Wie lässt sich die Flüchtigkeit, Widersprüchlichkeit, Vagheit, Ungeheuerlichkeit einer Erfahrung zum Ausdruck bringen? Autor*innen aus aller Welt versuchen es in diesen Clips: mit den Mitteln der Poesie.
Christine Godinez Ortega, Iligan City Warum der Sultan im Kokosnussland nicht starb
Der Sultan eines Landes, in dem Milch und Honig flossen, konnte mit den Vögeln sprechen und die Zukunft voraussagen. Er hatte eine wunderbare Frau, wurde von allen Untertanen geliebt. Eines Nachts hatte er einen Traum, der sein Leben veränderte. Er begegnete seinem Vorgänger, der genauso glücklich war wie er, aber spurlos verschwand…
Gaye Boralıoğlu, Istanbul Der Schokoladenbaum
Als Kind war Gaye Boralıoğlu begierig auf Schokolade. Um sich einen unerschöpflichen Vorrat an Schkolade und Gold zu verschaffen, kam sie auf eine ungewöhnliche Idee – hatte aber nicht mit dem Einfallsreichtum ihrer Mutter gerechnet.
Véronique Tadjo, London Konfrontiert mit der Macht des Todes kann die Poesie Trost spenden
Véronique Tadjo liest ein Kapitel aus ihrem Roman „The Whispering Tree“, der von der Ebola-Epidemie in Westafrika im Jahre 2014. Ein junger Mann, dessen Verlobte sich mit dem Ebola-Virus infiziert hat, erinnert sich an ihre gemeinsame Liebe für Gedichte als den einzigen Weg, seine Liebe zu ihr auszudrücken.
Jacek Dehnel, Warschau Claudius Rex Daniae
Claudius erinnert sich an seinen Bruder, den Vater Hamlets. Sein prächtiges Aussehen, das ihm die Sympathien seiner Untertanen einbrachte, besonders der Frauen. Er erinnert sich auch an die Kriege, durch die der Dänenkönig immense Macht gewann. Und schließlich erinnert er sich an Hamlet, den „arroganten Dandy“. Was hat ihn, Claudius, eigentlich daran gehindert, Hamlet zu töten?
Itamar Vieira Junior, Salvador (Bahia) Almas Weg
Wenig ist bekannt über Alma, die im 18. Jahrhundert eine Gemeinde gegründet hat, in der heute 900 Familien leben. Alma war eine ehemalige Sklavin. Sie ging 400 Kilometer zu Fuß aus der Hauptstadt. Welche Erfahrungen sie auf ihrem Weg machte, welche Gedanken sie beschäftigten, was sie antrieb, imaginiert Itamar Vieira Junior.
Igiaba Scego, Rom Eine kurzlebige Utopie
Eindrücke von einer Straße in Rom, die sich völlig von den anderen unterscheidet. Menschen, die nicht hinter materiellen Dingen her sind, die ihren Geschichten in ihren Gedanken folgen und eine Farbe wahrnehmen, die immer wieder zurückkommt ...
Sofi Oksanen, Helsinki Wo eine bessere Zukunft entworfen wurde
Sofi Oksanen erzählt von einem Ort, an dem zu Zeiten der Sowjetunion – unbeobachtet vom Staat – ein freier Gedankenaustausch gedeihen konnte. Ein Ort, an dem jahrzehntelang Träume und Hoffnungen bewahrt wurden und seit Generationen eine einzigartige Kunst gepflegt wird ...
Shamin Chibba, Johannesburg Vali
Shamin Chibba erzählt die Lebensgeschichte seiner Großmutter. Dabei fließen Gegenwart und Vergangenheit ineinander: Erinnerungen an ein hartes Leben, an politische Ereignisse in Indien, Schicksalsschläge genau wie Alltagserlebnisse… Momente eines Lebens.
Jeaninne Masika Harrysson, Göteborg Nimm meine Geschichte!
Gegen die Angst und das Gefühl der Einsamkeit, das sich in diesen Zeiten einschleicht, handeln die Worte in diesem poetischen Text, der mit den Zeilen schließt: „… so entsteht Liebe“.
