Goethe-Institut Beirut
Neubau-Party im Libanon
Seit 1955 ist das Goethe-Institut in Beirut präsent. Zeit für mehr Raum: Mit einer „großen Party“ wurde in der libanesischen Hauptstadt ein neues Gebäude eröffnet. Auch libanesischen Künstlerinnen und Künstlern sollen die neuen Räume zur Verfügung stehen.
DJane Rita legt auf. Vor der Bühne wird abgetanzt. Aber immer wieder wandern die Blicke der mehr als 600 Gäste des Goethe-Instituts neugierig auf die große Leinwand am Rand der Party-Zone.
In der Dunkelheit leuchten dort kunstvoll geschwungene Buchstaben auf, mal in weiß, mal in gelb. Wie von Zauberhand entstehen dort aus arabischen und deutschen Wörtern regelrechte Schriftkunstwerke. Michael Ang: „Was wir auf weiß geschrieben haben, ist von uns in Beirut und die gelben Sachen kommen in Echtzeit aus Berlin, über das Internet.“
„Es ermöglicht dir, dich auszudrücken.“
Der kanadische Künstler Michael Ang steht neben dem sogenannten Inflektor-Tisch. Dort wird das eingespannte Papier von unten beleuchtet und auf die Leinwand projiziert.„Wenn man auf das Papier malt, nimmt die Kamera ein Bild von der Unterseite auf. Man sieht die Hand nicht und die schwarze Tinte wird in Weiße konvertiert. Das klingt simpel. Aber es ermöglicht dir, dich auszudrücken.“
Ein Künstler, der sich „Schriftzug“ nennt, ist dazu eigens aus Frankfurt nach Beirut gekommen. „Man nennt es auch gerne Calligraffiti. Das ist eine Kunstform, die aus beidem zusammengewürfelt ist. Es ist quasi Kalligraphie mit starkem Graffiti-Einfluss. Das Spannende an der digitalen Geschichte heute: Also wir können zwei Städte hier zusammenbringen, die eigentlich sehr weit auseinanderliegen. Wir können verschiedene Stile kombinieren. Das ist eine sehr interessante Nummer heute.“
Verrückt
Der libanesische Calligraffiti-Artist Hayat al Chaban ist begeistert: „Es ist verrückt: Es ist wie ein Treffen der Kulturen heute hier in Beirut.“Schon seit 1955 fördert das Goethe-Institut diesen Brückenschlag zwischen Deutschland und dem Nahen Osten. In Beirut befindet sich damit eines der ältesten deutschen Kulturinstitute weltweit. Der erst 35 Jahre alte Direktor Mani Pournaghi steht jedoch für die inzwischen sehr moderne Interpretation des Kulturaustauschs.
Als er das neue dreistöckige Institutsgebäude in Beiruts angesagtem Stadtviertel Gemmayzeh eröffnet, ist neben den Honoratioren und vielen Intellektuellen der Stadt so ganz selbstverständlich auch die jungen Szene dabei. Die Deutschen seien eine wichtige Stütze, sagt Schauspieler und Regisseur Omar Abi Azar von der Theaterkompanie Zoukak.
„Was am Goethe-Institut so gut ist, ist, dass es den Wert der libanesischen Kulturszene nicht in Frage stellt, sondern sich engagiert, wenn sie das Gefühl haben, Du bist selbst engagiert. Wenn man es mit unserem eigenen Kulturminister zu tun hat, fühlt man diese Wertschätzung nicht. Aber wenn man zu Mani, dem Direktor des Goethe-Institutes, geht, kann man sich der Unterstützung seines Projektes sicher sein.“
Wenn Goethe einspringt
In der Tat springen das Goethe- und andere europäische Kulturinstitute oft da ein, wo das libanesische Kulturministerium passen muss. Es hat einen viel zu kleinen Etat, um seine Künstler selbst fördern zu können. Mani Pournaghi ist es deshalb wichtig „einen Raum zu schaffen, nicht nur einen physischen Raum, sondern einen, wo sich Künstlerinnen und Künstler treffen können, um bestenfalls Co-Produktionen zu ermöglichen. Mir passiert das natürlich auch, wenn ich in Europa bin, in Deutschland, dass die Leute sagen: ‚Bist du im Libanon? Oh, gefährlich.‘ Aber was hier passiert, ist unglaublich in der kulturellen Szene, in der kulturellen Landschaft. Hier gibt es auf höchstem ästhetischen Niveau verschiedene Strömungen. Deswegen versuchen wir nicht nur hier vor Ort zu wirken. Das ist unser Hauptmandat. Aber wir versuchen auch, das ist mir besonders wichtig, ein anderes Bild des Libanons in Deutschland zu zeigen.“Zum klassischen Angebot des Goethe-Instituts gehören parallel weiterhin die Deutschkurse. Die Nachfrage ist groß: Allein von 2016 auf 2017 stieg die Zahl der libanesischen Kursteilnehmer um 35 Prozent. Über 6.000 Deutsch-Sprachprüfungen wurden abgelegt. Nicht zuletzt, weil sich auch die Art des Deutschunterrichts über die Jahre verändert habe, erklärt Alexander Kruckenfellner, Leiter der Sprachabteilung in Beirut.
Austausch auf Augenhöhe
„Wir versuchen natürlich auch diese interkulturelle Komponente ganz stark in unseren Kursen einzubringen. Sowohl die Libanesen mit ihrem Leben, mit ihrer Wirklichkeit, auch den Einfluss der deutschen Kultur. Wir versuchen auf Augenhöhe, diesen Austausch durchzuführen.“Die deutschen und internationalen Calligraffiti-Künstler sind gleich in Beirut geblieben und sorgen – mit Unterstützung des Goethe-Institutes – bis zum 7. Oktober für ein Comeback des legendären „White Wall“-Streetart Festivals. Dessen Kurator Don Karl kündigt an: „Nachts wird projiziert, am Tag wird mit Farbe gemalt: Einmal in West-Beirut und in Ost-Beirut und auf der ehemaligen Greenline, die ja die Front im Bürgerkrieg war. Auch mit den Alphabeten, in Lateinisch und Arabisch. Wir wollen also ein Symbol für die Einheit der Stadt an die Wände malen.“