Kants Ästhetik und soziale Medien

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This essay was submitted to the Goethe-Institut “Sapere Aude” Essay Competition, where it earned second place among college entries. Originally written in German, it is presented here in its original language without translation.

Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass Soziale Medien die Wahrnehmung von Schönheit und Ästhetik in der heutigen Gesellschaft beeinflusst haben. Immanuel Kant war Philosoph und ein wichtiger Denker der Aufklärung, der glaubte, dass es Unterschiede in der Art und Weise gebe, wie wir uns mit Schönheit engagieren und interagieren. In seinem Werk “Kritik der Urteilskraft” theoretisiert er Urteile über das Angenehme, Urteile über das Schöne und Urteile über das Erhabene. In der heutigen digitalen Welt können wir diese Urteile mit einem Pinterest “pin” oder vielleicht sogar einem Instagram “follow” oder einem Tiktok “repost” vergleichen. Kants ästhetische Theorie bleibt im Kontext der sozialen Medien höchst relevant, weil sie einen Rahmen für das Verständnis bietet, wie sich Urteile über das Angenehme, Schöne, und Erhabene in der digitalen Kultur manifestieren: Algorithmen der sozialen Medien spiegeln Urteile über das Angenehme wider, indem sie Inhalte erstellen, die den individuellen Interessen entsprechen. Urteile über das Schöne spiegeln in der Bedeutung optisch ansprechendere und trendige Inhalte wider, und Urteile über das Erhabene zeigen sich durch Inhalt, der eine emotionale Wirkung hat. Mit Hilfe der Untersuchung, wie die digitale Kultur die Gesellschaft beeinflusst hat, will ich einen Beitrag für ein umfassenderes Verständnis der Wahrnehmung von Vergnügen und Sinn leisten.

Kant glaubte, dass ein ästhetisches Urteil ein Urteil ist, das auf der Stimmung beruht. Es ist wichtig, sich die Definitionen von “dem Angenehmen” klarzumachen. Kants Konzept des "Angenehmen" bezieht sich auf die ästhetische Erfahrung und die unmittelbare, sensorische Freude, die wir aus Objekten oder Erlebnissen bekommen. Im Gegensatz zu "Schönheit,” die für Kant eine tiefere, rationalere Schätzung impliziert, ist das “Angenehme” eher subjektiv und hängt von persönlichen Vorlieben ab.

In Nick Zangwills Artikel “Kant on Pleasure in the Agreeable,” der in dem Journal of Aesthetics and Art Criticism veröffentlicht wurde, schreibt er, dass Kant behauptet, dass die Freude in das “Angenehme” das Lust mache, weil sie ein Urteil gebe, und das Urteil sei immer mit einer Sensation verbunden (Zangwill Seite 168). Also beschreibt es Dinge, die uns Freude bringen, ohne unbedingt eine tiefere Bedeutung oder universelle Logik zu haben. Soziale Medien Algorithmen enthalten Urteile über das “Angenehme”, indem sie Inhalte erstellen, die den individuellen Interessen entsprechen. Ich würde sagen, dass soziale Medien ein “Showcase” für persönliche Vorlieben und Trends sind, ähnlich wie Kants Ideen von dem "Angenehmen." Inhalte wie Essen, Mode und Unterhaltung werden aufgrund individueller Vorlieben geteilt und bringt uns einfache Freude ohne tiefere Bedeutung.

Zangwill schreibt auch, dass Kant der Meinung hat, dass die Freude des “Angenehmen” nicht frei sei. Es kann also nicht intentional sein. Diese Unfreiheit entsteht aus dem Grund der Freude (Zangwill Seite 170). Ich denke, in den sozialen Medien kann man diese “unfreie Freude” interpretieren, dass wir auf die Inhalte beschränkt sind, die uns der Algorithmus gibt. Obwohl das von der sozialen Medien Plattform absichtlich ist, ist das nicht von uns persönlich absichtlich. Wussten Sie, dass Sie heute Abend auf Tiktok ein Video einer Katze sehen werden, die ein Cupcake-Kostüm trägt? Wahrscheinlich nicht, aber Sie werden Freude davon bekommen! Kant glaubt, dass man, wenn schon einmal Freude gehabt hat, motiviert sei, diese Freude wieder zu bekommen. Wenn Sie das süße Katze-video ‘liken’ und teilen, werden Sie es immer wieder auf anderen sozialen Medien Plattformen sehen. Vielleicht möchten Sie es morgen mit Ihren Freunden noch einmal sehen, weil wer nicht eine Katze in einem Cupcake-Kostüm sehen möchte, oder?

