Kultur- und Wissenschaftshaus / Akademisches Opern- und Ballett-Theater Nowosibirsk
Projekt des Kultur- und Wissenschaftshauses, A. S. Grinberg, M. T. Smurow, M. I. Kurilko, T. J. Bardt, S. A. Polygalin und andere, 1931
Es handelt sich um das Projekt des größten öffentlichen Gebäudes Sibiriens in den 1930er-Jahren. Das ursprüngliche Theaterkonzept glich dem Totaltheater-Projekt von Walter Gropius und Erwin Piscator. Seine seltene Tektonik der beiden kombinierten Kuppeln erinnert an das erste Zweikuppel-Goetheanum, einem Theater für das „Gesamtkunstwerk“. Mit diesem Begriff wird das kreative Konzept der Kunstsynthese bezeichnet, das die Realität künstlerisch transformatiert, indem verschiedene Arten und Genres der Kunst in einem Werk interagieren.
Das Projekt des Kultur- und Wissenschaftshauses stellte ein Theater im „Panorama- und Planetariumstil“ dar, in dem Technik und reale Umgebung kombiniert waren. Auf die Ringbühnen innerhalb des Gebäudes konnten direkt von außen Gruppen von Menschen, Autos, Traktoren, Pferdekutschen oder Panzer gelangen. Im Innern sollte ein 360-Grad-Filmprojektor auf die 60 Meter hohe Stahlbetonkuppel Bilder projizieren. Passiv Zuschauende hätten nicht existiert, alle wären in die Inszenierung involviert worden.
In der sowjetischen Auslegung zielte das Gesamtkunstwerk darauf ab, die revolutionäre ekstatische Energie in den Massen zu erwecken. Das Kultur- und Wissenschaftshaus deklarierte die Ambitionen von Nowosibirsk als Hauptstadt Sibiriens. Die Realisierung des Projekts wurde durch den Wechsel der Kulturpolitik in der UdSSR Anfang der 1930er-Jahre unterbrochen. Zu diesem Zeitpunkt waren das Stahlbetongerippe und die Kuppel schon fertig. Das Gebäude bekam nun eine andere Zweckbestimmung. Das revolutionäre Mysterium wurde in ein Opern- und Balletttheater umgewandelt.