22. Mai 2014
Verleihung george tabori preis - Laudatio auf Sasha Waltz & Guests
- Es gilt das gesprochene Wort -
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem liebe Sasha Waltz, lieber Jochen Sandig, liebe Tänzerinnen und Tänzer,
meine letzte Begegnung mit der Arbeit von Sasha Waltz liegt nicht lange zurück und stand unter sehr besonderen Vorzeichen: Am 11. Februar haben wir nach 50 Jahren absoluter Abgeschlossenheit von der Weltgemeinschaft ein neues Goethe-Institut in Yangon, Myanmar, eröffnet. Einer der Höhepunkte des Kulturprogramms war ein Gastspiel von Sasha Waltz’ „Travelogue I – Twenty to eight”. Wir sind bewusst ein Wagnis eingegangen und wurden reich belohnt – die Geschichten aus einer Berliner WG haben im Publikum in Myanmar wahre Begeisterungsstürme ausgelöst. Auch wenn – oder gerade weil? – die Ästhetik, die Körperlichkeit des Tanzes und das Narrativ genau so gut aus einem anderen Universum hätten stammen können, gingen die größtenteils jungen Zuschauer mit dem Stück mit. Sie hat sie erreicht, sie bewegt. Sie haben Sasha Waltz’ Sprache verstanden und mit großer Emotionalität angenommen. Es kam – ganz ungewöhnlich für das Land – zu stehenden Ovationen.
So schlugen wir auch einen wunderbaren Bogen zu der langjährigen und ungemein fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem Goethe-Institut und Sasha Waltz. Das Stück entstand ganz in den Anfängen der Compagnie Sasha Waltz & Guests, die 1993 von Sasha Waltz und Jochen Sandig gegründet wurde, und deren Entwicklung das Goethe-Institut von Anfang an eng begleitet hat.
Dass eine Produktion der Freien Szene aus den 1990er Jahren noch heute im Ausland gespielt wird, konnte damals in der wilden Aufbruchzeit Berlins sicher niemand ahnen. Es zeigt aber bestens, mit welcher Konsequenz Sasha Waltz und ihre Compagnie ihren künstlerischen Weg verfolgt haben. Ihre Entwicklungen und Etappen spiegeln sich im heutigen 18 Produktionen umfassenden Repertoire.
Was mit der Travelogue-Trilogie begann, die den WG-Alltag in Tanz übersetzte und das Lebensgefühl einer Generation traf, fand mit dem weltweit gefeierten „Allee der Kosmonauten“ seine Erweiterung in soziale Themen.
Mit diesem Stück begann auch die Zeit an den Sophiensälen, die Jochen Sandig mit seinem kundigen Blick für besondere Räume entdeckte und die Sasha Waltz & Guests zusammen mit anderen Berliner Künstlern zum aufregendsten Spielort des „neuen Berlins“ machten. Mit den Sophiensälen beginnt Sasha Waltz sich in Berlin zu etablieren; sie sind Ausgangspunkt ihres Eroberungszugs durch die unterschiedlichsten Berliner Orte.
Im Jahr 2000 übernahm sie mit Thomas Ostermeier die Leitung der Schaubühne, 2006 kam schon wieder der nächste Aufbruch mit der nächsten Neugründung: Der Umzug ins Radialsystem als neuer Proben- und Aufführungsort, als neue Heimat für ihre Tänzerfamilie.
Die Auseinandersetzung mit Räumen ist für Sasha Waltz Inspiration und Antrieb und prägt ihre Choreographien. Der marode Charme der Sophiensäle, die fast sakrale Wucht der Schaubühne oder das am Wasser gelegene, Luft atmende Radialsystem haben in den Arbeiten der Compagnie ihre Spuren hinterlassen.
Doch spielen Räume in ihrer Arbeit nicht nur diese übergeordnete Rolle als Proben- und Heimatort. Mit der Reihe „Dialoge“ hat sie sich ganz bewusst auf eine choreographische Entdeckungsreise durch grandiose und historisch höchst aufgeladene Orte begeben: Daniel Libeskinds Jüdisches Museum, David Chipperfields Neues Museum, das MAXXI in Rom oder, wieder in Kooperation mit dem Goethe-Institut, ein verlassener Palast aus der Kolonialzeit im indischen Kalkutta.
