Kunstresidenz in der Tallinner Kunsthalle The Art of Being Good
Das Goethe-Institut Estland und die Tallinner Kunsthalle bieten jährlich einen Residenzplatz für in Deutschland lebende professionelle Künstler*innen. Ziel dieses Programms ist es, künstlerische Recherchen und den Diskurs über die Themen ökologisches Bewusstsein, ökologische Nachhaltigkeit und Ethik des Kunstschaffens anzuregen. Die Residenz ist Teil einer Ausstellungsreihe der Kunsthalle, die sich sowohl mit Möglichkeiten des positiven Handelns als auch mit der ökologischen Verantwortung im Angesicht des nahezu sicheren Untergangs befasst. Frühere Ausstellungen in dieser Reihe waren The Art of Being Good im Jahr 2019 und Pine-fulness im Jahr 2021.
Künstlerin 2023
Im Rahmen des Residenzprogramms The Art of Being Good verbringt die Künstlerin und Filmemacherin Angelika Herta ab September 2023 zwei Monate in Tallinn. Unter den für den Wettbewerb eingereichten Bewerbungen stach ihr Projekt mit seinem Fokus auf Mensch-Tier-Beziehungen hervor. Es ergänzt in besonderer Weise das aktuelle Thema der Kunsthalle Tallinn: „Fürsorge und Gemeinschaft“. Während des Aufenthalts wird Angelika Herta ihre Zeit für Feldforschung, Ortsbegehungen und Treffen mit lokalen Expertinnen zum Thema „Formen des Widerstands von Nutztieren“ widmen. Im Zentrum steht die Frage: Was können wir von Tieren lernen, deren Leben so eng mit den Menschen verbunden sind?
Angelika Herta lebt derzeit in Köln. Sie schloss ihren Master in Mediale Künste an der Kunsthochschule für Medien Köln im Jahr 2021 ab. Für ihr Projekt Wir Tiere erhielt sie ein 6-monatiges Arbeitsstipendium des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft NRW und ist derzeit mit ihrem Dokumentarfilm We Animals Teilnehmerin der ESoDoc - European Social Documentary Training Initiative. Angelika Herta arbeitet zwischen Film- und Videokunst. Ihre Arbeiten wurden sowohl auf Filmfestivals als auch in Ausstellungskontexten gezeigt. Sie recherchiert zu Mensch-Tier-Beziehungen und interessiert sich für einen anti-oppressiven Ansatz beim Filmemachen und in kreativen Rechercheprozessen.
Jury 2023
Siim Preiman - Kurator der Kunsthalle Tallinn
Eva Schmitt - Kommissarische Leiterin des Bereichs Bildende Kunst am Goethe-Institut
Clara Herrmann - Leiter der Jungen Akademie
Triin Metsla - Lektorin an der Estnischen Kunstakademie
Jan Lütjohann - Künstler, u.a. Beteiligung an der Ausstellung „Pine-fulness“
Workshop mit Hamza Mohammed Beg, Kunstresidenz 2022
Die Kunsthalle Tallinn (Tallinna Kunstihoone) ist eine 1934 gegründete Institution für zeitgenössische Kunst mit drei Ausstellungsräumen im Zentrum von Tallinn: Kunsthalle Tallinn, Art Hall Gallery und City Gallery. Die Kunsthalle adressiert mit herausragenden Programmen dringende Fragen der zeitgenössischen Kunst und Gesellschaft und unterstützt Künstler*innen bei der Erstellung neuer Ausstellungen und Werke. Sie ist Teil der größeren internationalen zeitgenössischen Kunstszene und regt einen aktiven Gedankenaustausch zwischen lokaler/internationaler Fachwelt und Publikum an. Darüber hinaus organisiert die Kunsthalle Tallinn ebenso Ausstellungen im Ausland. Bei der Zusammenstellung des Programms legt sie Wert auf zeitgemäße, internationale, sorgfältig kuratierte Inhalte, die verschiedene Generationen mit einbeziehen.
