Themenbroschüre des British Council und des Goethe-Instituts
Aufeinander zugehen
„Kultur in Zeiten der Unsicherheit“ - zu diesem Thema diskutierten in Brüssel Kateryna Botanova, Ko-Kuratorin von Culturescapes, Sir Ciarán Devane, CEO des British Council, und Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts. Im Mittelpunkt standen die Herausforderungen von Kulturarbeit in Gesellschaften im Umbruch sowie die Frage, welche Antwort die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auf den wachsenden Populismus inner- und außerhalb Europas geben kann.
Von Cornelia Hörtner
„Wir müssen noch stärker auf andere zugehen“ – darin sind sich die Panelistinnen und Panelisten einig. Zugehen auf bisher unerreichte Zielgruppen, zugehen auf neue oder schon bestehende Partner weltweit, zugehen auf andere europäische Kulturinstitutionen. Die Unsicherheit, mit der man momentan im Rahmen politischer, gesellschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Entwicklungen konfrontiert ist, sei ein unausweichlicher Teil europäischer und globaler Realitäten. Die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen vonstattengehen, werde in Zukunft sogar noch zunehmen. Nur in enger Zusammenarbeit der Akteure, die offene, freie und tolerante Gesellschaften, Künste und Wissenschaften unterstützen, könne man diesen
Herausforderungen begegnen.
Anlass für die Diskussion in Brüssel war die Veröffentlichung einer Studie, die der British Council und das Goethe-Institut gemeinsam in Auftrag gegeben haben und die von der deutschen Hertie School of Governance und der englischen Open University durchgeführt wurde. Die Studie analysiert die Wirkung von Kulturbeziehungen in Gesellschaften im Umbruch am Beispiel der Arbeit des British Council und des Goethe-Instituts in Ägypten und der Ukraine.
Die Themenbroschüre zur Studie
| Foto: Goethe-Institut Brüssel
Konflikte ansprechen und sichtbar machen
Kultur könne ein Gespräch über kontroverse Themen ermöglichen, die in anderen Kontexten nicht adressiert werden könnten. Dies führe unter anderem dazu, dass Beziehungen vertieft und Vertrauen ausgebaut werden könne – innerhalb von Gesellschaften und über Ländergrenzen hinweg, wie im Fall von Großbritannien und Deutschland. So beantwortet Sir Ciarán Devane die Frage der Moderatorin Gitte Zschoch, Leiterin von EUNIC Global, dem Zusammenschluss nationaler Kulturinstitute der Mitgliedsstaaten der EU, warum die Arbeit in Gesellschaften im Umbruch von Bedeutung sei und als Fokus der Studie ausgewählt wurde. Die Studie hebe hervor, so Johannes Ebert, dass ein dialogischer, partnerschaftlicher Ansatz in der Arbeit weltweit und das Vernetzen von Akteuren wirkungsvoll seien; das Goethe-Institut wolle diese Ansätze weiterhin verfolgen und ausbauen. Kateryna Botanova betonte: Die Rolle internationaler Kulturorganisationen und von Kultur allgemein sei nicht unbedingt die der Konfliktlösung. Sie sollten Konflikte vielmehr ansprechen, sichtbar machen und einen produktiven Dialog zwischen Konfliktparteien ermöglichen. Auch wenn, wie Botanova anmerkt, die Daten, auf die sich die Studie stützt, bereits 2017 erhoben wurden und im Falle der Ukraine nicht mehr vollumfänglich zutreffend seien, ziehe sie doch bedeutende Schlüsse daraus für die Arbeit von Kulturorganisationen inner- und außerhalb Europas. Als weitere wichtige Erkenntnisse der Studie benennen die Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer, dass internationale Kulturorganisationen Ziele und Erwartungen in den einzelnen Projekten klarer kommunizieren müssen und man Mechanismen finden müsse, um die Nachhaltigkeit geschaffener Netzwerke zu gewährleisten.Abseits der kulturellen Zentren
Es wurde außerdem darüber diskutiert, wie Kulturaktivitäten Bevölkerungsgruppen erreichen und miteinbeziehen können, die sich außerhalb der kulturellen Zentren und kultur-affinen Milieus eines Landes befinden. „Wir sind besser darin, Akteure weltweit zu vernetzen, als Gräben in unseren eigenen Gesellschaften zu überbrücken“, betonte Sir Ciarán Devane. Johannes Ebert ergänzte, dass das Goethe-Institut zwar vermehrt auch Kulturakteure in kleineren und mittelgroßen Städten anspricht und Projekte konzipiert, die darauf abzielen, diese miteinander zu vernetzen. Dies könne aber bisher nur als Anfang gesehen werden und man könne die Aktivitäten dahingehend noch weiter ausbauen.. Beispielhaft beschrieb er dabei das Projekt „Freiraum“, in dem sich in 42 Städten unterschiedlicher Größe Goethe-Institute mit ihren Partnern aus Kultur und Zivilgesellschaft Fragen zu Europa widmen.Panelistinnen und Panelisten in Brüssel | Foto: Stefanie Poulton
Kulturelle Zusammenarbeit nach dem Brexit
Länger als erwartet dauerte es, bis der Brexit zur Sprache kam und die Brücke zu Unsicherheiten und dem Erstarken des Populismus in Ländern Europas geschlagen wurde. Wie die kulturelle Zusammenarbeit in Europa nach dem Brexit aussehen könne, fragte Moderatorin Gitte Zschoch die Gesprächsrunde. Die Zusammenarbeit untereinander, hier sind sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, solle mit dem Brexit nicht abnehmen – nein, sie möchten diese sogar noch verstärken. Insgesamt müsse man, so Johannes Ebert, Projekte gestalten, in denen Europa wieder mit positiven Emotionen verknüpft werde und, wie Kateryna Botanova ergänzte, den Raum, den Kultur schafft, nutzen, um Visionen zu testen und umzusetzen.Publikation der Studie (Themenbroschüre)