Werner Herzog
Die beispiellose Verteidigung der Festung Deutschkreutz
- Produktionsjahr 1967
- Farbe / Länges/w / 15 Min.
- IN-Nummer IN 3584
Vier junge Männer dringen in eine alte, leer stehende Festung ein und finden zurückgelassene Waffen, Stahlhelme und Uniformen. Zunächst eignen sie sich die Fundstücke eher spielerisch an, doch aus dem Spiel droht Ernst zu werden. Sie exerzieren, schießen und warten auf den Feind, denn „man muss sich bewähren dürfen!“
Immer wieder scheinen die Filme von Werner Herzog ihren Anfang in den Schauplätzen gefunden zu haben. DIE BEISPIELLOSE VERTEIDIGUNG DER FESTUNG DEUTSCHKREUTZ ist dafür wohl eines der frühesten Beispiele. Als Herzog den Film realisierte, dürfte die alte Festung an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn tatsächlich leer gestanden haben: ein geschichtsträchtiger Ort, dessen Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht, und von dem die Nazis später, nach dem Anschluss Österreichs, Juden und Roma verschleppt und in Konzentrationslagern ermordet hatten; 1944 starben dort hunderte ungarische Juden, die man nach Deutschkreutz für die Errichtung des „Ostwalls“ deportiert hatte. Kurz vor Kriegsende besetzten Soldaten der Roten Armee die im frühen 17. Jahrhundert errichtete Festung und den gleichnamigen Ort.
Die Vergangenheit der Festung bleibt in Herzogs Film unerwähnt – aber sie wird präsent in den Fundstücken der vier jungen Männer, die wie Wanderer aus einem Niemandsland zu kommen scheinen. Eingangs verweist ein (im Film akustisch dominanter) Off-Kommentator auf die vergeblichen Bemühungen, den Ort einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und „sozusagen das Schloss zur Vernunft zu bekehren“. Selbst der Versuch einer Champignonzucht sei gescheitert. Jetzt stehe das heruntergekommene Gebäude, in dem nach dem Abzug der Russen angeblich eine Nervenheilanstalt untergebracht gewesen sei, zum Verkauf an. Dieser nicht belegte Hinweis auf eine psychiatrische Anstalt könnte auch als Anspielung auf die Herkunft der jungen Männer verstanden werden.
Wenn die Vier, nachdem sie durch ein kaputtes Fenster in das Gebäude und den Innenhof gelangt sind und schließlich Waffen und Uniformen finden, merkt der Kommentar an: „Man kann sich seinen Geschenken nicht entziehen“ – so wenig wie der eigenen Historie. Kurzfristig streiten die jungen Männer um den Besitz der einzelnen Fundstücke, einer jagt einen anderen mit einem Gewehr: Wo Waffen sind, herrscht auch die Versuchung, sie anzuwenden – das ist ein zentrales Motiv dieses Films, das auch in späteren Arbeiten Herzogs immer wieder, wenngleich weniger direkt, anklingen wird.
Der größte Teil des Films spielt im verwahrlosten Innenhof der Festung: Herzog, der sich mit mittelalterlicher Malerei bestens auskennt, hat hier vermutlich auch an eine Ironisierung des „hortus conclusus“ gedacht, der einst als Topos des Paradiesgartens galt, als abgeschlossener natürlicher Raum, der vor den Einflüssen einer trivialen Außenwelt geschützt ist. Nun provoziert der Raum und die in ihm vorhandenen Objekte nur noch Gewalt. Die jungen Männer rüsten auf, sehen bald aus wie junge Soldaten und verhalten sich auch so. Sie spielen Krieg, einer kommandiert, die anderen exerzieren und alle bereiten sich auf kommende Kampfhandlungen vor, denn „der Feind wartet nur auf eine Gelegenheit, um alles hochgehen zu lassen“.
Mit diesen zunächst eher vagen Vorstellungen beginnt auch der Aufbau eines zunehmend wirksamen Feindbilds, das die jungen Männer mit dem Erscheinen eines harmlosen Bauern bestätigt sehen: Sie schießen. Aber dann bleibt alles folgenlos, nichts geschieht. Der Kommentator indes erklärt die Enttäuschung der Möchtegern-Krieger: „Die erste Pflicht eines Feindes ist es, Feindseligkeiten zu begehen!“ Und er fügt hinzu: „Wenn alles schön ruhig bleibt, soll man bloß nicht glauben, dass es keine Feinde gibt!“ Das Soldatenspiel hat sich verselbständigt, auch ohne Feind, doch es herrscht die Sorge, „der Feind könnte sie im Stich lassen“. Am Ende praktizieren sie den Ausfall – als müssten sie einen Belagerungsring durchbrechen. Es folgt ein letzter Hinweis des Kommentars: „Kriege sind nötiger denn je. Selbst eine Niederlage ist besser als gar keine“. Der Satz ist so vieldeutig wie Herzogs Film, der sich einer eindeutigen politischen Deutung letztlich verweigert und eher als absurde Dramen-Etüde zu sehen ist.
- Produktionsland
- Deutschland (DE)
- Produktionszeitraum
- 1966/1967
- Produktionsjahr
- 1967
- Farbe
- s/w
- Bildformat
- 1:1.33
- Länge
- Kurzfilm (bis 30 Min.)
- Gattung
- Dokumentarfilm
- Genre
- Anti-/ Kriegsfilm
- Thema
- Gewalt, Psychologie
- Rechteumfang
- Nichtexklusive nichtkommerzielle öffentliche Aufführung (nonexclusive, noncommercial public screening),Keine TV-Rechte (no TV rights)
- Anmerkungen zur Lizenz
- Hinweis: Vorführungen der Werner Herzog Filme außerhalb der Goethe-Institute im Ausland, z.B. in herkömmlichen Kinos, müssen im Vorfeld mit der Werner Herzog Stiftung abgesprochen werden.
- Lizenzdauer bis
- 14.12.2026
- Permanente Sperrgebiete
- Deutschland (DE), Österreich (AT), Schweiz (CH), Liechtenstein (LI), Südtirol (Alto Adige), Belgien (BE), Luxemburg (LU), Italien (IT)
- Verfügbare Medien
- Blu-ray Disc, DVD, DCP
- Originalfassung
- Deutsch (de)
Blu-ray Disc
- Untertitel
- Deutsch Voll UT, Englisch (en), Französisch (fr), Spanisch (Lateinamerika), Portugiesisch (Brasilien), Italienisch (it), Chinesisch (zh), Russisch (ru), Türkisch (tr), Arabisch (ar)
DVD
- Untertitel
- Deutsch Voll UT, Englisch (en), Französisch (fr), Spanisch (Lateinamerika), Portugiesisch (Brasilien), Italienisch (it), Chinesisch (zh), Russisch (ru), Türkisch (tr), Arabisch (ar)
DCP
- Untertitel
- Deutsch (de), Deutsch Teil UT, Englisch (en), Französisch (fr), Portugiesisch (Brasilien), Arabisch (ar), Chinesisch (zh), Russisch (ru), Spanisch (Lateinamerika), Italienisch (it), Türkisch (tr)
- Anmerkung zum Format
- Verschlüsseltes Herzog-Kurzfilm-Sammel-DCP (8 Filme)