Das erste Mal wurde ich im November 2018 auf die Art Fair Suomi aufmerksam. Ich war gerade im Büro der MUU Galerie und entdeckte folgende Nachricht auf der Pinnwand:
Kuva: An Paenhuysen
Ich begeistere mich sehr für kleine Dinge, kleine Gedanken, Mikro-Geschichten und Inseln. Aber als „MUU writes“ und ich über die kommende Art Fair Suomi 2019 diskutierten, beschlossen wir ein Kunstmagazin zu publizieren: Eine GROSSE Idee.
Foto: An Paenhuysen
Foto: An Paenhuysen
Kunstmessen und Kunstkritiker scheinen nicht so gut zusammenzupassen. Ihr Zusammentreffen resultiert meist in einer Top 10-Liste der besten Galerie-Messestände oder der neusten Trends der Kunstszene. „Muss das so sein?“, fragten wir uns bei einer Tasse Kaffee.
Wenige Monate später, es war bereits Ende April 2019, fand ein Workshop für Kreatives Schreiben in MUU Kaapeli statt, indem wir Ideen für das Magazin sammelten. Draußen von den Fenstern fischten die Fischer nach Heringen und drinnen die Autoren nach Ideen und Inspiration.
Kuva: An Paenhuysen
Bei einem Gespräch über die Kunst an unseren Wänden, entpuppten sich Minka und John als „Postkarten-Menschen“. John verfasste eine Geschichte über eine seiner Postkarten, auf der Alex der Heilige, eine Straßenfigur in Toronto um 1970, abgebildet war: „Die Postkarte entdeckte ich bei einer Exkursion mit der Kunstschule in New York City in einem Buchladen in Soho. Es war ein schwarz-weißes Bild von einem Mann, der auf den Treppen eines Hauseingangs der Yonge Street sitzt. Das Bild war ein Puzzle, denn auch er hatte eine Postkarte in der Hand. Ich hielt genau dasselbe Motiv wie der Mann im Bild in meiner Hand.“
Kuva: John Gayer
Am zweiten Workshop-Tag tauchte Yasushi Koyama nicht auf. Stattdessen schickte er uns seine Katze. Am Ende wurden die Katzen Teil der Kunstmesse.
Kuva: Arsalan Mohammad
Am dritten und letzten Tag des Workshops war es sonnig und plötzlich fingen die Bäume an zu blühen. Auch die Windsurfer kamen aufs Wasser. Mir wurde erklärt, dass die Sommer in Finnland kurz sind. „Der Sommer was schön und ich habe wirklich den ganzen Tag genossen“, lachte Liisa.
Kuva: An Paenhuysen
Im Finnischen sagt man „es hat Wetter gegeben“, was nicht bedeutet, dass das Wetter gut oder schlecht war, es ist nur ein Weg ein Gespräch einzuleiten. Diese Redewendung hat eine ähnliche Funktion wie der Titel, den wir für das Magazin gewählt haben: NÄET. Denn, NÄET bedeutet so gut wie nichts und entzieht sich jeder Übersetzung. Genauso neigt gute Kunst sich dem Betrachter zu entrinnen.
Kuva: An Paenhuysen
Dieses Jahr liegt der Fokus von Art Fair Suomi auf Italien. Für die zweite Ausgabe von NÄET habe ich Silvia Hell und Helga Franza von Cose Cosmiche in Mailand gefragt: „Was kann ein Fokus auf Italien enthüllen?“ Ihre Antwort lautete: „Das können wir nicht beantworten, bevor wir nicht einen Fokus auf Finnland gesehen haben!“
Kuva: An Paenhuysen
Bei Kunstmessen geht es vor allem darum Leute zu treffen. In Finnland spricht man nicht von „networking“ sondern von „mingling“, das hat viel mehr Charme und klingt sogar ein bisschen finnisch.
Photo: An Paenhuysen
Am Eingang treffe ich Rita Leppiniemi, Künstlerin, Autorin und Koordinatorin von NÄET, die gerade auf dem Weg zu einem Klang-Workshop ist.
Photo: Arsalan Mohammad
Ich habe auch den Dackel Marcello beim Betreten der Kabelfabrik getroffen. Er wurde von Elina Brotherus begleitet. Sie ist die Künstlerin, die hinter dem Foto, das auf allen Flyern und Plakaten für die Art Fair Suomi 2019 zu sehen ist, steckt.
Photo: Blindman
Wenn man eine Kunstmesse besucht, sind „ästethische Ermüdungserscheinungen“ unausweichlich: Der Grad an visueller Toleranz hat dann den Höhepunkt erreicht, und du kannst einfach nichts mehr sehen – zumindest keine Kunst. Vielleicht ist es genau dieses Phänomen, worauf sich Marcel Duchamp in seiner Kunstzeitschrift „The Blind Man“ im Kontext der Independent-Ausstellung in New York im Jahr 1917 bezieht.
Doch da ist auch das, was Katie Lenanton, Kuratorin des Flohmarktes bei der Art Fair Suomi, den „Funken von Magie, den wir jagen und selten finden“, nennt.
Für mich sprühte es Funken im Ausstellungsraum „The Room Below“: Dort wurden von einer japanischen Kunstorganisation Briefe von Shinji Yamashita ausgestellt. Yamashita lebt in einer Sozialhilfe-Einrichtung und das zuständige Büropersonal ist maßlos überfordert damit, seine Briefe zu verschicken ohne die Adresse lesen zu können.
Foto: An Paenhuysen
Zu spät fiel mir ein, dass ich mich nach dem Preis für einen Brief erkundigen hätte sollen. Wahrscheinlich hätte ich mir einen Brief leisten können – gerade die bezahlbaren Preise sind das Schöne an der Art Fair Suomi.
Und unser Magazin? Das kann man hier umsonst herunterladen: LINK