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Deutschland
Goethe-Medaille 2023 geht an Gaga Chkheidze, Yi-Wei Keng und die OFF-Biennale

Goethe-Medaille 2023
© Maik Schuck

Die diesjährige Goethe-Medaille ehrt den Filmmanager Gaga Chkheidze aus Georgien, den Kurator und Dramaturg Yi-Wei Keng aus Taiwan und das Kuratorinnenkollektiv der OFF-Biennale aus Ungarn. Das offizielle Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland wird Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise für den weltweiten Kulturaustausch oder die Vermittlung der deutschen Sprache einsetzen. Die Goethe-Institute im Ausland schlagen die Kandidat*innen aufgrund ihrer hohen kulturpolitischen Bedeutung und ihres herausragenden künstlerischen Schaffens vor; die Auswahl der Preisträger*innen trifft eine Fachjury. Verliehen wird die Goethe-Medaille durch die Präsidentin des Goethe-Instituts Carola Lentz im Rahmen eines Festakts am 28. August in Weimar.

Weimar
28. August 2023

Carola Lentz, Präsidentin des Goethe-Instituts, betont anlässlich der Bekanntgabe der diesjährigen Preisträger*innen der Goethe-Medaille: „Kulturschaffende und zivilgesellschaftliche Akteure sind weltweit zunehmend von Zensur, Repressionen, Verfolgung und Krieg betroffen. Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger sind inspirierende Ermöglicher und Vermittler und schaffen Orte der Begegnung und der Perspektivenvielfalt. Sie leisten einen bedeutenden Beitrag für kulturelle Verständigung, für globalen Austausch und für Meinungs- und Kunstfreiheit. Gaga Chkheidze hat maßgeblich zur Entwicklung und Internationalisierung der georgischen Filmszene beigetragen und sich intensiv für die Anbindung Georgiens an europäische und internationale Programme eingesetzt. Yi-Wei Keng ist einer der wichtigsten Impulsgeber für Kulturaustausch in Taiwan, insbesondere auch für die Vernetzung mit der deutschen Theaterszene. Die OFF-Biennale ist die größte unabhängige Veranstaltung für zeitgenössische Kunst in Ungarn und reflektiert aktuelle soziale, politische und ökologische Themen mit künstlerischen Mitteln. Dabei arbeitet sie explizit ohne staatliche Förderung. Mit der Goethe-Medaille hoffen wir, die Arbeit dieser exzellenten Persönlichkeiten und Gruppen in ihrem kulturellen Kontext zu stärken.“

Die Kommission zur Verleihung der Goethe-Medaille unter dem Vorsitz von Thomas Oberender begründet die Auswahl der Preisträger*innen wie folgt:

Gaga Chkheidze ist ein international anerkannter Filmmanager aus Georgien. Das von ihm gegründete Tbilissi International Filmfestival wurde unter seiner Leitung zu einem zentralen Schauplatz für die aktuelle georgische und internationale Film- und Kinoindustrie und zu einem wichtigen Treffpunkt für Filmemacher*innen, Produzent*innen und Verleiher*innen im Südkaukasus. Gaga Chkheidzes Engagement im Bereich des Films ist ausschlaggebend für die Anbindung Georgiens an europäische und internationale Institutionen und Programme, Filmmärkte und Festivals, sowie für die Öffnung Georgiens für internationale Koproduktionen. Auch nach Deutschland pflegt Gaga Chkheidze enge Arbeitsbeziehungen und schafft wichtige kulturelle Brücken zwischen beiden Ländern. Als Leiter des Georgischen Nationalen Filmzentrums hat er sich für die Digitalisierung und Restaurierung der georgischen Filme eingesetzt, die während der sowjetischen Zeit produziert wurden. Damit hat er einen entscheidenden Beitrag für die Bewahrung des georgischen Filmerbes geleistet.

Yi-Wei Keng trägt als Kurator, Dramaturg und Übersetzer primär im Bereich der Darstellenden Künste zu einem lebhaften Kulturaustausch in Taiwan bei. In die taiwanische Theaterszene hat er wichtige Impulse eingebracht, unter anderem in den Bereichen experimentelles Theater, Kindertheater und Theater für Menschen mit Behinderung. Unter seiner Leitung wurde das Taipei Arts Festival zum wichtigsten Festival für performative Künste in Taiwan mit Gastspielen und Koproduktionen unter anderem aus Europa, den USA und Japan. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt seiner Arbeit auf der Förderung deutscher Theaterproduktionen. So hat Yi-Wei Keng bereits Inszenierungen des Deutschen Theaters Berlin, der Gruppe Rimini Protokoll oder von Raumlabor Berlin nach Taiwan geholt. Auch setzt er sich kontinuierlich dafür ein, Theaterschaffenden und Studierenden der Theaterwissenschaften in Taiwan durch Übersetzungen ausländischer Grundlagentexte in chinesische Langzeichen Zugang zu neuen Perspektiven zu eröffnen. Auf seine Anregung hin und mit seiner Unterstützung wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl zeitgenössischer Theaterstücke und Publikationen aus Deutschland, wie „Postdramatisches Theater“ von Hans-Thies Lehmann, übersetzt.

