit 2005 laden die Heinrich-Böll-Stiftung und das Goethe-Institut deutsche und israelische Autorinnen und Autoren abwechselnd nach Tel Aviv und Berlin, dieses Jahr zusätzlich noch nach Frankfurt an der Oder, ein. Ich bedanke mich an dieser Stelle im Namen des Goethe-Instituts bei der Heinrich-Böll-Stiftung für die gute Zusammenarbeit, nicht nur bei diesem Programm, sondern bei den vielen weiteren partnerschaftlichen Initiativen in der Welt. Das Format einer bi-nationalen Literaturtagung ist in meinen Augen eine der unmittelbarsten Arenen für einen lebendigen interkulturellen Dialog. Die Literatur spiegelt als Kunstgattung die Gesellschaft, sie verhandelt und vermittelt sie. Autorinnen und Autoren sind Seismographen gesellschaftlicher Phänomene und Entwicklungen. Sie beschreiben und vermitteln Lebenswelten in ihren Büchern. Ich bin überzeugt, Bücher schlagen die entscheidenden Brücken zwischen Privatheit und Öffentlichkeit. Und sie leisten durch ihre Geschichten, Assoziationen, Metaphern und Bilder Zugänge, die überraschend sind, die uns nachdenklich machen, die uns berühren, die uns begleiten. Und sie sind ein wirkungsvolles Mittel „Wider das Vergessen“, ein Aspekt, der für unser Zusammenwirken von entscheidender Bedeutung ist. Für die Arbeit des Goethe-Instituts spielt die Literatur eine tragende Rolle: im Zusammenhang mit der kulturellen Bildung und den literarischen Diskursen im eigenen Land, in der Literaturförderung und den Literaturprogrammen der Goethe-Institute im Ausland. Zu den wichtigsten literarischen Multiplikatoren und unseren engen Partnern gehören zweifellos die Übersetzer, deren kreative Arbeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, und die wir durch zahlreiche Förderprogramme unterstützen. Sie sind wie die Lenker einer Fähre, die schwimmend im kulturellen Kontext ihre Botschaft an das gegenüber liegende Ufer bringt und so den kulturellen Dialog immer wieder neu belebt. Auch das vor uns liegende Programm wäre ohne die hervorragenden Leistungen von Übersetzerinnen und Übersetzern ein anderes – viele der Autorinnen und Autoren, die an den Deutsch-Israelischen Literaturtagen teilnehmen, sind in der jeweils anderen Sprache auf den Buchmärkten vertreten. Das erlaubt fundierte Diskussionen vor einem gut informierten Publikum. Wenn wir deutsche Literatur im Ausland vorstellen, interessieren wir uns für die Funktion der Literatur in der Vermittlung von Ästhetik, Informationen über die Gesellschaft und der Außenkulturpolitik. Ein Gespräch oder eine Präsentation deutscher Gegenwartsliteratur ist immer auch ein Gespräch über oder ein Zugang zu Deutschland. Dieser Ansatz ist uns sehr wichtig. Wir wollen die jeweiligen Öffentlichkeiten erreichen, sie über die in der Literatur verhandelten Themen neugierig auf den Zeitgeist machen, sie zum Nachdenken anregen. Wenn diese Dramaturgie funktioniert, dann erreicht man möglicherweise, dass eine Lesung nicht nur einen tagesaktuellen Effekt hat, weil der Autor prominent ist, oder weil die Veranstaltung eine gesellschaftlich interessante Note hat, sondern man erreicht, dass etwas in Bewegung kommt, das Beziehungen aufbaut und nachwirkt, zur deutschen Sprache und Literatur und zu Deutschland. Besonders spannend wird es, wenn diese Bewegung eine direkte Gegenbewegung hat: Auf den Deutsch-Israelischen Literaturtagen öffnen wir die Türen in beide Richtungen, wir pflegen ganz unmittelbar die wechselseitigen Beziehungen. Wir werfen Fragen auf, die in unseren gesellschaftlichen Kontexten vielleicht völlig anders diskutiert werden, und erhalten so spannende Blickwinkel auf tagesaktuelle Themen. Dieses Jahr stehen „Glaubenssachen“ im Mittelpunkt, es geht um die gesellschaftliche Bedeutung von Religion in einem in weiten Teilen der Welt zutiefst säkularen Zeitalter. Die Autorinnen und Autoren werden das Verhältnis von Politik und Religion untersuchen, die Zuschreibungen von Werten und Moral, Gut und Böse, Fragen zur „Selbstermächtigung“ des Menschen und der ethischen Grenzen. Sie werden über die Radikalisierung von Glauben sprechen und gesellschaftlich-ökonomische mit religiösen Utopien vergleichen. Natürlich wird es auch um existenzielle Fragen der Menschheit gehen – um Lebenssinn, die eigene Identität und die Bedeutung von Menschlichkeit. Hier möchte ich Eva Menasse zitieren, die wir heute Abend lesen und sprechen hören werden: „Glaube bedeutet für mich….Nachdenken über den Sinn des Lebens und die Wunder und Abgründe der menschlichen Natur.“ Entscheidend für die Veranstaltung ist die offene Debatte, nicht die Tabuisierung, der Dialog, nicht das Schweigen. Damit wirkt die Literatur in die Mitte der Gesellschaft. Nun freue ich mich auf die zahlreichen Begegnungen in der Literatur und darüber hinaus. Das Programm gibt vielleicht schon einen kleinen Vorgeschmack auf das nächste Jahr, in dem das Goethe-Institut mit zahlreichen Veranstaltungen das 50-jährige Jubiläum der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen feiern wird. Israel ist ein wichtiger Fokus unserer Arbeit. Wir sind uns der historischen Verantwortung des Zivilisationsbruchs im 20. Jahrhundert bewusst und beobachten vor diesem Hintergrund mit Freuden, wie die so genannte „Dritte Generation“ sich vernetzt. Die Kolleginnen und Kollegen in Israel machen insbesondere bei den jüngeren Israelis ein ständig wachsendes, vorurteilsfreies, authentisches Interesse an Deutschland aus, das sich jenseits retrospektiver Familienhistorie und damit verbundener Traumata, gegebenenfalls aber auch ganz bewusst mit Bezug auf diese Erinnerungen formiert. Diesen Entwicklungen wollen wir mit unseren Programmen gerecht werden und möchten im Gedenken an die Vergangenheit einen sensiblen und reflektierten Blick auf die Gegenwart werfen.