Merit Kopli
Eine Estin mit deutscher Pünktlichkeit
Merit Kopli - Chefredakteurin der Zeitung Postimees
Mit Deutschunterricht habe ich in der 1. Klasse im Deutschen Gymnasium Kadriorg angefangen. Wenn man das Gymnasium und die Jahre an der Universität zusammenzählt, sind es insgesamt fast 15 Jahre Deutschunterricht. Ich bin Peter, du bist Paul, ich bin fleißig, du bist faul, so fing es an.
Die erste Reise nach Deutschland im Jahr 1993 war für mich der absolute Höhepunkt – ein Kindheitstraum vom schönen Deutschland wurde tatsächlich Wirklichkeit! Die Umgangssprache habe ich damals zwar nicht so richtig verstanden, aber meine Grammatik war perfekt.
Meine Mutter hat immer betont, wie wichtig es sei, Sprachen zu lernen, es würde das Leben erleichtern. Als Kind in einem geschlossenen Sowjetstaat konnte ich es damals nicht so richtig nachvollziehen, begreife erst jetzt, was für eine Bereicherung es ist.
Neulich war ich kurz in Russland. Am Flughafen sind Flüge ausgefallen, Reisende im Hochstress. Die Angestellten konnten nicht genug Fremdsprachen – meine Kenntnisse in Deutsch, Russisch und Finnisch waren daher für viele Mitreisende sehr hilfreich. Erst dann wird’s einem klar, wie wichtig das ist, fremde Sprachen zu kennen.
Und es macht Spaß, eine fremdsprachige Zeitung zu öffnen und alles zu verstehen! So fängt mein Morgen fast immer mit Die Welt an. Dann gucke ich kurz in die Süddeutsche Zeitung, auch in die Nachrichten vom Spiegel. Eine Routine, ohne die der Tag nicht vollständig beginnen kann. Meine Liebe gehört Köln: eine Stadt voll französischem und holländischem Flair, so lebendig und geheimnisvoll.
Deutsch hat meine Karriere deutlich beeinflusst: Dank meiner Sprachkenntnisse bekam ich in den 1990er Jahren die Möglichkeit, mich in Deutschland weiterzubilden: Ich habe sowohl beim Fernsehen als auch bei Zeitungen Praktika absolviert. Die Kenntnisse, die ich dort erworben habe, waren auch für die Arbeit bei estnischen Medien sehr hilfreich.
Deutsche Pünktlichkeit und Ordnung gehört ebenso zu mir – ich mag es, immer pünktlich zu sein und meine Sachen korrekt zu erledigen. Direkt wie die Deutschen bin ich auch, rede nicht um den heißen Brei herum. Deutsche Sprache, Kultur und Leute sind mir sehr nahe, durch sie wurde meine Welt unheimlich erweitert und bereichert, dafür bin ich sehr dankbar.