Die OFF-Biennale Budapest ist die größte Veranstaltung für zeitgenössische Kunst in Ungarn. Das sechsköpfige Kuratorinnenkollektiv, das ausschließlich aus Frauen besteht, bringt zeitgenössische Kunst mit der Zivilgesellschaft zusammen und initiiert einen öffentlichen Diskurs über aktuelle gesellschaftspolitische und ökologische Themen. Im Fokus stehen Themen wie die Klimakrise, die Situation der Minderheiten in Ungarn und die Möglichkeiten gemeinschaftlichen Handelns. Dabei laden die Kuratorinnen nicht nur zentrale Positionen unter anderem aus Deutschland in die ungarische Debatte ein, sondern machen ungarische und osteuropäische Perspektiven auch in Deutschland und darüber hinaus zugänglich, wie zuletzt bei der documenta fifteen. Die OFF-Biennale stärkt mit ihren Aktivitäten insbesondere die unabhängige Kunstszene in Ungarn. Sie hält bewusst Distanz zu einer nationalstaatlichen Kulturpolitik und arbeitet daher ohne staatliche Fördermittel und ohne Partnerschaften mit staatlichen Kunstinstitutionen. Dies betrachtet die OFF-Biennale als ein starkes politisches Statement und zugleich als praktische Grundlage für den Schutz der Freiheit des künstlerischen Ausdrucks und der beruflichen Integrität ihrer Programme.

Über die Preisträger*innen

Gaga Chkheidze (Georgien)
Gaga Chkheidze wurde 1957 in Georgien geboren. Nach dem Studium der Germanistik an der Staatlichen Universität Tiflis machte Gaga Chkheidze seinen Abschluss an der Fakultät für Literatur und Kunst der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. In den 1980er-Jahren arbeitete er als Direktor der deutschen Schule in Tbilissi und unterrichtete deutsche Literatur an der Ilia Universität. 1988 organisierte er im Berliner Kino Arsenal eine georgische Filmretrospektive; dafür schmuggelte er sogar Filme mit seinem Auto über die sowjetische Grenze. In den 1990er Jahren arbeitete er als Übersetzer und Programmkoordinator für das Forum des Jungen Films (Internationale Filmfestspiele Berlin) und das Kino Arsenal (Berlin). Im Jahr 2000 gründete Gaga Chkheidze das Tbilissi International Filmfestival in Georgien, um dem georgischen Publikum Filme vorzustellen, die in Georgien selbst und weltweit entstanden sind, und um die Entwicklung der georgischen Filmindustrie zu fördern. Das mittlerweile international bekannte Festival feiert dieses Jahr sein 23-jähriges Bestehen. Von 2005 bis 2022 war Gaga Chkheidze Vorstandsmitglied im Georgian Film Fund; von 2005 bis 2008 und von 2019 bis 2022 war er Direktor des Georgischen Nationalen Filmzentrums. Nachdem sich Gaga Chkheidze in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine kritisch gegenüber Russland geäußert und eine Solidaritätserklärung zur Ukraine veröffentlicht hatte, wurde er im März 2022 als Leiter des Nationalen Filmzentrums Georgien entlassen. Die Entscheidung der Kulturministerin wurde mit einer Klage angefochten.

Yi-Wei Keng (Taiwan)
Yi-Wei Keng, geboren 1969 in Taiwan, ging nach einem Studium der Philosophie von 1997 bis 1999 nach Prag, um nonverbales Theater zu studieren. 1999 kehrte er nach Taiwan zurück und begann neben seiner Tätigkeit als Autor mit der Theaterarbeit. 2012 wurde er künstlerischer Leiter des Taipei Arts Festivals. Sein Konzept „Axis Taipei & International Collaboration" trug dazu bei, Taipei als kreatives Zentrum zu verankern, die neuesten Trends im internationalen Theater vorzustellen und dem Festivalpublikum kreative Werke aus aller Welt zu präsentieren. Der Schwerpunkt seiner künstlerischen Arbeit lag und liegt dabei insbesondere auf der Förderung von deutsch-taiwanischen Kulturprojekten. Seit 2018 ist Yi-Wei Keng außerdem Dramaturg am National Kaohsiung Center for the Arts im Süden Taiwans, einem der drei wichtigsten Theaterhäuser im Land. Für 2023 hat er die Berliner Schaubühne mit ihrer Inszenierung „Im Herzen der Gewalt“ eingeladen. Zugleich wirkt er als Co-Kurator am Tanzfestival „Want to Dance“ in Taipei mit. Ab 2023 ist er für das Tainan Arts Festival im Süden von Taiwan zuständig und ermöglicht dadurch auch jenseits der Hauptstadt einen Zugang zu deutschen und internationalen Kulturinhalten. Für seine bisherige Tätigkeit bekam Yi-Wei Keng unter anderem 2017 die Freundschaftsmedaille des Deutschen Instituts Taipei und im Jahr 2019 den Ordre des Arts et des Lettres von Frankreich.

