Coding da Vinci Süd
Hack den Hackathon – Digitalisierung von Kulturgütern
Zu dem Kultur-Hackathon „Coding da Vinci Süd“ lud das Goethe-Institut 15 Kulturschaffende, Coderinnen und Hacker aus Brasilien, der Côte d'Ivoire, Indonesien, dem Senegal, Südafrika und Tansania nach München ein, um Ideen und innovative Apps für die Digitalisierung von Kulturgütern zu entwickeln.
Normalerweise trifft man im Gasteig, der größten Bibliothek in München, lesende Menschen – es ist meist ruhig. Doch an diesem Sonntag sieht man hier zahlreiche Personen, die sich in Gruppen an vielen Tischen über ihre Laptops beugen und eifrig diskutieren. Sie sind aus Ländern wie Brasilien, der Côte d’Ivoire, Indonesien, dem Senegal, Südafrika und Tansania zum Kick-Off-Wochenende von „Coding da Vinci Süd“ zu einem Kultur-Hackathon angereist. Kulturschaffende, Coderinnen und Hacker befassen sich bei diesem Programm mit der Digitalisierung von Kulturgütern aus Galerien, Bibliotheken, Archiven und Museen.
Eine Grundvoraussetzung für Teilhabe und digitale Mündigkeit
Einer der Teilnehmer ist Kofi Sika Latzoo. Der Kreativstratege und Designer aus dem Senegal, der unter anderem für das NASA Spaceapps Challenge Programm arbeitet, entwickelt gemeinsam im Team die App „Musel“. Mit dieser Anwendung können Touristen bei einer Hotelbuchung die künstlerischen Schätze einer Stadt kennenlernen. Während der Buchung wird dem Nutzer etwa ein Gemälde angezeigt, zu dem er dann zusätzliche Informationen abrufen kann. Das Smartphone ist mit dem Fernseher im Hotelzimmer vernetzt, auf dem der Gast ebenfalls Kunstwerke in größerem Format rezipieren kann. „Book, pledge and be artsy“ ist das Motto der raffinierten App, die Latzoo mit seiner Arbeitsgruppe umsetzen möchte. Das Ziel: Ein Hotel finden, das die App dann auf den Markt bringt. An „Coding da Vinci Süd“ nimmt auch Ignatia Nilu teil, Kuratorin und Autorin aus Indonesien, die unter anderem im Jogja National Museum arbeitet. Sie verbringt insgesamt zwei Monate in München im Ebenböckhaus mit dem Künstlerresidenzprogramm des Kulturreferats der Stadt München. Ihr Interesse gilt kollaborativen Praktiken zwischen Künstlerinnen, Wissenschaftlern, Hackerinnen und frei zugänglichen Technologien in der zeitgenössischen Kunst. Bei „Coding da Vinci Süd“ entwickelt sie im Team eine App zur Geschichte des Postwesens mit dem Namen „Global Postmaster“. Dafür wird der Fundus des Museums für Kommunikation in Nürnberg digital aufbereitet, der Nutzer kann so historische Postwege interaktiv nachvollziehen und mit Quizfragen sein Wissen erweitern.„Book, pledge and be artsy“ ist das Motto der neu entwickelten App „Musel” von Kofi Sika Latzoo, Kouassi Junior Attreman, Dharwis Widya Utama Yacob und Emmanuel Thomas Malongo (v.r.n.l.) | Foto: Diane von Schoen
Ein PDF macht noch keine Online-Strategie
Nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickeln Apps. Für ihn war der Wissensaustausch bereichernd, erläutert Leno Veras, Kurator und assoziierter Wissenschaftler an der Universidade Federal in Rio de Janeiro. „Wir befassen uns weltweit mit ähnlichen Fragen: Wie können Museen mit den großen Mengen an Daten in ihren Häusern umgehen, wie schaffen sie nicht-materielle Plattformen und wie kann man international über den Wandel von Museen in der digitalen Ära Lösungen finden?“ Über digitale Strategien konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer etwa im Museum Fünf Kontinente, im Lenbachhaus und in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften austauschen. Molemo Moiloa aus Johannesburg ist Teil des Visual Arts Network of South Africa (VANSA) und bereitet dort zurzeit die Gründung des Resistance and Liberation Movements Museum vor. Für die Künstlerin und Kuratorin herrscht an manchen Institutionen in Bayern noch ein sehr konservativer Diskurs, etwa wenn als Online-Strategie lediglich PDFs auf der Internetseite präsentiert würden. So gab es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch die Möglichkeit, Anregungen zu geben, wie Besucherinnen und Besucher sich stärker beteiligen können, etwa über Netzwerkplattformen und Interaktionsformate. Bei Moiloas Projekt für „Coding da Vinci Süd“ werden mathematische Modelle der Universität Tübingen auf einer Webseite zugänglich gemacht. Für die Arbeit daran hat sie nun mit ihren Mitstreitern aus Deutschland und Brasilien noch sechs Wochen Zeit. Da Moiloa nach dem Kick-Off in München wieder abreist, wird das Team virtuell an dem Projekt weiterarbeiten. Am 18. Mai werden die fertigen Projekte dann in Nürnberg präsentiert. 2020 veranstaltet das Goethe-Institut nach dem Vorbild von „Coding da Vinci“ Kultur-Hackathons in Brasilien, Indonesien und einem der beteiligten afrikanischen Länder.Kulturinteressierte, Hackerinnen und Coder bilden Teams. Oftmals treffen sie beim Hackathon das erste Mal aufeinander | Foto: Diane von Schoen