Kascha, Kurutob und Craftbier: Ein kulinarischer Stadtspaziergang durch Jekaterinburg
Jekaterinburg hat viel zu bieten: Die „Hauptstadt des Urals“ besticht nicht nur durch eine Vielzahl an Konzertsälen, Galerien und Museen, sondern auch durch ihre avantgardistische, konstruktivistische Architektur, monumentale Bauten und zahlreiche Denkmäler. Еrst vor einigen Wochen endete die industrielle Biennale des Urals, eines der größten Kunstprojekte in Russland. Selbstverständlich gehört zu einer modernen und internationalen Großstadt auch ein entsprechendes kulinarisches Angebot, und in der Tat strotzt Jekaterinburg nur so vor Cafés, Bars, Restaurants und natürlich den in ganz Russland berühmt-berüchtigten Shaurma-Imbissen. In diesem Beitrag möchte ich euch, werte Leserinnen und Leser, auf einen ausgiebigen, den Bauchumfang vermutlich ausdehnenden, kalorien- und definitiv abwechslungsreichen Stadtspaziergang mitnehmen. Los geht es bei mir zu Hause.
Ich verlasse meine Wohnung, laufe in Richtung Lenin-Straße und erreiche nach wenigen Minuten mein erstes Ziel: Das Café Kommuna. Das Café ist Teil eines gut besuchten Hostels und hat sowohl eine gemütliche, entspannte Atmosphäre als auch ein ausgesprochen leckeres und preisgünstiges Frühstücksmenü zu bieten: Für 200 Rubel, also knapp drei Euro, bekommt man eine großzügige Portion Kascha – eine Art Haferbrei aus verschiedenen Getreidesorten – mit frischen Früchten, eine Scheibe Toastbrot mit Käse und einem Getränk nach Wahl; ich entscheide mich für einen Cappuccino. Die nächsten Stunden quäle ich mich in der Leseecke des Cafés mit russischer Literatur herum, bevor mir mein Magen endlich ein untrügliches Zeichen gibt: Zeit für Mittagessen.
Die nächste Etappe führt mich ins tadschikische Dushanbe – Café Duschanbe, genauer gesagt. Vom Kommuna laufe ich ungefähr 20 Minuten Richtung Osten, biege dann rechts ab und erreiche die Malysheva-Straße, auf der sich das kleine, unscheinbare Lokal befindet. Die Bedienung begrüßt mich freundlich, noch mehr, als ich mit meinen herausragenden Tadschikischkenntnissen zu glänzen weiß: „Salam Aleikom“ (Hallo), „Kurutob und Tee bitte!“, „Rahmat“ (Dankeschön). Kurutob ist eines der bekanntesten tadschikischen Gerichte und zumindest im Duschanbe ausgesprochen lecker: Es besteht aus geschichtetem Fatir – einem ölhaltigen Brot –, das mit würzigem Joghurt, Qurot, dem Namensgeber des Gerichts, zubereitet und anschließend mit kleingeschnittenen Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Kräutern bestreut wird. Wie so oft besteht die Genialität des Gerichts aus seiner Einfachheit. Die verschiedenen Bestandteile des Kurutobs fordern alle Geschmackssinne heraus: die angenehme, innen weiche und außen knusprige Konsistenz des fatirs, die leichte Säure des Joghurts, die Frische des Gemüses und der Kräuter. Der Kurutob im Dushanbe ist nicht nur geschmacklich kaum zu übertreffen, sondern mit 150 Rubel (ca. 2 Euro) für eine riesige Portion auch unschlagbar günstig. Den Rest des Nachmittags verweile ich im Café, trinke Tee und lausche den fernöstlichen Klängen, die über die Laptopboxen erschallen. Bereits um 16 Uhr beginnt sich der Himmel zu verdunkeln, nur eine halbe Stunde später ist es bereits stockfinster – die Nacht beginnt.
Wer dann immer noch nicht genug hat, findet schräg gegenüber mit dem Mizanthrop den idealen Ort, um die Nacht ausklingen zu lassen. In diesem, verglichen mit seinen Vorgängern etwas weniger sowjetisch anmutenden Etablissement tanzt die Jekaterinburger Jugend bis in die frühen Morgenstunden zu vornehmlich elektronischer Musik und Hip-Hop. Anders als der Name vermuten lässt, sind die Gäste meist sehr freundlich und die Stimmung ist stets ausgelassen.
Eine halbe Stunde Fußweg ist es noch nach Hause, dann endet unser Spaziergang, der leider nur einen Bruchteil dessen zeigen konnte, was Jekaterinburg nicht nur an kulinarischen Höhepunkten zu bieten hat. Ihr seid herzlich eingeladen vorbeizukommen und euch ein eigenes Bild zu machen – es lohnt sich!