Dialoge: Das bedeutet Neugier, Austausch, Reibung, Zusammenarbeit mit Musikern, Sängern, Bildenden Künstlern, Filmemachern und Architekten – eine kontinuierliche Überschreitung von Grenzen und eine ganz erstaunliche Weiterentwicklung des künstlerischen Spektrums. Herausgekommen sind dabei überraschende Arbeiten, die ich schon in meiner Zeit als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hautnah erleben und begleiten konnte. Ihre Erkundung der mir so vertrauten Räume des Neuen Museums oder des Pergamonmuseums mit dem Pergamonaltar, den sie mit ihrer Arbeit an der Opernchoreographie „Medea“ in ein Tableau Vivante verwandelte, ließen mich beide Häuser auf einer völlig neuen Ebene wahrnehmen. Dieser Blick wird mir bleiben. Die Intensität und gleichzeitig die Sensibilität, aber auch die Bezüge zum Raum und seine Einbeziehung sind virtuos und neuartig, als hätte man ein „drittes Auge“.
Das große Netzwerk an Künstlern, das die Compagnie in den letzten 20 Jahren um sich geschart hat, das sind die Guests von Sasha Waltz & Guests. Was Sasha Waltz als Familien-Unternehmen mit ihrer Schwester Yoreme und ihrem Mann Jochen Sandig begann, ist im Grunde immer noch ein Familienunternehmen, nur dass die Familie größer geworden ist, und damit meine ich nicht nur die Kinder László und Sophia, die mittlerweile auch mit auf der Bühne stehen, sondern das ganze Team, das in den Jahren zusammengewachsen ist und die Schwierigkeiten und Herausforderungen, in der internationalen Tanzszene auf höchstem Niveau zu bestehen, gemeinsam meistert.
Und die Herausforderungen waren in den vergangenen 20 Jahren nicht gering. Sasha Waltz & Guests ist eine Geschichte des Wachstums, die parallel zur künstlerischen Entwicklung und Bedeutung verlief. So war es nur konsequent, nach den Aufbaujahren in den Sophiensälen das Angebot der Schaubühne anzunehmen, eröffneten sich dadurch nicht nur räumlich neue Perspektiven, sondern auch die Chance, sich in festen Strukturen und finanziell abgesichert künstlerisch weiterzuentwickeln. Als sich die Möglichkeiten nach fünf Jahren erschöpften, die Compagnie wieder unabhängig wurde und ins Radialsystem umzog, geschah das Erstaunliche: Die Projekte wurden nicht etwa wieder kleiner, sondern die Compagnie stellte in Koproduktion mit europäischen Häusern ihre erste freie Opernproduktion „Dido & Aeneas“ auf die Beine.
Man kann sich vorstellen, welcher Mut und welches Selbstvertrauen dazu gehören. Der Ansatz, die Oper vom Tanz her zu denken, war etwas gänzlich Neues. Und gleich ein Riesenerfolg: Der Dialog von alter Musik und zeitgenössischem Tanz in ihrer Interpretation von Henry Purcells Barock-Oper bleibt unvergessen. Erst im Januar dieses Jahres hat sie mit „Dido & Aeneas“ wieder Besucher des Sydney Festivals bezaubert; das Gastspiel wurde vom Goethe-Institut gefördert.
Sasha Waltz & Guests haben es von der Berliner Offszene zur absoluten Weltspitze geschafft. Die unbändige Energie, die unerschöpfliche Kreativität, die mitreißende Begeisterung mit der ständig neue, fantastische Produktionen und Vorhaben umgesetzt werden, beeindruckt mich zutiefst. Im August letzten Jahres widmete sie sich anlässlich des 100. Jubiläums von „Le Sacre du Printemps“ von Igor Strawinsky dieser wunderbaren Komposition. Ihre Interpretation feierte Premiere in Brüssel und wurde im Anschluss auch im Schillertheater in Berlin gezeigt. Erst kürzlich gab sie ihre aktuelle Operninszenierung in Berlin – den „Tannhäuser“ von Wagner. Und bis Februar hielt Sasha Waltz Einzug im Museum. Das ZKM in Karlsruhe zeigte ihr Gesamtwerk an der Schnittstelle zwischen Tanz und Skulptur.
