Hongkong und Berlin
West-östlicher Comic-Austausch
Die Ausstellung „A House United“ | Foto: Wing Lok Kwok
Zwei Ausstellungen des Goethe-Instituts Hongkong bringen Comic-Künstlerinnen und Leser aus Hongkong und Deutschland in Berlin und China zusammen.
Gibt es in Deutschland erfolgreiche Zombie-Comics? Behandeln deutsche Comicautorinnen und -autoren aktuelle, politische Themen? Welche Rolle spielen japanische Manga in Deutschland? Das sind einige der Fragen, die die Besucherinnen und Besucher der Wanderausstellung „A House United“ haben, die derzeit in Hongkong zu sehen ist. Die für die Auslandsarbeit der Frankfurter Buchmesse erstellte Schau stellt eine Auswahl aktueller deutscher Comics vor – und die stoßen beim Publikum in den Ausstellungsräumen des Goethe-Instituts im Hong Kong Arts Centre auf großes Interesse.
Unter den Ausstellungsgästen ist auch die Hongkonger Künstlerin Au Wah Yan, als Kurator der Schau, Lars von Törne, die deutsche Comicszene zusammen mit dem Berliner Zeichner Hamed Eshrat („Venustransit“) Anfang Juli in einem Überblicksvortrag vorstellt. Au Wah Yan ist neugierig, mehr über die deutsche Comicszene zu erfahren und erzählt von ihrer Arbeit, die wiederum für die deutschen Gäste faszinierend ist. Denn die Mittdreißigerin veröffentlicht alle zwei Wochen einen bemerkenswert politischen Strip namens „What a World“ in der Zeitschrift „Mingpao Weekly“.
Comic als politisches Statement
Den begann sie 2014, im Jahr der sogenannten Regenschirm-Bewegung: Zehntausende gingen damals auf die Straße, um ihren Unmut über die wachsende chinesische Einflussnahme auf die Sonderverwaltungszone auszudrücken, die seit 20 Jahren wieder zur Volksrepublik gehört. „Ich bin damals auch auf der Straße gewesen und habe kurz danach meinen Comicstrip gestartet, um ein Ventil zu haben“, erzählt Au Wah Yan.Der Zeichner Sam Tse, der bei einer weiteren Veranstaltung der deutschen Gäste im Kulturzentrum Comix Home Base als Zuschauer dabei war, hat sich auf Monster- und Zombiegeschichten spezialisiert. Die haben allerdings ebenfalls politische Untertöne – was in Hongkong bei vielen Comics der Fall ist. Bei der Begegnung mit den Besucherinnen und Besuchern aus Berlin interessiert Sam Tse sich besonders für die Arbeiten deutschsprachiger Comiczeichner, die wie er im Horror-Genre arbeiten. So faszinieren ihn vor allem die Schabekarton-Arbeiten des Züricher Künstlers Thomas Ott („Greetings from Hellville“). Dessen Technik wolle er jetzt auch ausprobieren, kündigt Sam Tse an.
Kim Il-sung trifft auf die Teletubbies
Den stärksten Austausch gibt es zwischen Mitgliedern der Hongkonger Künstlergruppe Ping Pong und einer Gruppe deutscher Zeichner. Der begann mit einer Begegnung in Berlin, die einige Wochen vor dem Hongkong-Besuch stattfand: Ende Juni trafen fünf Künstlerinnen und Künstler aus Hongkong und drei aus Deutschland für einen Tag im Berliner Museum für Kommunikation zusammen und zeichneten im Rahmen einer Ausstellung zu Hongkong-Comics ein großes Gemeinschaftswerk.Rund um dieses Gemeinschaftskunstwerk zeigten die fünf Mitglieder des Hongkonger Künstlerkollektivs ihre Arbeiten. Die von Leumas To, dem Gründer Gruppe, stachen durch ihre Verbindung popkultureller und religiöser Referenzen mit politischer Kritik besonders hervor. Da trifft Kim Il-sung auf die Teletubbies, aktuelle Nachrichtenbilder von Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea werden mit Bibelzitaten garniert.
Ping-Pong-Gründer Leumas To schaute auch beim Hongkong-Besuch der deutschen Gäste einige Wochen später in der Comix Home Base vorbei und brachte den jüngsten „Ping Pong“-Sammelband mit. In seinem Beitrag kontrastiert er Zeichnungen von Hongkonger Politikern und gesellschaftlichen Akteurinnen mit Zitaten aus den Filmen des Regisseurs Wong Kar-Wai, woraus sich subtile politische Kommentare ergeben.