Deutsche Serien  Bad Banks

Bad Banks: Jana Liekam (Paula Beer) steht halb versteckt hinter einer Betonwand inmitten eines sonst leeren, tristen Raumes.
Jana Liekam (Paula Beer) steht unter großem Druck. Um nicht zu versagen, muss sie über sich hinauswachsen und bereit sein, Grenzen zu überschreiten... © ZDF und Sammy Hart

Was wären Sie bereit zu opfern, um in der von Männern dominierten Bankenwelt zu bestehen? Ihre Beziehung, Ihre Werte, Ihre Gesundheit, Ihre Loyalität? In der Serie „Bad Banks“ geht es um den europäischen Finanzmarkt, aber seine Relevanz ist global.

Geld regiert die Welt ... wenn es nicht gerade irgendwo versenkt wird

Der Anfang von Bad Banks gleicht einem Katastrophenfilm, nur dass die chaotischen Zustände hier im Bankenviertel spielen: Während in den Fernsehnachrichten vor einem Bankenkollaps gewarnt wird, der „fünfmal schlimmer ist als der Absturz der Lehman Brothers“, umringt eine wütende Menschenmenge einen Geldautomaten. Als dieser anzeigt, dass kein Geld mehr verfügbar ist, kommt es in den Straßen des Frankfurter Finanzbezirks, quasi der Wall Street von Deutschland, zu Tumulten. Jeder Anzugträger scheint ein Banker zu sein und wird damit zum Angriffsobjekt des wütenden Mobs. Selbst mit Tränengas und Barrikaden kann die Polizei den Aufruhr nicht in den Griff bekommen.

Derweil nutzt eine einsame Figur in einem Kapuzenpulli die allgemeine Unruhe, um unbemerkt über einen Seiteneingang in ein Bürohochhaus zu gelangen: die junge Investmentbankerin Jana (Paula Beer), die durch die verwüsteten Flure ihrer Firma irrt und von einem Kollegen beschuldigt wird, an dem ganzen Chaos schuld zu sein.

Es folgt eine Rückblende, die die Szenerie vor acht Wochen zeigt: Jana wird gerade der Job in einer angesehenen luxemburgischen Firma gekündigt, angeblich, weil sie es gewagt hat, besser zu sein als ein sexistisch agierender leitender Mitarbeiter.

In einer Branche, in der eine Kündigung quasi einem Todesurteil gleichkommt, ist die Erniedrigung und Verzweiflung groß. Doch dann erhält Jana plötzlich das Angebot, für eine große Investmentbank in Frankfurt zu arbeiten, einem Konkurrenzunternehmen ihres früheren Arbeitgebers. Die fast schon apokalyptisch anmutende Anfangsszene stellt das Fernsehpublikum damit vor ein Rätsel: Wie kann nur eine so ruhig und kompetent wirkende Frau wie Jana dieses heillose Durcheinander verursacht haben? Dieses spannungsgeladene Intro hat der ersten Staffel von Bad Banks einen enormen Suchtfaktor verliehen, dem Millionen von Zuschauenden erlegen sind.

Nullnummernspiel oder gar nichts

Bei der Deutsche Global Invest in Frankfurt arbeitet Jana direkt für den Chefinvestmentbanker Gabriel Fenger (Barry Atsma): ein typisches Alpha-Männchen, das so gar nichts mit den alten Stereotypen des schlichten und genügsamen Deutschen zu tun hat und stattdessen stets mit überheblicher, amerikanisch angehauchter Siegermentalität auftritt und sich sogar für seinen Arbeitstag damit aufputscht, Tom-Cruise-Filme in Dauerschleife laufen zu lassen. Für ihre Darstellungen sind sowohl Atsma als auch Paula Beer mit Preisen ausgezeichnet worden.

Unter Fengers Fittichen merkt Jana schnell, dass sie nur ein Spielball im Machtkampf hoher Tiere in rivalisierenden Unternehmen ist. Aber die Opferrolle ist nichts für sie. Sie hat gelernt, dass das eigene Gewissen einer Karriere in dieser Branche nur im Weg steht und rächt sich an ihren Vorgesetzten, ganz gleich, welcher Kollateralschaden dabei der gesamten Gesellschaft entsteht. Die Story des Chefautors Oliver Kienle ist keine Studie des moralischen Verfalls, vielmehr befindet sich die Moral hier im freien Fall.