Sasha Waltz & Guests ist eine Erfolgsgeschichte, auf die Berlin immer so stolz ist. Sie könnte es weiter sein. Nur haben die Verhandlungen im letzten Jahr mit dem Berliner Senat hinsichtlich der finanziellen Ressourcen zu einem nicht befriedigenden Ergebnis geführt. Nun wurden die festen Verträge der meisten Tänzer gekündigt und die Zukunft der Compagnie ist ein Stück weit ungewiss.
Kritische Stimmen bezeichnen Sasha Waltz als Opfer ihres eigenen Erfolgs – die Freie, die zur etablierten Kreativen wurde, die sich aber nie an ein Haus binden wollte. Für mich ist die Entwicklung der Compagnie von Sasha Waltz bemerkenswert, und wir müssen uns schon fragen, was mit unseren Strukturen nicht stimmt, wenn es nur noch ein Entweder/Oder gibt, wenn es außerhalb fester Häuser nicht möglich zu sein scheint, zu wachsen und ein hart erarbeitetes künstlerisches Niveau angemessen zu bewahren. Berlin hat mit Sasha Waltz viel gewonnen, denn hier gab es offensichtlich den nötigen kreativen Humus! Es hat aber auch viel zu verlieren, wenn es immer stärker in traditionell hoch formalisierten institutionellen Abläufen denkt.
Ich wünsche Sasha Waltz und ihrer großen Tanzfamilie, dass ihr Erfolg anhält. Und ich wünsche mir für Berlin, dass Sasha Waltz uns erhalten bleibt. Sie selbst will es auch. Sie ist hier groß geworden, sie hat hier Unterstützung bekommen. Sie erfährt Berlin als Energie spendende Inspiration. Es muss doch kreative Ansätze geben, den Tanz weiter zu denken und für eine Berliner Lösung offen zu halten. Das ist mein Appell an die Politik. Vielleicht wäre ein „Haus des Tanzes“ eine Idee. Aber ich will hier nicht spekulieren, sondern die Gespräche denen überlassen, die Verantwortung tragen.
Nun aber gratuliere ich Sasha Waltz & Guests sehr herzlich zur Ehrung durch den george tabori preis!
Vielen Dank!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem liebe Sasha Waltz, lieber Jochen Sandig, liebe Tänzerinnen und Tänzer,
meine letzte Begegnung mit der Arbeit von Sasha Waltz liegt nicht lange zurück und stand unter sehr besonderen Vorzeichen: Am 11. Februar haben wir nach 50 Jahren absoluter Abgeschlossenheit von der Weltgemeinschaft ein neues Goethe-Institut in Yangon, Myanmar, eröffnet. Einer der Höhepunkte des Kulturprogramms war ein Gastspiel von Sasha Waltz’ „Travelogue I – Twenty to eight”. Wir sind bewusst ein Wagnis eingegangen und wurden reich belohnt – die Geschichten aus einer Berliner WG haben im Publikum in Myanmar wahre Begeisterungsstürme ausgelöst. Auch wenn – oder gerade weil? – die Ästhetik, die Körperlichkeit des Tanzes und das Narrativ genau so gut aus einem anderen Universum hätten stammen können, gingen die größtenteils jungen Zuschauer mit dem Stück mit. Sie hat sie erreicht, sie bewegt. Sie haben Sasha Waltz’ Sprache verstanden und mit großer Emotionalität angenommen. Es kam – ganz ungewöhnlich für das Land – zu stehenden Ovationen.
So schlugen wir auch einen wunderbaren Bogen zu der langjährigen und ungemein fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen dem Goethe-Institut und Sasha Waltz. Das Stück entstand ganz in den Anfängen der Compagnie Sasha Waltz & Guests, die 1993 von Sasha Waltz und Jochen Sandig gegründet wurde, und deren Entwicklung das Goethe-Institut von Anfang an eng begleitet hat.
Dass eine Produktion der Freien Szene aus den 1990er Jahren noch heute im Ausland gespielt wird, konnte damals in der wilden Aufbruchzeit Berlins sicher niemand ahnen. Es zeigt aber bestens, mit welcher Konsequenz Sasha Waltz und ihre Compagnie ihren künstlerischen Weg verfolgt haben. Ihre Entwicklungen und Etappen spiegeln sich im heutigen 18 Produktionen umfassenden Repertoire.
