Marie Reinert hat im November eine dreiwöchige Residenz in Kinshasa verbracht. 2017 kommt die in Berlin lebende Französin für einen weiteren Aufenthalt in die kongolesische Hauptstadt, um ein Videoprojekt umzusetzen.
Drei Wochen sind nicht sehr lang. Wie war dein erster Kontakt mit der Stadt? Welche Eindrücke sind dir in Erinnerung geblieben?
Bei meiner Ankunft war ich eine Woche wie entrückt. Ich war beeindruckt von der Dichte, dem Verkehr, dem Umfang der Stadt. Ich habe sofort viele involvierte Künstler kennengelernt: bildende Künstler, Musiker und Performer. Ein Gewimmel von Begegnungen, die es mir ermöglicht haben, in den Tanz einzusteigen und die Stadt zu entdecken! Der „Komet“* war dabei neuralgisches Zentrum aller Begegnungen!
Du arbeitest viel in geschlossenen Räumen, die dem allgemeinen Publikum nicht zugänglich sind, und nutzt vor allem das Medium Film. Nachdem du Kinshasa kennengelernt hast: Welche Auswirkung hat das auf deine Praxis?
Viele Jahre lang habe ich in industriellen Universen gearbeitet, in denen das Individuum dem Code der Maschine unterworfen ist. Ich habe in geschlossenen Räumen gefilmt, die von der Isolation gezeichnet waren. Kinshasa hat meinen Blick und meine Gewohnheiten wirklich umgedreht: Hier beginnt alles mit der menschlichen Begegnung!
Du hast entschieden, deinen Residenzaufenthalt in zwei Teile aufzusplitten. Was erwartest du dir von deinem nächsten Besuch in Kinshasa?
In der ersten Phase meines Residenzaufenthaltes ist mir klar geworden, dass ich die Stadt über gemeinschaftliche Erfahrungen erleben muss. Ich hoffe sehr, eine Arbeit verwirklichen zu können und eine Ausstellung in Kinshasa zu realisieren.
Welche Aktivitäten haben dir in Kinshasa Spaß gemacht?
Ich bin gerne Taxi gefahren, war auf dem Moped oder im Esprit de mort** unterwegs … Ich mochte das Licht des Sonnenuntergangs an der Kreuzung Rotes Kreuz und Bocassa, die Diskussionen auf dem Kometen, ich mochte den roten Fluss, den heißen Wind vor dem Regen, die Pfützen, die unvollendeten Projekte, in Frankreich „weiße Elefanten“ genannt …
Kannst du uns in drei Worten die Stadt Kinshasa beschreiben?
K-System*** – ständige Unterbrechung**** – kitóko*****.
* Ein offener Platz mit vielen Bars und kleinen Imbissen gegenüber der Kunstakademie
** Sammeltaxen, meist alte Mercedes-Busse, die so weit wie möglich entkernt und mit schmalen Holzbänken bestückt werden
*** Gemeint ist die Tatsache, dass in Kinshasa viel verhandelt wird ...
**** Bezieht sich auf die häufigen Stromausfälle
***** Kitóko bedeutet „gut“ oder „schön“ in Lingala