Museum for Literature and Theatre Arts, Sarajewo, Bosnien-Herzegowina
Erinnerungsort für eine vielstimmige Literatur
Mit seinem kleinen, hübschen Innenhof und den weiß gestrichenen Arkaden ist das Museum für Literatur und Darstellende Künste an einem paradiesisch anmutenden Ort mitten in Sarajewo untergebracht. Das neu renovierte Archiv brigt eine reichhaltige Schriftensammlung aus der polyphonen Literaturgeschichte Bosniens.
Von: Sejla Sehabovic
Im Zentrum von Sarajewo steht ein altes Haus aus dem 19.Jahrhundert (ein Kulturdenkmal der höchsten Kategorie) Davor befindet sich ein kleiner, gepflegter Garten. Ein Archivfoto aus den 1920er Jahren zeigt eine Frau, die im Garten eine Skulptur anfertigt. Die Frau ist Iva Despić, die erste bosnische Bildhauerin mit einem Hoschschulabschluss in Bildender Kunst. Sie war die letzte Bewohnerin des Hauses. An der Hausfassade kann man noch heute Werke von ihr sehen.
Seit 1961 beherbergt das Haus nun das Museum für Literatur und Darstellende Kunst von Bosnien und Herzegowina. 1961 ist auch das Jahr, in dem der erste (und einzige!) jugoslawische Schriftsteller mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde: Ivo Andrić und sein Roman Die "Brücke über die Drina".
Kulturakteure der Republik Bosnien und Herzegowina nutzten den Umstand, dass Ivo Andrić Bosnier war und den größten Teil seines Lebens damit verbrachte, geradezu obsessiv über seine Heimat zu schreiben,um das einzige Museum für nationale Literatur in Jugoslawien hier n Sarajewo einzurichten. Ihnen schwebte vor, dass die bosnische Literaturgeschichte umfassend und multiethnisch dargestellt werden sollte. In den 1970er-Jahren wurde das Konzept um Sammlungen erweitert, die sich der Geschichte des Theaters in Bosnien und Herzegowina widmen.
Es verfügt über eine Dauerausstellung, eine Galerie und einen Garten, beide nutzbar für öffentliche Veranstaltungen. Hinzu kommt das umfangreiche Archiv, das 2021 renoviert wurde.
Aufgrund der politischen Unruhen in Bosnien und Herzegowina verweigern die bosnischen ethnisch-nationalen Eliten seit 1995 die öffentliche finanzielle Unterstützung für diese kleine, aber sehr wichtige Einrichtung. Ein umso wichtigerer Grund, die Bewahrung der Sammlung als eine (schwierige) Aufgabe von größter Bedeutung zu sehen. So sollen in einem nächsten Schritt die Sammlungen des Museums digitalisiert werden. Sie sind europäisches Erbe. Sie gehören der Welt.
Unser Archiv ist nun (endlich!) bereit für diesen Prozess.