Was mit der Travelogue-Trilogie begann, die den WG-Alltag in Tanz übersetzte und das Lebensgefühl einer Generation traf, fand mit dem weltweit gefeierten „Allee der Kosmonauten“ seine Erweiterung in soziale Themen.
Mit diesem Stück begann auch die Zeit an den Sophiensälen, die Jochen Sandig mit seinem kundigen Blick für besondere Räume entdeckte und die Sasha Waltz & Guests zusammen mit anderen Berliner Künstlern zum aufregendsten Spielort des „neuen Berlins“ machten. Mit den Sophiensälen beginnt Sasha Waltz sich in Berlin zu etablieren; sie sind Ausgangspunkt ihres Eroberungszugs durch die unterschiedlichsten Berliner Orte.
Im Jahr 2000 übernahm sie mit Thomas Ostermeier die Leitung der Schaubühne, 2006 kam schon wieder der nächste Aufbruch mit der nächsten Neugründung: Der Umzug ins Radialsystem als neuer Proben- und Aufführungsort, als neue Heimat für ihre Tänzerfamilie.
Die Auseinandersetzung mit Räumen ist für Sasha Waltz Inspiration und Antrieb und prägt ihre Choreographien. Der marode Charme der Sophiensäle, die fast sakrale Wucht der Schaubühne oder das am Wasser gelegene, Luft atmende Radialsystem haben in den Arbeiten der Compagnie ihre Spuren hinterlassen.
Doch spielen Räume in ihrer Arbeit nicht nur diese übergeordnete Rolle als Proben- und Heimatort. Mit der Reihe „Dialoge“ hat sie sich ganz bewusst auf eine choreographische Entdeckungsreise durch grandiose und historisch höchst aufgeladene Orte begeben: Daniel Libeskinds Jüdisches Museum, David Chipperfields Neues Museum, das MAXXI in Rom oder, wieder in Kooperation mit dem Goethe-Institut, ein verlassener Palast aus der Kolonialzeit im indischen Kalkutta.
Dialoge: Das bedeutet Neugier, Austausch, Reibung, Zusammenarbeit mit Musikern, Sängern, Bildenden Künstlern, Filmemachern und Architekten – eine kontinuierliche Überschreitung von Grenzen und eine ganz erstaunliche Weiterentwicklung des künstlerischen Spektrums. Herausgekommen sind dabei überraschende Arbeiten, die ich schon in meiner Zeit als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz hautnah erleben und begleiten konnte. Ihre Erkundung der mir so vertrauten Räume des Neuen Museums oder des Pergamonmuseums mit dem Pergamonaltar, den sie mit ihrer Arbeit an der Opernchoreographie „Medea“ in ein Tableau Vivante verwandelte, ließen mich beide Häuser auf einer völlig neuen Ebene wahrnehmen. Dieser Blick wird mir bleiben. Die Intensität und gleichzeitig die Sensibilität, aber auch die Bezüge zum Raum und seine Einbeziehung sind virtuos und neuartig, als hätte man ein „drittes Auge“.
Das große Netzwerk an Künstlern, das die Compagnie in den letzten 20 Jahren um sich geschart hat, das sind die Guests von Sasha Waltz & Guests. Was Sasha Waltz als Familien-Unternehmen mit ihrer Schwester Yoreme und ihrem Mann Jochen Sandig begann, ist im Grunde immer noch ein Familienunternehmen, nur dass die Familie größer geworden ist, und damit meine ich nicht nur die Kinder László und Sophia, die mittlerweile auch mit auf der Bühne stehen, sondern das ganze Team, das in den Jahren zusammengewachsen ist und die Schwierigkeiten und Herausforderungen, in der internationalen Tanzszene auf höchstem Niveau zu bestehen, gemeinsam meistert.