Die sozialen Medien Plattformen stärken unsere persönlichen Vorlieben und schaffen Trends, die widerspiegeln, was gerade bei verschiedenen Gruppen beliebt oder “angenehm” ist. Das Urteil über das “Angenehme” sind alle diese oberflächlichen Interaktionen, die wir jeden Tag in den sozialen Medien teilen.

Kants Urteil über das “Schöne” ist das beliebteste der drei Urteile und hat in vielen Teilen des heutigen Lebens große Relevanz. Im Gegensatz zu den Urteilen des “Angenehmen,” die über persönliche Verlangen stehen, haben Urteile über das “Schöne” Universalität. Diese Universalität bedeutet, dass ästhetische Erfahrungen aus unterschiedlichen Perspektiven verstanden werden können. Kant analysiert das Urteil über das Schöne durch einen Prozess, der er die vier “Momente” nennt. Jedes Moment gibt ein tieferes Verständnis, wie wir Schönheit wahrnehmen. Wir können viel über die Wahrnehmung ästhetischer Werte und Urteile in der modernen Gesellschaft lernen, indem wir diese Momente und ihre Existenz in den sozialen Medien untersuchen.

Das erste Moment heißt “Moment der Freiheit” und beschreibt ein uninteressiertes Vergnügen. Laut H. Ginsborgs Artikel “Kant’s Aesthetics and Theology," veröffentlicht in der Stanford Encyclopedia of Philosophy, ist das uninteressierte Vergnügen anders als das Urteil des “Angenehmen,” weil Urteile des Angenehmen einfach ausdrücken, dass einem etwas gefällt (section 2.1). Ein uninteressiertes Vergnügen ist ein Vergnügen, das nicht verlangt, dass das Subjekt ein Verlangen nach dem Objekt hat. Es basiert eher darauf, etwas für seine ästhetischen Qualitäten zu schätzen, ohne persönliche Bias. Zum Beispiel gibt es in den sozialen Medien eine starke Betonung auf visuelle Ästhetik und Medien, die an das Gefühl appelliert. Ein Video des wunderschönen Lands Italien kann die Gefühle des Zuschauers ansprechen, und er kommentiert nicht aus Neid oder Verlangen, sondern aus Bewunderung für die Schönheit.

Das zweite Moment heißt “Moment der Universalität” oder der Anspruch aus “Universalität,” das bedeutet, dass das Objekt von allen als schön empfunden wird. Auf Plattformen wie Instagram und Pinterest geht es darum, schöne Bilder zu teilen und zu entdecken. Bilder oder Videos, die allgemein schöner sind, sind Online immer in Trend. Ich glaube jedoch, dass diese Theorie viele Fehler hat. Diese Theorie ignoriert die unterschiedlichen Schönheit-standards, die in anderen Teilen der Welt existieren. Paul Daniels stellt in seinem von der University of Melbourne veröffentlichten Aufsatz “Kant on the Beautiful: The Interest in Disinterestedness” die Frage, wie die Erfahrung von Schönheit subjektiv sein und gleichzeitig eine universelle Stimme behalten kann. Er behauptet, dass Kants Theorie mehr auf die Universalität der Erfahrung von Schönheit konzentriert und nicht wie das schöne Objekt diese Reaktion schafft. Mit anderen Worten: Unsere Reaktion auf Schönheit und unser Urteil sind das Universelle, nicht die Schönheit selbst. Schöne Fotos bekommen auf Instagram viele Likes, während weniger ansprechende Fotos normalerweise weniger Aufmerksamkeit bekommen. Kant glaubt, nur weil wir etwas Schönes finden, bedeutet das nicht, dass alle zustimmen werden, sondern wir sind der Meinung, dass sie aufgrund unseres Gefühls zustimmen sollen.

Das dritte Moment ist das “Moment der Zweckmäßigkeit," das akzeptiert, dass Urteile des Schönen keinen Zweck oder Ende annehmen. Man sieht vielleicht ein schönes Model in einer Parfüm-Werbung und erkennt, dass sie schön ist, aber hat nicht die Absicht, das Produkt aufgrund dieses Urteils zu kaufen, obwohl das genau das Ziel ist. Das Urteil über Schönheit ist ein uninteressiertes Urteil, was Kant stark betont. Kant schreibt in seiner “Kritik der Urteilskraft,”: “Der Geschmack für das Schöne ist uninteressiert und frei, da wir durch kein Interesse, weder des Sinnes noch der Vernunft, zur Zustimmung genötigt werden,” (Kant 210). Obwohl wir in einem Tiktok-Video etwas Schönes finden, sind wir nicht bezwungen, es zu “Liken” oder Kommentare zu schreiben.

