Romane und Erzählungen
Teresa Constanza Rodríguez Roca
Von Teresa Constanza Rodríguez Roca
Teresa Constanza Rodríguez Roca wurde in Santa Cruz de la Sierra geboren. Sie ist Professorin für Sprachen (Englisch und Spanisch) und hat ein Diplom für Malerei und Fotografie. Sie hat in Deutschland, Österreich, dem Nahen Osten, Afrika, Nord- und Südamerika gelebt. Ihre Erzählungen finden sich in Literaturzeitschriften und –beilagen verschiedener Länder. Außerdem sind sie in verschiedenen nationalen und ausländischen Anthologien vertreten. Sie hat zwei Bücher mit Kurzgeschichten und Minifiktionen veröffentlicht, erhielt den Nationalpreis in der Kategorie Erzählung „Bartolomé Arzáns de Orsúa y Vela“ und war in der Endausscheidung für den nationalen Erzählwettbewerb „Adela Zamudio“ (Bolivien).
Hast du eine Theorie des Erzählens und im Besonderen der Kurz- und Kürzestgeschichten?
Es sind zahlreiche Autoren, die die Gattung der Erzählung erforscht haben. Wir haben unter ihnen E.A.Poe, Guy de Maupassant, Juan Bosch, E. Anderson Imbert, Lauro Zavala, Guillermo Samperio, Julio Cortázar, Violeta Rojo, Espido Freire.
Seit den Anfängen des vergangenen Jahrhunderts gab Julio Torri, mexikanischer Schriftsteller, seine kurzen Erzählungen bekannt, wurde der Text mit kurzer Ausdehnung geboren, der viele Namen erhalten hat, unter ihnen: Mikrofiktion, Mini-Erzählung, Kurzgeschichte, Blitz-, Adhoc, Spontanfiktion…, deren Ziel die Einladung zum Denken, zur Störung, zur Beunruhigung ist, den Leser zur Teilnahme an der Handlung einer anderen Welt anzustiften.
Die Mikrofiktion ist eine Minimalgeschichte, die dazu neigt, eine höhere Bedeutung zu haben; eine gute Mini-Geschichte bleibt nicht auf dem Papier, durchdringt ihre Bedeutung und geht viel weiter, als der Autor mitteilen will. Diese Form ist keine Zusammenfassung der Geschichte, auch keine Anekdote oder Stimmengewirr; sie besteht aus ca. 7 bis 200 oder 300 Worten, erfreut sich an einer genauen Sprache und bedient sich der Auslassung, um eine überraschende Geschichte zu erzählen.
Es ist sehr wichtig, sehr sorgfältig auszuwählen, was man erzählt und was nicht, die richtigen Worte zu finden, die die Bilder und Handlungen mit Klarheit erzeugen. Der Schriftsteller der Mini-Erzählung fordert vom Leser eine weit größere Intervention als für eine traditionelle Erzählung., er wird zum aktiven Teilnehmer seines Werks, „er provoziert seine Vorstellung, wie es Lauro Zavala nennt, mit subtilen Anregungen, er bietet ihm Alternativen an und deutet Möglichkeiten an…“Gelegentlich ist es nützlich, die Aufmerksamkeit des Lesers abzulenken, in dem man ihn glauben macht, mittels eines diskreten Satzes, dass die Tatsache eine andere ist. Das nennt Guillermo Samperio den „Verleumder“, ein Erzählverlauf, der ein wichtiger Teil des Spannungsaufbaus ist, die wiederum wesentlich ist, das Interesse des Lesers lebendig aufrechtzuerhalten bis zum Ende der Geschichte.
Um eine Mini-Erzählung zu schreiben, ist es zunächst der Moment, in dem das Thema geboren wird, danach die Figuren, das Wort und die Handlung in der Umgebung und seine Atmosphäre; die Spannung und der Eindruck zusammen mit dem Titel. Letztendlich durchdringt die literarische Symphonie ihre eigenen Grenzen…
Wie könntest du deine Arbeitserfahrung als Geschichtenerzählerin zusammenfassen?
In dem Moment des Schaffens verbinde ich mich mit den tiefsten Räumen meines Inneren; ich lasse mich auf die Suche nach mir selbst ein. Schreiben bedeutet für mich einen Versuch, Antworten auf meine Unruhe zu erhalten. Zuweilen kommen die Antworten nie an, aber die Mühe lohnt sich, es zu entdecken…
Ich habe mich auf die Kurzgeschichte und die Mikroerzählung spezialisiert. Wenn ich einer Symphonie zuhöre oder ein Kunstwerk bewundere, denke ich an eine Geschichte; die Klangnuancen, die Intensität des crescendo, die Weichheit des piano, des pianísimo, drücken sich ebenfalls in der Erzählweise aus. Das Gleichgewicht der Farben, das Wechselspiel von Schwarz und Weiß, selbst die Komposition eines Bildes liegen einer guten Geschichte zugrunde. Ich denke, dass die Strukturierung der Musik und der Malerei Parallelen ziehen mit dem literarischen Schreiben.
Um eine starke Unmittelbarkeit mit dem Leser zu erreichen, suche ich die Klarheit in der Sprache, in dem ich einfache und lebendige Wörter benutze, die aber auch ziseliert, nüchtern und treffsicher sind. Ich achte beim Schaffensprozess besonders auf den nachfolgenden Aufbau der Erzählung, wo das gewählte Thema, die Figuren, die Umgebung, die Atmosphäre, die Handlung und die Spannung gegeben sind, letzterer, der sich im Laufe der Erzählung durchsetzt bis zum abschließenden Höhepunkt und in dem Unerwarteten endet, in der Öffnung des Kleinen zum Großen.
Welche Erwartungen hast du an deine Arbeit als Schriftstellerin?
Der Traum fast jedes Schriftstellers ist es, viele Leser zu erreichen, In diesem Moment bestehen mehr Möglichkeiten, veröffentlicht zu werden und dass das Werk ein weites Publikum erreicht, denn zuletzt sind analoge und digitale Verlage entstanden, die bis zum Nicht-Veröffentlichbaren publizieren im Hinblick auf die literarische Qualität.
Meine Erwartungen sind qualitativer Art. Ich versuche das Beste zu schreiben, das ich kann auf der Grundlage der zugespitzten Beobachtung der menschlichen Natur. Denn das ist es, was mich interessiert, wenn ich die Themengerüste und ihre Abweichungen entwickele, die mich in gewisser Weise beeindruckt haben: die Liebe, der Tod, die Einsamkeit, das Misstrauen, der Betrug, unter anderen. Ich versuche, Bilder, Stimmen, Lehren einzufangen, mit denen ich das Gefühl und den Verstand modelliere, um dem Leser ein Universum außerhalb des Gewöhnlichen anzupreisen. Wie schon Borges sagte: „Wer eine Erzählung liest, weiß oder hofft etwas, das ihn von seinem Alltagsleben ablenkt, das ihn eine Welt betreten lässt, nicht gerade phantastisch, das Wort ist sehr ambitioniert – sondern leicht verschieden von der Welt der gewöhnlichen Erfahrungen.“
(Cochabamba, März 2019)