Leman Tomsu Als erste Architektin von der Baustelle an die Akademie
Als die Akademie erstmals 1929 Frauen zum Architekturstudium zuließ, wurden Leman Cevad und Münevver Belen, die sich schon seit der Grundschule kannten, die ersten Architektinnen der Türkei, die 1934 das Examen ablegten. In den Jahren nach ihrem Abschluss veröffentlichte sie, als wäre es die Ankündigung ihrer späteren glänzenden Karriere, in der damals wichtigen Zeitschrift Architekt (Arkitekt) ihre Projekte, die sie mal alleine, mal mit Münevver Belen gemeinsam erschuf.
Die meisten dieser Projekte waren kleine und mittelgroße Verwaltungsgebäude der Republikanischen Volkspartei (CHP). Zu den ersten Entwürfen von Leman Tomsu gehörten auch Volkshäuser, eine Institution, die in jener Zeit das kulturelle Leben revolutionierte. Zusammen mit Münevver Belen entwarf sie die Volkshäuser in Gerede, Karamürsel und Kayseri. Außerdem erstellte sie ganz allein die Häuser der Volkspartei (Halk Partisi Evleri) in Gerede und Emirdağ. Etwa um die gleiche Zeit arbeitete Leman Tomsu in Istanbul an einigen städtischen Projekten. Hier lernte sie auch Emin Onat kennen, mit dem sie in Zukunft viele gemeinsame Projekte verwirklichen sollte. Nachdem sie 1937 ein Jahr in Deutschland verbracht hatte, vollendete sie nach ihrer Rückkehr ganz alleine das Volkshaus in Şehremini.
Leman Tomsu besaß kein eingetragenes Büro im heutigen Sinn, was den damaligen Gesetzen nicht widersprach. Ihre Unterschrift reichte aus als Beglaubigung für die großen und kleineren Projekte, die sie bis 1941 erstellte. Dann lud Emin Onat sie ein, an der Technischen Universität Istanbul (ITÜ) in der Architekturabteilung akademisch zu arbeiten, und 1942 wurde sie für ihre Forschungen an historischen Bauwerken in Bursa zur Dozentin ernannt. Damit war es Leman Tomsu gelungen, als erste Frau an die Hochschule vorzudringen, die als Männerdomäne galt. Nach Beginn ihrer akademischen Karriere setzte Tomsu ihre Bauvorhaben zusammen mit Emin Onat fort. Zu ihren gemeinsamen Projekten gehört vor allem das Sanatorium Kirazlıyayla in Bursa. Leman Tomsu galt in ihrer Zeit als exzellente Kennerin des Materials und als hervorragende Detailplanerin. 1959 wurde sie zur Professorin befördert, 1981 ging sie in den Ruhestand, und 1988 hat sie uns verlassen.
Leman Tomsu mit den Lehrbeauftragten und Studierenden des 2. Studienjahres an der Architekturfakultät im Stadteil Gümüşsuyu gelegenen Gebäude der Technischen Universität Istanbul (zwischen Emin Onat und Paul Bonatz)
Vorstand der Professoren der Architekturfakultät der Technischen Universtität Istanbul (Leman Tomsu, Sabri Oran, Emin Onat, Kemali Söylemezoğlu, Mukbil Gökdoğan, Sait Kuran (Dekan), Lami Eser, Kemal Ahmet Aru, Orhan Safa, Orhan Arda) im Konferenzsaal der Architekturfakultät in Taşkışla, 1950-1952
(1913-1988) Leman Tomsu
Leman Tomsu wurde am 7. Juni 1913 in Istanbul geboren und ist bis zum Familiennamensgesetz als Leman Cevad bekannt. Den Zunamen Tomsu nahm sie aufgrund des Gesetzes an. Deswegen erscheint sie in ihrer Schulzeit, ja bis in die ersten Jahre ihrer Architektinnenkarriere in den Unterlagen mal als Cevad, mal als Tomsu.