Laudatio auf Leif Greinus und Sebastian Wolter, Preisträger des Förderpreises der Kurt Wolff Stiftung
Leif Greinus und Sebastian Wolter, Verleger des 2004 gegründeten Verlages Voland und Quist erhalten den Förderpreis der Kurt Wolff-Stiftung. Sie sind beide in den Dreißigern, einem Alter, in dem auch Klaus Wagenbach begonnen hat.
Sie vertreten eine sehr eigenwillige und unmittelbare Form der Literaturvermittlung, eine, die vielfältige Zugänge schafft und trotzdem dem Buch unverändert viel zutraut. Begonnen hat es mit Poetry Slams – Veranstaltungen, bei denen Autoren im Wettbewerb ihre Texte in Kurzauftritten vortragen und anschließend vom Publikum bewertet werden. Es sind z.T. erstaunliche Texte, originell, witzig, unverschämt, rührend, aufrichtig, eine ganz eigene Sprache.
Als Literaturveranstalter organisierten Greinus und Wolter in Leipzig und Dresden Literatur zunächst als Performance, als Slam, als Festival. Sie tun es auch heute noch. Sie kennen die Szene, sie können die Sprache und sie bewegen sich wie Fische im Wasser. Das Goethe-Institut hat bereits eine Reihe von Entdeckungen für Gastauftritte verpflichten können (z.B. Bas Böttcher).
Das Eine zog das Andere nach sich. Es gab Texte, die waren einfach so gut, dass sie über den Tag hinaus Bestand haben sollten. Die folge war die Gründung des Verlages Voland und Quist. Anthologien wie SLAM 2005, Chaussee der Enthusiasten oder Die Surfpoeten bildeten das erste unverwechselbare Verlagsprofil. Inzwischen sind sie über die Live Literatur hinaus gegangen. Aber einem Prinzip sind sie treu geblieben, es ist ihr Markenzeichen geworden: jedes Buch erscheint mit beigefügter CD oder DVD, auf denen die Autoren ihre eigenen Stücke lesen. Diese Verbindung von gesprochenem und gedrucktem Wort ist neu und dank der Besonderheit erfolgreich.
Die Publikumsnähe pflegen sie weniger über die üblichen Buchhandelskanäle als vielmehr über das Internet und Web 2.0. So bleiben sie nahe an ihren tatsächlichen und potentiellen Lesern.
Die Gestaltung ihrer Bücher betreiben sie mit viel handwerklicher Sorgfalt. Klaus Wagenbach würde sagen: Bücher muss man ordentlich machen. Das Design ist für sie wichtig, um ihre Bücher unverwechselbar und anziehend zu machen. Dabei finden sie ihre Vorbilder eher in der Clubszene als beim klassischen Buchdesign.
Seit 2006 verlegen sie in einer eigenen Reihe „Sonar“ südosteuropäische Literatur. Der Erstling „Ausfahrt Zagreb-Süd“ des Kultautors Edo Popovic hat es inzwischen zum Bestseller geschafft.
Greinus und Wolter veröffentlichen mit einem sicheren Gespür junge, zeitgemäße Literatur. Dem Verlag kann man eine gute Zukunft vorhersagen, denn er verfügt über ein hohes Potential. Da ist zum einen ein klares Qualitätsbewußtsein innerhalb der Szene, die Entwicklung ungewöhnlicher Produktprofile, die kreative Nähe zu neuen Medien und zu Nutzergruppen in sozialen Netzwerken des Internet und die intellektuellen Stärken seiner Inhaber, die virtuos mit den Spielarten der Literatur umgehen können.
Wer als Verlagsname den Teufel Voland aus Michail Bulgakows „Der Meister und Margarita“ und den Friedensstifter Quist aus Harry Mulischs „Die Entdeckung des Himmels“ wählt, von dem ist noch viel zu erwarten.
Dresden hat einen experimentierfreudigen, quirligen und beweglichen Verlag gewonnen, der ausstrahlt. Dass er sich künftig mit dem Namen Kurt Wolff schmücken kann, ist nur legitim. Er steht für die Vielfalt und Unabhängigkeit des Verlagswesens und die ausgewiesene Expertise seiner Verleger.
Herzlichen Glückwunsch
Klaus-Dieter Lehmann