Kinshasa 2050
„Nehmen wir uns das Recht zu träumen“

Performance nach Choreografie von Dorine Mokha während der „Journées Utopiques“ im Juni 2016 in Kinshasa
Performance nach Choreografie von Dorine Mokha während der „Journées Utopiques“ im Juni 2016 in Kinshasa | Foto: Goethe-Institut Kinshasa

Was die Zukunft Kinshasas betrifft, muss man realistisch, pessimistisch oder darf man auch optimistisch sein? Dorine Mokha, Tänzer und Choreograph aus Kisangani, entscheidet sich für letzteres: Er will für eine bessere Zukunft kämpfen.

WIE, VORSTELLEN, KINSHASA, STADT, ZUKUNFT, 2050: Für mich sind das sechs Schlüsselelemente.

Dorine Mokha Dorine Mokha | Foto: privat Das WIE lädt mich ein, nach einer Methode zu suchen, um ein Ziel zu erreichen. VORSTELLEN bedeutet, dass man sich in bestimmter Weise ein Bild von etwas macht, in diesem Fall ein Bild von Kinshasa in der Zukunft. Was wissen wir also über KINSHASA? Über seine Geschichte? Seine Vergangenheit und seine aktuelle Situation? Seine Kultur? Seine Politik? Seine Gesetzgebung? Seine Möglichkeiten? Seine Schwierigkeiten und Herausforderungen? Und wie steht es um den Bebauungsplan der STADT? Ihre Projekte? Ihre DEMOGRAFIE? Ihren Verkehr? Ihren Alltag? Ihre Technologie? Und warum sollten wir uns um ihre ZUKUNFT kümmern? Und warum 2050?

Daher muss man sich damit beschäftigen, den Charakter von Kinshasa, seinen Kontext und verschiedene andere Aspekte zu definieren, um besser in die Zukunft blicken zu können. Bin ich also pessimistisch oder optimistisch?

Wenn man bedenkt, dass 2050 noch 34 Jahre entfernt ist, und sich einmal ansieht, wie es „Kin“ in den letzten 34-Jahre-Schritten ergangen ist, also von 1982 bis 2016, von 1948 bis 1982, von 1914 bis 1948 und von 1880 bis 1914, muss ich zugeben, dass allerdings Grund zum Pessimismus besteht.    


Weitere wichtige Stichpunkte:
  • hieß unter dem Joch der Kolonisierung Léopoldville,
  • Fläche 9.965 km²,
  • drittgrößte Stadt Afrikas nach Kairo und Lagos,
  • am stärksten urbanisiert im westlichen Teil,
  • leidet unter explosionsartigem Bevölkerungswachstum, einem regelmäßig verstopften Straßennetz, starker Luftverschmutzung, dem Fehlen einer Mittelklasse, Analphabetismus, Arbeitslosigkeit usw.
 
Und in dieser Stadt aller Extreme und aller Kontraste beunruhigt die politische Lage, und von den letzten 125 Jahren kann man auch nichts Besseres sagen.

Trotz alldem bin ich optimistisch, bleibe dabei jedoch realistisch, denn es ist klar, dass diese Veränderung nicht abrupt stattfinden wird und man dafür auch nicht nur einmal den Zauberstab schwingen muss, sondern man muss sie schrittweise vorantreiben und damit schon heute anfangen, denn die Zukunft beginnt heute.

Wie kann man sich also Kinshasa 2050 vorstellen?

Meine Antwort lautet: „Nehmen wir uns das Recht zu träumen, träumen wir und setzen wir uns dafür ein, eines Tages unsere Träume zu leben.“ Und da man dieses Recht nur durch Kampf erhalten und ausüben kann, lasst uns kämpfen.

Eine bessere Zukunft ist möglich, aber nicht ohne eine kongolesische Jugend, die besser ausgebildet und informiert wird und die sich anspruchsvoller, sozialer und engagierter, kreativer und erfinderischer, unabhängiger und mutiger zeigt. Und dafür ist übrigens nicht nur eine kleine Gruppe von Leuten in Anzug und Krawatte zuständig, sondern diese Verantwortung tragen wir alle. Ob Schüler, Student, Handwerker, Künstler, Anwalt, Arzt, Bürgermeister, Minister oder Präsident der Republik, jeder von uns ist verpflichtet, seinen Betrag zu leisten.

Und ich finde, Kinshasa sollte seine Prioritäten überdenken, denn meiner Meinung nach müsste ein Land wie unseres für eine nachhaltigere Entwicklung alle seine Branchen fördern. Dadurch würde man zum Beispiel nicht mehr den Minen eine größere Bedeutung zuschreiben als der Kultur, den Künsten und dem Tourismus oder wirtschaftliche Fragen wichtiger nehmen als Sicherheit und Frieden. Alles ist so eng miteinander verbunden, dass man kein Problem isoliert und ohne seine Auswirkungen betrachten kann.

Aber warum stellen wir uns diese Zukunft vor?

Darauf antworte ich mit dem Wort „Überleben“. Jeder Kongolese will etwas überleben, seien es seine persönlichen Probleme, die Fehler der Vergangenheit, die sozioökonomischen Gegebenheiten des Landes, seine Epoche und ihre Verrücktheiten, oder er will gar einer Gegenwart entfliehen, die er sich besser gewünscht hätte. Und leider profitieren die Kirchen und die Bars dadurch von der Hoffnung oder Verzweiflung eines ganzen Volks, das von einem besseren Leben hier oder anderswo träumt.

Also sagen wir nicht mehr naiv: „Carpe diem, morgen werden wir schon sehen …“, sondern blicken wir weiter voraus, erlauben wir uns größere Träume, strengen wir uns noch mehr an, dann müssen wir uns nicht mehr blind vorantasten.

2050 rückt näher und stellt uns vor große Herausforderungen sowohl im politischen und sozioökonomischen wie auch im kulturellen Bereich, und es liegt an uns, unsere Strategien anzupassen, denn viele davon haben sich bereits als unwirksam erwiesen.

Alle sollten darüber nachdenken: Was tun wir heute für das Kinshasa der Zukunft?

Für ein Kinshasa, das eher schön ist als eine Müllhalde, eher dezentralisiert als tyrannisch, eher reif als frivol, eher sparsam als teuer, eher höflich als aggressiv, eher bescheiden als hochmütig, eher lebendig als laut, eher kultiviert und sensibel als oberflächlich, insgesamt urbanisierter und moderner, kreativer, enger verbunden mit anderen Städten, mehr neuen Horizonten zugewandt, ein Kinshasa, das sich selbst kritisch betrachten, sich akzeptieren und sich weiterentwickeln kann, und vor allem ein Kinshasa, das einer DR Kongo von 2050 und ihres Volks würdig ist.
 
 
„Los, Kinshasa, nimm dir das Recht zu träumen,
Träume und setz dich für deine Träume ein,
Auch für die verrücktesten und utopischsten.

Und da sich in jedem Menschen ein talentierter Künstler verbirgt,
Brich auf, sprich zu deinem Volk, weck es auf, inspiriere es,
Und es wird dir eine schöne Zukunft schenken,

Denn was gibt es Schöneres, als wenn der Traum eines Künstlers Wirklichkeit wird?“