Und die Herausforderungen waren in den vergangenen 20 Jahren nicht gering. Sasha Waltz & Guests ist eine Geschichte des Wachstums, die parallel zur künstlerischen Entwicklung und Bedeutung verlief. So war es nur konsequent, nach den Aufbaujahren in den Sophiensälen das Angebot der Schaubühne anzunehmen, eröffneten sich dadurch nicht nur räumlich neue Perspektiven, sondern auch die Chance, sich in festen Strukturen und finanziell abgesichert künstlerisch weiterzuentwickeln. Als sich die Möglichkeiten nach fünf Jahren erschöpften, die Compagnie wieder unabhängig wurde und ins Radialsystem umzog, geschah das Erstaunliche: Die Projekte wurden nicht etwa wieder kleiner, sondern die Compagnie stellte in Koproduktion mit europäischen Häusern ihre erste freie Opernproduktion „Dido & Aeneas“ auf die Beine.
Man kann sich vorstellen, welcher Mut und welches Selbstvertrauen dazu gehören. Der Ansatz, die Oper vom Tanz her zu denken, war etwas gänzlich Neues. Und gleich ein Riesenerfolg: Der Dialog von alter Musik und zeitgenössischem Tanz in ihrer Interpretation von Henry Purcells Barock-Oper bleibt unvergessen. Erst im Januar dieses Jahres hat sie mit „Dido & Aeneas“ wieder Besucher des Sydney Festivals bezaubert; das Gastspiel wurde vom Goethe-Institut gefördert.
Sasha Waltz & Guests haben es von der Berliner Offszene zur absoluten Weltspitze geschafft. Die unbändige Energie, die unerschöpfliche Kreativität, die mitreißende Begeisterung mit der ständig neue, fantastische Produktionen und Vorhaben umgesetzt werden, beeindruckt mich zutiefst. Im August letzten Jahres widmete sie sich anlässlich des 100. Jubiläums von „Le Sacre du Printemps“ von Igor Strawinsky dieser wunderbaren Komposition. Ihre Interpretation feierte Premiere in Brüssel und wurde im Anschluss auch im Schillertheater in Berlin gezeigt. Erst kürzlich gab sie ihre aktuelle Operninszenierung in Berlin – den „Tannhäuser“ von Wagner. Und bis Februar hielt Sasha Waltz Einzug im Museum. Das ZKM in Karlsruhe zeigte ihr Gesamtwerk an der Schnittstelle zwischen Tanz und Skulptur.
Sasha Waltz & Guests ist eine Erfolgsgeschichte, auf die Berlin immer so stolz ist. Sie könnte es weiter sein. Nur haben die Verhandlungen im letzten Jahr mit dem Berliner Senat hinsichtlich der finanziellen Ressourcen zu einem nicht befriedigenden Ergebnis geführt. Nun wurden die festen Verträge der meisten Tänzer gekündigt und die Zukunft der Compagnie ist ein Stück weit ungewiss.
Kritische Stimmen bezeichnen Sasha Waltz als Opfer ihres eigenen Erfolgs – die Freie, die zur etablierten Kreativen wurde, die sich aber nie an ein Haus binden wollte. Für mich ist die Entwicklung der Compagnie von Sasha Waltz bemerkenswert, und wir müssen uns schon fragen, was mit unseren Strukturen nicht stimmt, wenn es nur noch ein Entweder/Oder gibt, wenn es außerhalb fester Häuser nicht möglich zu sein scheint, zu wachsen und ein hart erarbeitetes künstlerisches Niveau angemessen zu bewahren. Berlin hat mit Sasha Waltz viel gewonnen, denn hier gab es offensichtlich den nötigen kreativen Humus! Es hat aber auch viel zu verlieren, wenn es immer stärker in traditionell hoch formalisierten institutionellen Abläufen denkt.
Ich wünsche Sasha Waltz und ihrer großen Tanzfamilie, dass ihr Erfolg anhält. Und ich wünsche mir für Berlin, dass Sasha Waltz uns erhalten bleibt. Sie selbst will es auch. Sie ist hier groß geworden, sie hat hier Unterstützung bekommen. Sie erfährt Berlin als Energie spendende Inspiration. Es muss doch kreative Ansätze geben, den Tanz weiter zu denken und für eine Berliner Lösung offen zu halten. Das ist mein Appell an die Politik. Vielleicht wäre ein „Haus des Tanzes“ eine Idee. Aber ich will hier nicht spekulieren, sondern die Gespräche denen überlassen, die Verantwortung tragen.
Nun aber gratuliere ich Sasha Waltz & Guests sehr herzlich zur Ehrung durch den george tabori preis!
Vielen Dank!