Bae Suah, Seoul/ Rabat Wie Panther in leeren Straßen
Bae Suah hat ein Schreibstipendium in Marokko. Doch ihr Aufenthalt nahm unerwartete Formen führte zu neuen Eindrücken – und zum Anblick von Katzen, die wie Panther durch leere Straßen streifen, mit Gesichtern, die wirken, als seien sie verkleidete Propheten.
Pavlina Marvin, Athen Ein Mantel mit all seinen Blumen
Pavlina Marvin erzählt von Irini, einer Freundin, die ihr in Studienzeiten einen geblümten Mantel geschenkt hat, den sie bis heute trägt und auf dem noch alle Blumen vorhanden sind. Als sich die beiden jüngst in Athen treffen wollten, kam Irini nicht – sie kümmerte sich um einen Inder, der aufgrund der Pandemie seinen Job verloren hatte und so in große Not geriet.
Steinunn Sigurðadottir, Reykjavík Ein Geschenk des Großvaters
Die Geschichte von Steinunn Sigurðadottir beginnt am Fuße von Europas größtem Gletscher Vatnajökull. Im Jahre 1910 wurde dort eine Magd schwanger – vom Hausherren, weshalb sie, wie es leider üblich war, den Hof verlassen musste. Sie ging nach Reykjavík, zu Fuß, was damals 7 Tage lang dauerte.
So beginnt eine Reise durch die Jahrzehnte, an deren Ende Steinunns Lebensgeschichte anfängt. Und eine Geste der Großzügigkeit und Herzensgüte offenbart wird.
Aris Fioretos, Stockholm Ein fliegender Teppich
In wessen Stimme schreiben Autorinnen und Autoren? Was bedeuten die Worte? Was heißt es, als Schreibender eine „eigene Stimme“ zu haben? Aris Fioretos, Sohn einer österreichischen Mutter und eines griechischen Vaters, aufgewachsen in Schweden, erzählt, wie er seine Stimme fand – während er seine Stimme von seinem Bild abspaltet.
Lapdiang A. Syiem, Shillong Liebe Mama!
Von ihrer Wohnung aus blickt die Erzählerin auf einen Fluss, einen Friedhof – und eine Straße zwischen beiden; gewissermaßen zwischen Leben und Tod. Sie erzählt von ihrer Mutter, erinnert sich an deren göttinnengleichen Fähigkeiten, an ihre Marotten. Und wendet sich da an ihre „Liebe Mei!“ – ihre „Liebe Mutter“ – um ihr eine Botschaft zwischen Leben und Tod zu senden.
Gamel Apalayine, Accra Erklimme jeden Berg
Als David 7 Jahre alt ist, sieht er im Fernsehen eine Szene aus dem Hollywood-Klassiker „The Sound of Music“: Eine Nonne singt das Lied „Climb every mountain“, das David von da an begleitet und ihm an einem wichtigen Punkt seines Lebens die Kraft gibt, eine schwierige Entscheidung zu treffen.
Michal Hvorecký, Bratislava Haben Sie Bücher meines Großvaters?
Der Schriftsteller und Übersetzer Michal Hvorecký arbeitet in einer Bibliothek in Bratislava, in die eines Tages ein Herr kam und sich als Enkel eines weltbekannten Schriftstellers ausgab. Diese Begegnung sollte Folgen haben.
Ilija Trojanow, Stuttgart Wer wird denn dann die kleinere Packung kaufen?
Unterwegs in den Fußstapfen des „Weltensammlers“ Richard Burton im heute von uns so genannten „Tansania“, kam Ilija Trojanow auf einen Markt, wo ihm eine alte Frau einen kostbaren Gedanken schenkte.
Sachiko Hara, Zürich Ich komme aus Hiroshima
Im Jahre 1968 besucht ein Überlebender des Atombombenabwurfs mit einer Delegation die deutsche Stadt Hannover. An einer Bushaltestelle kommt es zu einem Gespräch mit einem Mann, der die ausgestreckte Hand zurückzieht, als er hört, woher der Besucher kommt – aus Angst vor radioaktiver Strahlung.
Als das der Bürgermeister von Hannover erfährt, ergreift er die Initiative…