Die Handlung ist spannend, aber wir folgen den Intrigen hier nicht wie bei einer Abendprogramm-Soap des 21. Jahrhunderts. Dafür ist Bad Banks zu verstörend. Die Zuschauenden werden Zeuge, wie Jana immer mehr in ein unmoralisches Umfeld abdriftet, sind aber trotzdem auf ihrer Seite, denn als junge Frau ist sie ständig herablassenden Bemerkungen und Beleidigungen ausgeliefert. Die Sympathien des Publikums werden allerdings in einer Weise auf die Probe gestellt, die man im Fernsehen äußerst selten findet. Während der gesamten Serie stellt sich die Frage, ob Jana „wie ein Mann” agieren muss, um in einer Welt zu bestehen, in der jede*r jeder oder jedem an den Kragen will. Erst gegen Ende geht sie eine Verbindung ein, die versöhnlichere Klänge anstimmt.

So fesselnd die vielen Betrügereien auch sind: Was Bad Banks unterm Strich zu einer herausragenden Serie macht, ist der kinofilmartige Stil. Regisseur Christian Schwochow und Kameramann Frank Lamm verleihen der Handlung eine leicht unterkühlte Atmosphäre, die eher an Arthaus-Filme erinnert als an TV-Serien: clever, kühl und mit hohem Suchtfaktor. Bad Banks ist eine Koproduktion zwischen dem Zweiten Deutschen Fernsehen ZDF und dem europäischen Kultursender Arte. Die anspruchsvolle Ästhetik der Serie ist also sicherlich auch der feinfühligen Handschrift von Arte geschuldet.
 

Bad Banks und Böse Banken: Beides wird uns erhalten bleiben

Bad Banks zeigt, wie sich das deutsche Fernsehen gerade neu erfindet. Die ersten beiden Folgen feierten auf der riesigen Kinoleinwand des berühmten Berliner Zoopalasts im Rahmen der Berlinale 2018 Premiere. Ein solch prestigeträchtiges Debüt wäre noch vor Kurzem unvorstellbar gewesen. Einen Tag später waren alle sechs Folgen auf den Websites von Arte und ZDF verfügbar und verezeichneten dort binnen einer Woche eine Million Zuschauende. Erst danach wurde die erste Staffel auf Arte und im ZDF ausgestrahlt.

Vor allem die Online-Klicks, aber auch die jubelnden Kritiker*innen waren ausschlaggebend dafür, dass die beiden Sender nur einen Monat nach Premiere der ersten Staffel eine zweite in Auftrag gaben. In den USA sicherte sich Hulu die Rechte, und die Serie lief seither in mehr als 40 Ländern – ein weiterer Beweis dafür, dass deutsche Serien international auf dem Vormarsch sind. Bad Banks ist an deutsch- und französischsprachigen Standorten derzeit auf Netflix verfügbar, eine würdige Heimat für eine Serie, die geradezu zum Binge-Watching einlädt.

Regisseur Christian Schwochow hat neben diversen anderen Projekten gerade als erster deutscher Filmemacher bei einigen Folgen der von Netflix produzierten Serie The Crown Regie geführt. Ob er allerdings bald neue Folgen von Bad Banks liefern wird, steht noch in den Sternen. Den Autor*innen dürfte jedenfalls das Material für neue Handlungsstränge nicht ausgehen. Dazu brauchen sie nur die Zeitungen aufzuschlagen, wo die letzten Schlagzeilen mit neuen Vorwürfen gegen eine bestimmte Bank sicher jede Menge realistische Vorlagen für neue Folgen von Bad Banks liefern. 

Die Dreharbeiten zur zweiten Staffel der ZDF-Serie „Bad Banks“, dieses Mal unter der Regie von Christian Zübert und nach den Drehbüchern von Oliver Kienle, haben im Januar 2019 begonnen. In sechs weiteren Folgen erzählt die zweite Staffel „Bad Banks“, wie sich die Finanzwelt ein halbes Jahr nach der Krise neu erfindet. 
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