re:publica
Das Netzfestival
Die Berliner Konferenz re:publica ist ein fester Termin im Kalender der Netzgemeinde – nicht nur der deutschen. Geraldine de Bastion, Kuratorin der Konferenz, über die Geschichte der re:publica, ihre Bedeutung im Ausland und die Frage, wie die Deutschen über digitale Themen diskutieren.
2007 öffnete die re:publica erstmals ihre Pforten als Konferenz für Themen rund ums Web 2.0. Die ersten Jahre fand sie noch in der Berliner Kalkscheune statt, einem verhältnismäßig kleinen Veranstaltungsort in Berlin-Mitte – und war eher ein Nischenevent für Geeks und Nerds, die sich für Digitales interessierten. Allenfalls Redner Sascha Lobo dürfte damals einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewesen sein. Heute ist die re:publica im Mainstream angekommen und lockt jedes Jahr Tausende Besucher auf das Gelände der Station Berlin – einem ehemaligen Postbahnhof –, wo die Konferenz mittlerweile stattfindet. Kaum einer, der irgendetwas mit Internet, Soziale Medien, Blogs oder Kommunikation zu tun hat, der die Konferenz nicht kennt.
Geraldine de Bastion gehört seit Anbeginn zu den Mitgestaltern der re:publica, ist mitverantwortlich für die Programmgestaltung und Moderatorin einzelner Sessions. In den vergangenen Jahren hat sie neue Formate mitgestaltet und die internationale Expansion der re:publica begleitet. Im Interview spricht sie mit uns darüber, wie die Konferenz sich verändert hat.
Für jeden was dabei: Ob Web 2.0, Blogosphäre oder Gesellschaftskritik – das Programm der re:publica deckt ein breites thematisches Spektrum ab.
| Foto: ©re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)
Wie ist die re:publica entstanden und wie hat sie sich über die Jahre entwickelt?
Die Idee der re:publica entstand, als Onlinemedien wie Blogs in Deutschland relevant wurden und sich eine digitale Öffentlichkeit entwickelte. Die re:publica sollte der Treffpunkt für all diejenigen werden, die sich mit diesen neuen Medien und Prozessen beschäftigten, und vor allem für diejenigen, die sie selber gestalteten. Heute ist die re:publica das digitale Festival Europas. 2018 besuchten knapp 20.000 Menschen die re:publica, im Jahr 2007 waren es noch rund 700.
Welchen Stellenwert hat die re:publica für die Diskussion digitaler Themen in Deutschland?
Die re:publica hat dazu beigetragen, digitale Diskurse in Deutschland zu gestalten. Sie ist der Ort, an dem sich Begegnungen ergeben, die anderswo nicht stattfinden – zum Beispiel zwischen Politikern, netzpolitischen Aktivistinnen, Experten und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt sowie Vertretern und Vertreterinnen aus Digitalwirtschaft, Medien, Kultur und Wissenschaft. Wir zeigen, dass es möglich ist, eine Veranstaltung zu organisieren, bei der genauso viele Frauen wie Männer sprechen – alleine das trägt zum Kulturwandel in der deutschen Digitalszene bei.
Früher eine Nischenkonferenz für Geeks und Nerds, heute Mainstream: Die re:publica ist mittlerweile eine etablierte Fachkonferenz, auf der sich reichlich prominentes Publikum der Medienlandschaft blicken lässt. Unter ihnen auch die Maus aus der deutschen Kindersendung „Die Sendung mit der Maus“, die zu den beliebtesten Selfie-Partnern gehören dürfte.
| Foto: ©re:publica/Jan Michalko (CC BY-SA 2.0)
Warum hat die re:publica nun in andere Länder expandiert? Gibt es im Ausland keine vergleichbaren Konferenzen?
Berlin wird immer die home base bleiben, aber für uns ist es wichtig, zu erfahren, wie die Kernthemen der re:publica in anderen Ländern und Regionen diskutiert werden. Das machen wir einerseits, indem wir internationale Sprecher einladen, aber auch, indem wir re:publica-Veranstaltungen in anderen Ländern durchführen. Dabei ist für uns zentral, das Konzept gemeinsam mit den lokalen Partnern zu entwickeln und durchzuführen. Unsere Erfahrung zeigt, dass es einen Bedarf nach unserem Format gibt: Die re:publica ist ein Community-Festival, das partizipativ gestaltet ist. Die unterschiedlichen Formate bieten Raum für Lernen und Austausch sowie Öffentlichkeit und Unterhaltung.
Unterscheidet sich die Diskussion über digitale Themen in andern Ländern von der in Deutschland?
Es gibt viele Unterschiede und viele Gemeinsamkeiten. Die Themen, die durch den Call for Participation in Ghana zustande kamen, sind bei uns zum Teil ebenso relevant, wie etwa Daten und Feminismus. Andere Themen stünden bei uns nicht an erster Stelle, zum Beispiel eWaste. Generell ist man dem digitalen Wandel gegenüber aufgeschlossener – wenn es weniger etablierte Strukturen gibt, ist auch die Angst gegenüber der Veränderung geringer.
Was ist dein Highlight der re:publica 2019?
Ich bin ein großer Fan des Mottos „tl:dr“ und gespannt darauf, wie es im Design und auf der Bühne umgesetzt wird. „tl:dr“ steht für „too long; didn’t read“ und ist unter anderem eine Anspielung auf die Informationsflut und die Komplexität unserer Gesellschaft. Ich freue mich auf die Eröffnungskeynote meiner Freundin Nanjira Sambuli, einer herausragenden Digitalaktivistin aus Kenia, und auf Nanjala Nyabola, die Autorin des Buchs Digital Democracy and Analoge Politics. Beide haben auch in Accra gesprochen. Mit ihren Talks möchten wir unser Berliner Programm mit dem der re:publica Ghana verknüpfen. Weiterhin freue ich mich auf den Astronauten Alexander Gerst und den Autor und Journalisten Cory Doctorow.
Und zum Abschied ein Lied: Jedes Jahr stimmen Veranstalter und Publikum zum Abschluss der Konferenz „Bohemian Rhapsody“ von Queen an und eröffnen damit die Abschlussparty.
| Foto: ©re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)
Infobox
Die re:publica ist eine Fachkonferenz für digitale Themen und findet jährlich Anfang Mai in Berlin auf dem Gelände der Station Berlin statt, einem Messezentrum in den historischen Gebäuden des ehemaligen Kreuzberger Postbahnhofs. Die Besucher erwartet drei Tage lang ein Mix aus Vorträgen und interaktiven Workshops in Makerspaces und Messeständen. Alle, die es nicht nach Berlin schaffen, können die Sessions auch per Video- oder Audiostream im Netz verfolgen.