Im Herbst 2022 verbrachte der Künstler Hamza Beg im Rahmen des Residenzprogramms The Art of Being Good zwei Monate in Tallinn. Von den fast 70 Bewerbungen, die für den Wettbewerb eingereicht wurden, stach sein Projekt mit seinem spezifischen Fokus auf Tallinn und den weiteren Kontext Estlands hervor. Zudem stand Hamzas wertebasierte immaterielle Praxis, die auf zwischenmenschliche Beziehungen aufbaut, im besonderen Einklang mit den Grundprinzipien dieses Residenzprogramms.
Die Kunstresidenz nutzte er für einen Austausch mit der Stadtbevölkerung und sprach im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des gemeinsamen öffentlichen Raums über Mobilität, Technologie und Identität. In offenen kollektiven Schreibwerkstätten stellte er ein radikales Fußgängerbewusstsein zur Kritik und Diskussion. Die Workshops untersuchten bestehende Ideologien und waren ein Versuch, über die Vergegenwärtigung des Fußgängerseins ein neues Gefühl der bürgerlichen Intimität zu erzeugen.
Der Künstler und Schriftsteller Hamza Mohammed Beg beschäftigt sich in seinen Arbeiten vornehmlich mit der Bedeutung des Ortes, die Besonderheiten des Fußgängers und die Herstellung des öffentlichen Raums. Mittels Audio, Text und Performance erforscht er Phänomene der Kollektivität, der Ideologie und die Politik des Alltäglichen.
Hamza Beg lebt derzeit in Berlin. Seine Arbeiten wurden in Galerien und Museen, in Bars und Cafés gezeigt und aufgeführt. Er sprach an Universitäten und auf Konferenzen, bei Buchvorstellungen und Partys. Die jeweilige Art der Bühne spielt für ihn eine untergeordnete Rolle. Er ist für alle Plattformen gleichermaßen offen.
Jury 2022
Siim Preiman – Kurator der Kunsthalle Tallinn
Eva Schmitt – stellvertretende Leiterin des Bereichs Bildende Kunst am Goethe-Institut
Sandra Kosorotova – Künstlerin
Tanel Rander – Autor, Künstler und Kurator
Franziska Nori – Direktorin des Frankfurter Kunstvereins
Im Spätsommer verbrachte die Künstlerin Gisèle Gonon einen zweimonatigen Aufenthalt in der Kunsthalle Tallinn. Gisèle wurde aus über 100 Bewerbern ausgewählt. In Estland setzte sie ihre Forschungen zur Landwirtschaft fort, wobei sie sich besonders auf Fragen im Zusammenhang mit Ackerland und dessen Ausbeutung konzentriert.
Gisèle interessiert sich für Formen von Gegenmacht und Widerstand, die sich in „Prozessen von Wiederaneignung“ u.a. in Bereichen wie Arbeit und Landwirtschaft finden lassen. In ihrer multidisziplinären Arbeitsweise – beeinflusst von einer Ästhetik des Do-it-Yourself des ländlichen und bäuerlichen Umfelds, aus dem sie stammt – versucht sie zu verstehen, wie kapitalistische Systeme Individuen und Ländereien, in die investiert wird, beeinflussen. Ihre Arbeiten wurden europaweit in diversen Museen, Galerien und Kunstwochen ausgestellt: Bundeskunsthalle (Bonn, 2020), gr_und (Berlin, 2020), Leipziger Baumwollspinnerei (2019), Art Contemporary Weekend (Bordeaux, 2019), Reinbeckhallen (Berlin, 2018). Zudem nahm sie an verschiedenen Kunstresidenzen teil: NAC (Nida, Lituanien, 2020), Factatory (Galerie Tator, Lyon, 2021).
Gisèle Gonon lebt derzeit in Berlin. Sie schloss 2005 ihren Master in Fine Art an der École des Beaux-Arts in Saint-Étienne (ESADSE) ab und nahm 2018 am Berliner Stipendienprogramm Goldrausch teil.
Siim Preiman, Kurator der Kunsthalle Tallinn Eva Schmitt, stellvertretende Leiterin des Bereichs Bildende Kunst am Goethe-Institut Laura Toots, Kuratorin am Museum für Zeitgenössische Kunst Estland (EKKM) Hanna Piksarv, Künstlerin Christiane Mennicke-Schwarz, Direktorin des Kunsthauses Dresden