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Belarus
Ausstellung „Movaland“ von Slavs and Tatars

Ein Ort des Zusammenkommens: „PrayWay" von Slavs und Tatars (2012) l Foto: Bernard Kahrmann
Ein Ort des Zusammenkommens: „PrayWay" von Slavs und Tatars (2012) | Foto: Bernard Kahrmann

Das international bekannte Künstlerkollektiv Slavs and Tatars zeigt mit „Movaland“ seine erste Einzelausstellung in Belarus. Auf Einladung des Goethe-Instituts beleuchtet die Gruppe in der Minsker Galerie Y für zeitgenössische Kunst ab dem 22. Februar 2019 die historisch gewachsene Vielfalt von Sprachen, Kulturen und Identitäten – Fragen, die in Belarus aufgrund der vorherrschenden Mehrsprachigkeit und der aktuellen (geo-) politischen Lage kontrovers diskutiert werden.
 
Minsk
22. Februar bis 21. April 2019

Slavs and Tatars - gegründet von Kasia Korczak und Payam Sharifi - beschreiben sich selbst als eurasisches Künstlerkollektiv, wobei „Eurasien“ in durchaus ironischer Mehrdeutigkeit als Territorium zwischen „Berliner und Chinesischer Mauer“ verortet wird. Die Gruppe beleuchtet seit 2006 in ihren Arbeiten vergessene Momente der multiethnischen und (post-)sowjetischen Kulturgeschichte. Ihr besonderes Augenmerk liegt auf den Beziehungsgeflechten zwischen Religion, Macht, Sprache und Identitäten. Umfangreiche wissenschaftliche Recherchen, Forschungsreisen und Archive von mündlich überliefertem Wissen sind der Ausgangspunkt ihrer Arbeit. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse übersetzen die Künstlerinnen und Künstler in Skulpturen, Installationen, Bilder oder „Lecture Performances“ – meist begleitet von umfangreichen Publikationen.
 
Nach Einzelausstellungen unter anderem im New Yorker Museum of Modern Art, der Wiener Secession, dem Centre Pompidou sowie der Beteiligung an diversen Biennalen präsentieren Slavs and Tatars ihre Arbeiten auf Einladung des Goethe-Instituts und der unabhängigen Kunsthalle Galerie Y nun vom 22. Februar bis zum 21. April 2019 erstmals in Belarus, wo sie bislang kaum bekannt sind.

Vielstimmiger Prinzenspiegel

Unter dem Titel „Movaland“ zeigt das Kollektiv in Minsk Arbeiten, die sich mit Fragen kultureller und sprachlicher Identität auseinandersetzen. Dabei geht es insbesondere um das Potenzial und die Instrumentalisierung von Sprache. Diese Themen werden in der gegenwärtigen belarussischen Gesellschaft kontrovers diskutiert, da sich Belarus über 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer in einem staatlich verordneten „Diskurs-Vakuum“ befindet. Der Staat ist politisch und kulturell eng an den Nachbarstaat Russland gebunden. Gleichzeitig sind Mehrsprachigkeit und vielfältige Identitäten für den geografischen Raum charakteristisch, der seit Anfang des 20. Jahrhunderts als Belarus bekannt ist. Insofern kommt der Sprache, belarussisch „Mova“, eine Schlüsselfunktion im Ringen um die eigene Identität zu.
 
Auf das Ringen um die eigene Sprache geht die Werkreihe „Love Me Love Me Not“ von Slavs and Tatars ein. Die Serie gerahmter Spiegel mit eingravierten Pfeildiagrammen thematisiert die Umbenennung geografischer Namen weltweit, die mit bestimmten politischen Ereignissen wie dem Wechsel einer Regierung oder Ideologie einhergegangen sind. So wurde beispielsweise der tatarische Name der belarussischen Stadt Kojdanawa 1932 durch Dserschinsk ersetzt. 
 
Die Soundinstallation „Lector“ beruht auf einem sogenannten Prinzenspiegel mit dem Titel „Kutadgu Bilig“ (Weisheit Königlicher Ehre). Diese Prinzen- oder Fürstenspiegel waren Schriften, mit denen Herrschende an moralische Pflichten und Grundsätze erinnert wurden. Gelesen im uigurischen Original, übersetzen Slavs und Tartars das Buch mittels „Voice-over“ in verschiedene Sprachen. Simultan abgespielt ergibt sich daraus eine mitunter irritierende Vielstimmigkeit.

Diskussionen auf sozialen Möbeln

Das Zentrum der Ausstellung bildet die Installation „PrayWay“ (2012): ein Hybrid zwischen Rahlé, einem traditionellen klappbaren hölzernen Pult für heilige Schriften, und Takht (wörtlich: Flussbett), den meist mit Teppichen versehenen Sitzbereichen in Teestuben. Als soziales Möbelstück, auf dem die Besucher Platz nehmen können, wird „PrayWay“ zum Treffpunkt für Veranstaltungen, Performances und Diskussionen, die während der Ausstellung stattfinden.

So untersucht der Künstler Payman Sharifi beispielsweise in einer „Lecture performance“ das Potenzial der Transkription als politische Strategie zur Vertiefung von identitätspolitischen, kolonialen und religiösen Auffassungen. Gemeinsam mit dem European College of Liberal Arts führt das Kollektiv außerdem eine Vortragsreihe zu den Themen Kulturtransfer und Übersetzung durch. Zudem sind Begegnungen mit lokalen Minderheiten wie den Tataren in Minsk sowie Exkursionen und Führungen geplant.
 
An der Ausstellung mitgewirkt haben auch vier junge belarussische Künstlerinnen und Künstler, die seit Herbst 2018 als Residenten in dem Berliner Atelier des Künstlerkollektivs wohnen und arbeiten. Die Idee der Residenz entstand während der Recherchen des Künstlerkollektivs mit Unterstützung des Goethe-Instituts. Die Gast-Künstlerinnen und -Künstler beteiligen sich nicht nur an der Minsker Ausstellung, sondern entwickeln auch eigene Arbeiten, die ab Juni 2019 in der Berliner Galerie Aperto präsentiert werden.
 
Die Ausstellung „Movaland“ von Slavs und Tatars ist ein Projekt der Galerie Y für zeitgenössische Kunst und des Goethe-Instituts mit freundlicher Unterstützung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen).

Kontakt

Hannah Cuvalo
Pressereferentin
Goethe-Institut Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906-471
Hannah.cuvalo@goethe.de
 
Jakob Racek
Institutsleiter Belarus
Goethe-Institut e.V.
Tel.: +375 17 2377119
Jakob.Racek@goethe.de

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