Kokende Liboso Eza Kokoma Te
©Mukenge/Schellhammer
Über fortlaufende Erzählungen und poetische Kosmologien
Laboratoire Kontempo kündigt ein transdisziplinäres Ausstellungs- und Forschungsprojekt an:
Die Theoretisierung der zeitgenössischen Kunst und Kunstgeschichte in Kinshasa wird derzeit hauptsächlich durch Zeitzeugen, mündliche Überlieferungen, Diskussionen und kollektive Aktivitäten geprägt. Da es nur wenige schriftliche Dokumentationen gibt, sind andere Formen des Theoretisierung, der historischen Referenzierung und der künstlerischen Positionierung umso wichtiger. In Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller und Kurator Dzekashu MacViban erforscht Laboratoire Kontempo die Theoretisierung von Kunst durch neue Methoden der Wissensproduktion und unterschiedlichen epistemischen Ansätzen. Durch die Zusammenführung von visueller Kunst, Poesie, Sprichwörtern und Redewendungen entsteht ein Dialog zwischen literarischen Praktiken, Performance und Ausstellungspraxis. Erzählungen an sich und die Entscheidung, auf welche Art und wir eine Geschichte zu erzählen, sind unverzichtbar und können in bestimmten Fällen nicht von Geschichten getrennt werden, da wir selbst zu den Geschichten werden, die uns erzählt werden. Beeinflusst durch Subjektivität und verschiedene Wissensformen werden Erzählungen zu den Geschichten, die die Geschichte ausmachen. Daraus ergibt sich eine Situation, in der die Erzählungen, aus denen sich die Geschichte zusammensetzt, von Zeit zu Zeit auf ihre Relevanz hin überprüft werden müssen, da sonst die Geschichte veraltet.Um die Beziehung zwischen Erzählungen, Kontempo* als Praxis und den Philosophien zu verstehen, die den Denksystemen in verschiedenen Teilen Afrikas zugrunde liegen, ist es notwendig, die Rolle der mündlichen Traditionen bei der Gestaltung der Wissensproduktion anzuerkennen. In Anlehnung an Cletus Umezinwa und andere, die die Verwendung von Sprichwörtern als Analyserahmen theoretisieren, wird in diesem Projekt untersucht, wie mündliche Formen des Wissens zum Verständnis und zur Theoretisierung von Kunst in bestimmten Kontexten beitragen und wie sie sich in den aktuellen Diskurs über Spatialität einfügen. Das Lingala-Sprichwort „Kokende Liboso Eza Kokoma Te“ (voranzugehen bedeutet nicht, dass man angekommen ist), das eine ähnliche Philosophie wie das afrikanische Sprichwort „Wenn du schnell gehen willst, geh allein. Wenn du weit gehen willst, geh zusammen“ wird zum Ausgangspunkt für die Erkundung der dialektischen Beziehung zwischen Erzählungen und Zeitlichkeiten sowie der Frage, wie diese durch unterschiedliche epistemologische Erkenntnismethoden kritisch betrachtet und erweitert werden können.
Kokende Liboso Eza Kokoma Te: On Contiguous Narratives and Poetic Cosmologies ist eine Fortsetzung des Konzepts von Laboratoire Kontempo, das bestehende Machtstrukturen und Narrative hinterfragt und versucht, neue spatiale Strategien für künstlerisches Schaffen, Theoriebildung und Diskussion zu entwickeln. Zu diesem Zweck versammelt das Projekt künstlerische Positionen, die Narrative, Philosophien und Kosmologien durch visuelle, performative, klangliche und poetische Interventionen, die in verschiedenen Teilen Kinshasas - von den Straßen bis hin zu Kunstinstitutionen - stattfinden werden, reflektieren, neu definieren und erweitern.
Das Projekt wird in Kinshasa an den folgenden Orten präsentiert: Im Kulturzentrum Mokili Na Poche, Institut Français, Académie des Beaux Arts von Kinshasa und Plateforme Contemporaine, und wird mit einer Reihe von diskursiven Veranstaltungen ab dem 10. Dezember 2024 beginnen. Die Ausstellung findet vom 13. Januar bis zum 07. Februar 2025 statt.
Mehr Infos zum Projekt
*Kontempo“ ist ein Begriff, der als Neologismus in der unabhängigen Kunstszene Kinshasas als eine Gegenerzählung zum westlich geprägten akademischen Diskurs der letzten zwei Jahrzehnte aufgetaucht ist und sich als neuer Code und Neuinterpretation des Begriffs ‚zeitgenössisch‘ in Kinshasa etabliert hat.