von Anwar Jabbar Mowat aus Bagdad
Philosophische Gedichte

Philosophical Poems von Anwar Behadili
Salam Yousry © Goethe-Institut

Anwar Mowat wurde 1990 in Bagdad geboren, wo er aufwuchs und im Jahr 2014 seine Ausbildung mit dem Studium der Medizin und Chirurgie an der Universität von Bagdad abschloss. Anwar arbeitet heute als Psychiater an einer von Bagdads Psychiatrien. Er sieht in seinem Fachgebiet die einzige medizinische Disziplin, die in der Philosophie verwurzelt ist; aus diesem Grund hat er sich auch dafür entschieden.
 
Angeregt von seinem Vater, der ein begeisterter Leser war, interessierte sich Anwar schon von klein auf für Poesie und Philosophie. Sein Elternhaus war voll von Büchern. Die beiden Golfkriege und die Sanktionen gegen den Irak, die Anwar allesamt miterlebt hat, haben ihn stark beeinflusst, nicht zuletzt, weil er in der verarmten Nachbarschaft Al-Thawra – jetzt Sadr City – aufgewachsen ist. Das Saddam-Regime habe den Menschen das Leben schwer gemacht und viel Leid zugefügt. Nahrungsmittel und Medizin waren knapp und die Armut groß zu jener Zeit. Dies bestimmte seinen Blick auf das Leben und machte ihn, wie alle anderen, zum Melancholiker, sagt Anwar. Im Jahr 2014, im Alter von 24 Jahren, begann er Gedichte zu schreiben. Seitdem hat er viel Zeit damit verbracht, seine Poesie weiterzuentwickeln und sich Fragestellungen der Philosophie zu widmen. Dieses Jahr hat er sein philosophisches Werk Der Dialog veröffentlicht, welches zwei von Plato inspirierte Dialoge beinhaltet.


Das Projekt

Das Projekt umfasst eine Sammlung von mehr als 190 Prosagedichten, die der Gilgamesh-Verlag in Bagdad 2018 veröffentlichte. Anwar nutzt den modernen Gedichtstil, der Prosadichtung, während er über seine eigenen Gefühle, Erfahrungen und Wahrnehmungen schreibt. Er bedient sich einem philosophischen Gedichtstil, da er Fragen zum Sein und menschlicher Existenz aufwirft. Anwar verweist auf die Probleme, denen Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Irak bei der Veröffentlichung und Verbreitung ihrer Arbeiten gegenüberstehen. Verlage würden nur wenig Verantwortung übernehmen und die wichtige Aufgabe, ein Werk zu bewerben oder dafür Veranstaltungen zu organisieren, auf die Autorinnen und Autoren abwälzen. Mit Unterstützung seines Vaters brachte Anwar seine Bücher zur Mutanabbi Straße in Bagdad, einem beliebten Treffpunkt für Intellektuelle und Bibliophile, wo er sie vorstellte und unterschrieb.
 
Anwar glaubt, dass Poesie die Grundlage jeder Art zu schreiben ist. Selbst wissenschaftliche Beiträge sollten von der Vorstellungskraft beflügelt sein. Wenn eine Schriftstellerin oder ein Schriftsteller keine Vorstellungskraft besitze und auf jegliche Metaphorik und Philosophie verzichte, sei das Geschriebene fade. Jede Person, die schreibe, solle ein Gefühl für Poesie haben und die objektive Realität damit vermischen. Indem Anwar in seine Gedichte philosophische Aspekte einbindet, möchte er seinen Fingerabdruck in der arabischen Dichtung hinterlassen. Er wünscht sich außerdem, die Philosophie – deren Studium er als vernachlässig ansieht – zum Kern aller wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Analysen zu machen. Nur durch Philosophie könnten Menschen zu Visionärinnen und Visionären werden und ihre Abwesenheit in den verschiedenen Sphären des täglichen Lebens – Gesundheit, Bildung, Wirtschaft, Politik – habe zu Chaos geführt.

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