Das letzte und vierte Moment ist das “Moment der Notwendigkeit.” Das Moment glaubt, dass wenn wir etwas als schön beurteilen, anderes auch tun sollten, trotz ihrer persönlichen Vorlieben. Ginsborg erklärt, dass das eigene Urteil ein Beispiel dafür ist, wie alle anderen urteilen sollen. Soziale Medien schaffen eine kollektive Idee von Schönheit, indem sie Trends und Standards hervorheben, die akzeptiert werden.

Das Urteil über das Schöne enthält viele verschiedene Ideen, die in den sozialen Medien gesehen werden. Wenn wir die vier verschiedene “Momente” mit sozialen Medien Beispielen vergleichen, können wir sehen, wie die moderne Gesellschaft Schönheit wahrnimmt. Schönheit ist jedoch nicht das einzige Urteil, das die sozialen Medien stark beeinflusst. Kants Urteile über das “Angenehmen” und “Schöne” spiegeln Algorithmen der sozialen Medien und visuell ansprechende Inhalte wider, aber seine Urteile über das “Erhabene” haben eine tiefere, emotionalere Bedeutung. Kants Urteil des “Erhabenen” macht Gefühle des Erstaunen und manchmal sogar Unbehagens. Das “Erhabene” lässt uns über unseren Platz im Universum nachdenken. Kant erklärt zwei Arten des Erhabenen: das mathematische Erhabene und das dynamische Erhabene. Der Artikel “The Kantian Sublime” der Clark University erklärt, dass das mathematische Erhabene uns mit seiner Größe überwältigen und das dynamisch Erhabene entsteht, wenn eine überwältigende Kraft uns unfähig macht, zu widerstehen.

In sozialen Medien würde das mathematisch Erhabene, Accounts mit einer großen Nummer an Follower zu finden. Menschen mit einer großen Nummer an Follower bekommen oft mehr Likes, Kommentare, und Shares als das Konto einer durchschnittlichen Person. Der durchschnittliche Instagram-Nutzer hat typischerweise 150-200 Follower, während Celebrities bis zu 600 Millionen Follower haben können. Das dynamische Erhabene könnte Zeiten sein, wenn ein einzelner Beitrag eine weltweite Reaktion bekommt und die Popkultur beeinflusst. Das kann in Inhalten gezeigt werden, die großartige Naturlandschaften, monumentale menschliche Errungenschaften oder emotional starke Geschichten zeigen. Alle diese Erfahrungen machen tiefe Emotionen und werden zum Trend in Algorithmen in den sozialen Medien. Ich glaube, dass Kants Urteil des Erhabenen die größte Macht über soziale Medien hat. Wenn uns etwas emotional und tief berührt, möchten wir es teilen und darüber sprechen.

Obwohl alle Kants ästhetische Urteile in den sozialen Medien sichtbar sind, gibt es viele Probleme mit seiner Philosophie, die in den sozialen Medien nicht sichtbar sind. Gudrun Clay schreibt in ihrem Buch 1000 Jahre Deutsche Literatur, von Focus Publishing/R Pullins Company veröffentlicht, dass “für Kant war gut und sittlich zu handeln eine menschliche Pflicht,” (Clay 210). Kant glaubte, dass Menschen logisch und selbständig denken sollen, ohne von anderen geleitet zu werden. Leider verlassen sich viele Menschen ausschließlich auf soziale Medien, um eine Meinung zu bilden. Ich glaube auch, dass viele Leute nicht logisch denken, bevor sie etwas in den sozialen Medien posten. Es gibt so viele falsche Informationen in den sozialen Medien und viele Menschen glauben sie, weil sie nicht selbst denken können. Das ist ein riesiges Problem mit den sozialen Medien und ich würde sagen, dass Kant aus diesem Grund mit den sozialen Medien nicht einverstanden würde.

Das Verständnis davon, wie Kants ästhetische Urteile auf soziale Medien anwendbar sind, kann dabei helfen, wie die moderne Gesellschaft Ästhetik und Kunst wahrnimmt und beurteilt, offenzulegen. Diese Urteile erklären, wie soziale Medien die Ideen und Ansichten dieser Generation im Vergleich zur Aufklärung geprägt haben. Die oben aufgeführten Argumente weisen nach, dass Kants Ästhetik zeitlos ist.