Russland
Katya Isaeva: 100 Pialas

Katya Isaeva
© Alexey Kubasov

100 Pialas, Installation, 2015

Ausgangspunkt der Arbeit ist die Idee, eine kulturhistorische Untersuchung zu einem Gegenstand durchzuführen. Für die in Kasachstan geborene Künstlerin wurde die piala (Schüssel) zu einem solchen Art efakt. In der Sowjetzeit waren pialas „viel unterwegs“. Denn eine Reise nach Zentralasien stellte eine der wenigen Gelegenheiten dar, eine andere Lebensweise kennenzulernen und sich mit einer anderen Kultur vertraut zu machen. Und so brachten die Reisenden gerne Artefakte wenig bekannter Kulturen mit nach Hause. Die Idee, das Objekt aus seiner „natürlichen Umgebung“ in einen Kontext zu transferieren, wo es zu etwas Seltenem und Exotischem wird, das ebenso attraktiv wie fremdartig ist, wurde aktiv verfolgt – man begann, pialas mit ihren regionalen Besonderheiten in der gesamten Sowjetunion zu produzieren. Sie boten die Möglichkeit, in jeden sowjetischen Haushalt etwas Exotisches hineinzutragen. Heute sind pialas eher ein Symbol der Vergangenheit, Bruchstücke, die an die Sowjetära erinnern: Der Gedanke der Völkerfreundschaft ist in Vergessenheit geraten, und die Fabriken, in denen viele dieser Schüsseln produziert wurden, sind geschlossen.

Für Katya Isaeva entstand durch das Sammeln der pialas auch eine Sammlung von Geschichten: Manche Menschen erhielten die Schüsseln eher zufällig, andere bewahrten sie als Familienerbstücke. Mit jeder der ausgestellten pialas, die der Künstlerin überreicht wurden, ist eine Lebensgeschichte verknüpft; zusammen bilden sie eine allegorische Erzählung über eine oft wiederholte Geschichte interkulturellen Handelns.

Katya Isaeva, geboren 1980 in Karaganda, Kasachstan; lebt und arbeitet in Moskau, Russland
MA in Sprachwissenschaften; Kunst- und Grafikdesignstudium an der University of the Arts, London. Teilnahme am Laboratory of Media Poetry, Alumni des ICA, Moskau. Teilnahme an Parallel- und Sonderprogrammen mehrerer Ausstellungen, darunter Manifesta 2014, Young Art Biennale 2014, 6th Moscow Biennale, 2015, International Tarkovsky Film Festival „ZERKALO“, danube videoart festival, Österreich sowie Ausstellungen im MMOMA. Arbeitet mit Videoinstallationen, ortsspezifischen Installationen und Media Poetry.

Die Künstlerin nutzt ihre Erfahrungen in den Bereichen Übersetzung und interkulturelle Kommunikation, um nicht nur mit kulturellen Codes, sondern allen grundlegenden, sinnlich wahrnehmbaren und psychologischen – visuellen, akustischen, taktilen und mnemonischen – Aspekten der Wirklichkeit zu arbeiten. In ihren Arbeiten versucht sie, Texte bzw. Geschichten auf eine visuelle Oberfläche zu übertragen, Verbindungen zwischen Begriffen und Objekten herzustellen und die Beziehungen zwischen Gegenständen und ihren Benutzern zu untersuchen.

 

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