Einen Monat verbringt Henrike Naumann als „Künstlerin-in-Residenz“ in Kinshasa. Im Interview erzählt sie von ihrem Lieblingsort, der Versace-Medusa und warum sie als Video-Künstlerin nur einfache Technik für ihre Arbeiten nutzt.
Du bist seit zwei Wochen hier. Dein Lieblingsort in der Stadt soweit?
Der Grand Marché. Weil es da alles gibt und alles voller Menschen ist und man die ganze Zeit wie auf einer irren Welle durch die Stadt surft. Es ist die totale Überforderung und irgendwie finde ich das gut.
Du wirst in Deiner finalen Arbeit mit der Modemarke Versace arbeiten. Was fasziniert Dich daran?
Mich fasziniert, dass man in Kinshasa überall in einer großen Menschenmenge ein Versace-Kleidungsstück entdeckt. Diese Aneignung der Luxus-Marke für die Massen finde ich spannend. Die Marke ist wie ein öffentliches Gut. Versace steht für einen Lebensstil, den sich viele Menschen wünschen. Indem man ein günstiges Versace-Teil vom Grand Marché trägt, fordert man sich seinen individuellen Luxus ein.
Und die Medusa im Logo von Versace?
Die Medusa finde ich spannend, weil es eine Frau ist, die überall in der Stadt sichtbar ist. Mit den Schlangenhaaren sieht sie außerdem aus wie eine starke Kinois-Frau, die ihre Meinung sagt. Und ich finde es spannend, dieses Bild in den Köpfen der Menschen mit neuen Bedeutungen zu verknüpfen.
Außerdem benutzt du zwar Video- und Fototechnik, aber eine sehr einfache. Warum?
Ich habe ja an einer Filmhochschule studiert und da ging es immer darum, welche Kamera die größte Auflösung hat. Damit einher ging eine starke Hierarchie und es wurden Leute ausgeschlossen, die sich die Technik nicht leisten konnten und keinen Zugang dazu hatten. Deswegen hat mich schon immer interessiert, welche Medien allen Menschen zur Verfügung stehen und welche Bilder damit produziert werden. Wenn man keine hohe Auflösung hat, entstehen viele Fragen, denn zwischen den Pixeln fehlt Information und dadurch entsteht viel Raum für Fantasie und Interpretation.
Die Künstlerin und ihre Versace-Hose, importiert aus China.
| Foto: Henrike Naumann
Du lebst in Berlin. Was hat Dich in Kinshasa an Berlin erinnert?
Es gibt unheimlich viele Künstler und Musiker – hier noch viel mehr als in Berlin. Es gibt eine unglaubliche kreative Energie. Kunst und Musik haben einen absolut wichtigen Stellenwert im Leben, das erinnert mich an Berlin.
Gibt es ein Geschenk oder Souvenir, das Du mit nach Hause nimmst?
Eine Versace-Hose.
Henrike Naumann verbringt einen Monat in Kinshasa. Sie ist die erste Künstlerin, die im Rahmen des Residenz-Programms der Académie des Beaux-Art und des Goethe-Instituts in die DR Kongo eingeladen wurde. Hier geht es zu ihrem Blog, den sie während der Zeit in Kinshasa führt.
Am Freitag, den 28. Oktober 2016, zeigt die Künstlerin im Echangeur, Limeté, ihre in Kinshasa entstandenen Arbeiten in der Einzelausstellung „Intercouture. Objets de pouvoir“.