OFF-Biennale Budapest, in Weimar vertreten durch Hajnalka Somogyi und Nikolett Erőss (Ungarn)
Die OFF-Biennale Budapest startete 2014 als „Garagen-Biennale“, um eine Plattform für Kunstschaffende im Austausch mit der Zivilgesellschaft zu schaffen. Bereits in ihrem ersten Jahr zog die Kunstschau viel internationale Aufmerksamkeit auf sich. Mit bislang drei Ausgaben (2015, 2017 und 2021) hat sie sich mittlerweile zu einer international stark beachteten Veranstaltung entwickelt. Das Kollektiv hinter der OFF-Biennale besteht aus insgesamt sechs Kuratorinnen: Nikolett Erőss, Eszter Lázár, Hajnalka Somogyi, Eszter Szakács, Borbála Szalai und Katalin Székely.

Nikolett Erőss, Leiterin und Co-Kuratorin der OFF-Biennale, arbeitet als Kuratorin sowie Herausgeberin und leitet die städtische Budapest Gallery. Davor war sie Co-Kuratorin der C3 Gallery, koordinierte Medienkunstprojekte bei der C3 Cultural and Communication Centre Foundation, war Direktorin der Trafó Galerie und Kuratorin am Ludwig Museum in Budapest. Hajnalka Somogyi ist Initiatorin, Leiterin und Co-Kuratorin der OFF-Biennale. Sie absolvierte 2009 einen Masterstudiengang am Bard College, New York, arbeitete unter anderem als Kuratorin am Budapester Ludwig-Museum, gründete die unabhängigen Kunstinitiativen Dinamo und Impex und lehrt derzeit als Professorin an der Metropolitan University Budapest. Als erste Ungarin wurde sie 2020 unter die „Power 100 – die einflussreichsten Personen in der zeitgenössischen Kunstwelt“ des Kunstmagazins ArtReview gewählt.

Das künstlerische und diskursive Rahmenprogramm zur Goethe-Medaille in Weimar entsteht in Zusammenarbeit mit dem Kunstfest Weimar.

Über die Goethe-Medaille

Seit 1955 verleiht das Goethe-Institut einmal im Jahr die Goethe-Medaille als offizielles Ehrenzeichen der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist der wichtigste Preis der auswärtigen Kulturpolitik. Die Kandidat*innen werden von den Goethe-Instituten in aller Welt in Abstimmung mit den deutschen Auslandsvertretungen nominiert. Aus diesen Vorschlägen entwickelt die Kommission zur Verleihung der Goethe-Medaille, die sich aus Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kunst und Kultur zusammensetzt, eine Auswahl, die das Präsidium des Goethe-Instituts bestätigt. Die Verleihung der Goethe-Medaille macht dem Publikum in Deutschland weltweit relevante kulturelle Themen und Akteur*innen bekannt und unterstützt die Internationalisierung der deutschen Kulturlandschaft. Die Verleihung findet am 28. August, dem Geburtstag Goethes statt. Seit der ersten Verleihung 1955 wurden insgesamt 375 Persönlichkeiten aus 70 Ländern geehrt, darunter Dogan Akhanlı, Juri Andruchowytsch, Daniel Barenboim, David Cornwell alias John le Carré, Princess Marilyn Douala Manga Bell, Sofia Gubaidulina, Ágnes Heller, Wen Hui, Neil MacGregor, Petros Markaris, Ariane Mnouchkine, Tali Nates, Shirin Neshat, Sandbox Collective (Nimi Ravindran und Shiva Pathak), Irina Scherbakowa, Jorge Semprún, Yoko Tawada, Zukiswa Wanner, Robert Wilson und Helen Wolff.

Die Kommission zur Verleihung der Goethe-Medaille

Franziska Augstein (Journalistin), Meret Forster (Redaktionsleiterin Musik, BR-Klassik), Olga Grjasnowa (Schriftstellerin), Matthias Lilienthal (Dramaturg und Intendant), Moritz Müller-Wirth (Journalist, Die Zeit), Cristina Nord (Berlinale Forum, Sektionsleiterin Berlin), Thomas Oberender (Vertreter des Präsidiums und Vorsitzender der Kommission, Autor und Kurator), Insa Wilke (Literaturkritikerin); in Vertretung des Auswärtigen Amtes: Ralf Beste (Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation); in Vertretung des Goethe-Instituts: Carola Lentz (Präsidentin des Goethe-Instituts) und Johannes Ebert (Generalsekretär des Goethe-Instituts).

Kontakt

Annika Goretzki
Stellv. Pressesprecherin
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 89 15921894
annika.goretzki@goethe.de

Leonard Pelz
Projektreferent
Goethe-Institut
Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906442
leonard.pelz@goethe.de

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