Interview
Anna Bengtsson
Der Verlag Ersatz bringt seit vielen Jahren deutschsprachige Literatur nach Schweden. Anna Bengtsson hat den Verlag 1994 mitbegründet und arbeitet auch als Übersetzerin aus dem Deutschen.
Du hast 1994 zusammen mit Ola Wallin den Buchverlag Ersatz gegründet, der hauptsächlich übersetzte Literatur aus dem Russischen und Deutschen veröffentlicht. Du arbeitest auch als Übersetzerin aus dem Deutschen ins Schwedische. Kannst du uns etwas über deine Beziehung zur deutschsprachigen Literatur erzählen?
Die deutsche Literatur ist breit gefächert, länderübergreifend und hochgeistig. Ich bin fasziniert von den Wurzeln der Sprache, den Dialekten, der Verwandtschaft mit dem Schwedischen. Es gibt große, schwere Klassiker, auf die man sich beziehen kann, eine ganze Denktradition mit Berührungspunkten zwischen Poesie und Philosophie. Deutsch ist auch eine der wichtigsten Übersetzungssprachen und kann als Fenster zur Weltliteratur dienen.
Ersatz hat schon früh begonnen, deutschsprachige Literatur zu verlegen, und seither hast du von Klassikern und Sachbüchern bis hin zu Lyrik und zeitgenössischer Literatur alles veröffentlicht. Warum hast du dich entschieden, dich auf deutschsprachige Literatur zu konzentrieren?
Unser erster Titel war richtungsweisend für unsere weiteren Publikationen: Korrespondenzen 1926, ein Briefwechsel zwischen Marina Zwetajewa, Boris Pasternak und Rainer Maria Rilke. Es war weniger eine bewusste Anstrengung als vielmehr eine Suche nach Literatur und Impulsen, die uns interessierten und die wir in den schwedischen Veröffentlichungen vermissten.
Du hast Werke von Rainer Maria Rilke, Durs Grünbein, Maxim Biller und zuletzt Christian Krachts hochgelobten „Eurotrash“ übersetzt. Wie ist es, gleichzeitig Verlegerin und Übersetzerin zu sein? Wie wählst du die Werke aus, die du übersetzen möchtest?
Es ist sowohl eine Freiheit als auch eine Verantwortung, Verlegerin und Übersetzerin in einer Person zu sein. Wenn man ein gutes Buch findet, für das es in der schwedischen Literatur kein Äquivalent gibt, macht es Spaß, in den gesamten Prozess eingebunden zu sein, einschließlich Gestaltung und Marketing.
Wie siehst du generell den Stand der Veröffentlichung deutschsprachiger Literatur in Schweden heute? Gibt es etwas, das du vermisst?
Ich habe den Eindruck, dass das Angebot an deutschsprachiger Literatur heute reichhaltiger ist als noch vor einigen Jahren. Es ist eine Vielfalt an großen Klassiker erschienen, wie z. B. Der Zauberberg von Thomas Mann. Und dann so etwas wie die Veröffentlichung der Werke von Arno Schmidt! Nach diesen Bemühungen des Verlags Ekphrasis werde ich für eine ganze Weile nichts mehr vermissen.