Sensibler Sprachgebrauch  Zurück zu Geflüchteten

Zurück zu Geflüchteten Illustration: © Vladimír Holina

Der Begriff „illegale Migranten“ ist sehr problematisch. Seine ständige Verwendung durch Behörden und Medien macht es nicht besser. Denn die so Bezeichneten sind keine „rechtswidrigen Menschen“. JÁDU-Autorin Nataša Holinová plädiert für einen sensibleren Sprachgebrauch.

Was nicht legal ist, ist schlecht: rechtswidrig, ungesetzlich, unerlaubt, unrechtmäßig... Verboten. Derzeit bewachen sowohl Österreich als auch die Tschechische Republik ihre Grenzen zur Slowakei, um die Einreise sogenannter illegaler Migranten zu verhindern. Und sogar der slowakische Polizeipräsident Štefan Hamran verwendet hierbei das unbelebte „das“: „Das versammelt sich an den Grenzen, das lösen wir.“

Versammeln sich also an den Grenzen „verbotene“ Menschen?

Nein, aber in den letzten sieben Jahren hat die Verwendung des Wortes „Flüchtling“ nicht gerade die allerglücklichste Entwicklung erfahren, besser gesagt, wird es gar nicht mehr verwendet und alle reden nur noch von „illegalen Migranten“. Und zwar nicht nur bei uns in der Slowakei, auch in der österreichischen Presse finden sich haufenweise „illegale Migranten“.

Diese semantische Verschiebung macht ihre Position und unser Bild von ihnen noch schlechter. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) definiert einen Migranten als einen Menschen, der aus irgendeinem Grund seine Heimat verlassen hat. Das ist jedoch kein juristischer Begriff; ein Migrant ist zum Beispiel auch eine Person, die im Ausland studiert, oder aber auch nur in einer anderen Stadt innerhalb desselben Landes (Binnenmigrant).

Auch Asylbewerber sind Migranten

Warum sollten wir im Fall von Syrer*innen, wie ich sie kürzlich in Begleitung von Polizist*innen auf den Leitplanken nahe der österreichischen Gemeinde Berg sitzen sah, lieber wieder den Begriff Geflüchtete verwenden? Das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) erklärt, dass eine klare Unterscheidung zwischen Migranten und Geflüchteten getroffen werden muss. Eine Vermischung dieser Begriffe und deren unklare Unterscheidung können negative Folgen für Geflüchtete haben, die sich, im Gegensatz zu anderen Migranten, in ihrem Herkunftsland in unmittelbarer Lebensgefahr befinden und besonderen Schutz dringend benötigen.

Ein Mensch als solcher kann, ja darf nicht illegal sein.

Nicht einmal während der sogenannten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 hat sich in der Slowakei das allgemeine Verständnis durchgesetzt, dass es sich bei Geflüchteten hauptsächlich um Menschen handelt, die vor Bedingungen fliehen, die ein Leben in ihrem Heimatland unmöglich machen. Das ist überall dort der Fall, wo Kriege oder wahnsinnige Regime wüten, also auch in Syrien und Afghanistan.

Nur „rechtswidrige“ Menschen?

Die Menschen, von denen wir sprechen, sind Teil eines Phänomens, das als irreguläre Migration bezeichnet wird, das bedeutet, dass sie die Grenzen ohne gültige Dokumente, Visa und so weiter überquert haben. Und aufgrund dieses Begriffes sind aus ihnen dann irgendwie „illegale Migranten“ geworden. Das größte Problem dabei ist aber, dass sich dieser Begriff auf die Illegalität der Person selbst bezieht, nicht auf ihr Handeln. Aber ein Mensch als solcher kann, ja darf nicht illegal sein.

Und dann müssen auch noch viel größere Selbstverständlichkeiten als zuvor erklärt werden. So schrieb die slowakische Polizei auf Facebook: „Bislang wurden keine rechtswidrigen Handlungen durch illegale Migranten festgestellt. Im Gegenteil, sie sind dankbar für jede Hilfe, die sie erhalten, und helfen sogar bei der Verwaltung der Zeltstadt.“ Dies sieht nach einem perfekten Widerspruch aus: Sie haben nichts Rechtswidriges getan, sie sind nur „rechtswidrige Menschen“.

Nein. Sie sind Geflüchtete, und wenn es ihnen gelingt, nach Deutschland zu gelangen, werden aus ihnen Asylbewerber.

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