10 Jahre „kulturweit“
„Ein wendiges und stabiles Schiff“
In einem Festakt im Berliner Funkhaus wurde mit Alumni und Politiker*innen das 10. Jubiläum des internationalen Freiwilligenprogramms „kulturweit“ gefeiert. 2009 wurden erstmals Freiwillige an Goethe-Institute und Partnerschulen des Goethe-Instituts im Ausland entsandt. Damals wie heute sind Neugierde und eine Portion Mut wichtige Voraussetzungen.
Von Annette Walter
Der rund einstündige Festakt zum 10. Geburtstag von „kulturweit“ war weniger förmlich als erwartet, denn die Zuschauer*innen saßen auf bunt verteilten Sitzkissen auf den zahlreichen Stufen im imposanten, holzvertäfelten Saal des Funkhauses am Spreeufer. Anna Veigel ist von Beginn an im Jahr 2009 Leiterin des „kulturweit“-Programmes, an dem bislang rund 4000 Alumni teilgenommen haben. Jede ihrer Anmerkungen auf der Bühne wurde vom überwiegend jungen Publikum mit lautem Applaus quittiert. Kein Zweifel, diese Frau brennt für ihre Aufgabe und kommt deshalb ziemlich gut bei den Teilnehmer*innen an. Dazu passte auch eine schöne Metapher, die sie erwähnte und die gut zur Schifffahrt passte, mit der die Teilnehmer*innen ins Funkhaus angereist waren: „‘kulturweit‘ ist ein wendiges und stabiles Schiff, das auch auf stürmischem Meer nicht untergeht.“ Denn manchmal gelte es, auch Widrigkeiten zu überwinden, um die heutige gesellschaftliche und politische Relevanz, die sich „kulturweit“ laut Veigel mittlerweile erarbeitet hat, zu erreichen.
Michelle Müntefering (links), Staatsministerin für internationale Kultur- und Bildungspolitik, und Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, während des Festakts
| Foto: Deutsche UNESCO-Kommission / Till Budde
Geschichten von Abenteuerlust und Heimweh
Die SPD-Politikerin Michelle Müntefering, Staatsministerin für internationale Kultur- und Bildungspolitik beim Bundesminister des Auswärtigen, bedauerte in ihrer Rede, dass sie selbst nie an einem Programm wie „kulturweit“ teilgenommen habe, denn: „Man hat das Gefühl, etwas verpasst zu haben.“ Zumindest ein wenig möchte sie dieses Versäumnis damit kompensieren, indem sie sich die Erlebnisse der Alumni erzählen lässt: „Geschichten von Abenteuerlust und Heimweh, fernab der eigenen Komfortzone.“ Für sie ist es ein Programm, das jungen Menschen Raum gebe, die Welt kennenzulernen. Die verbindenden Komponenten sind für sie „Neugier und eine Portion Mut. Der Blick ändert sich nach einer Zeit im Ausland. Stereotype können bei so einem Programm ins Wanken geraten.“ Für die Politikerin ist „kulturweit“ Teil der deutschen Außenpolitik. Sie sieht es aber keinesfalls als Exportprogramm für deutsche Kultur, sondern als wichtige Möglichkeit, um Freiraum für Dialog und Austausch zu schaffen. Die Alumni seien Botschafter*innen dieses Ansatzes. Für die Zukunft hofft sie, dass der Einsatz gegen den Klimawandel noch stärker in Angriff genommen werde und auch verstärkt Einsätze etwa in Einrichtungen wie Geoparks stattfinden.Aus Hamburg über China nach München
Mit dem Schlusswort „Es lebe die Freiheit“ gab sie die Bühne frei für Maria Böhmer, die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission. Mit einem ironischen Zitat eines „kulturweit“-Alumni begann Böhmer ihren Vortrag: „Ich fühle mich in Hamburg sehr verwurzelt und ich weiß nicht, ob ich nach München gezogen wäre, wenn ich nicht mit ‚kulturweit‘ nach China gegangen wäre.“ Die Nachwirkungen einer Teilnahme an „kulturweit“ können also auch mal zu einem Umzug innerhalb Deutschlands führen, den der Betroffene davor für problematisch hielt. „Wir fördern mit ‚kulturweit‘ eine Kultur der Verständigung“, betonte Böhmer. Der internationale Dialog erhalte so eine neue Dimension. „Nicht nur die Politiker müssen sich begegnen, sondern Menschen müssen aufeinander zugehen.“ Ihr Wunsch für die Zukunft: noch mehr Einsatzstellen für die Freiwilligen. Und: dass der Bundestag weiterhin genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stellt. Ideal wäre es daher für die Zukunftssicherheit, wenn „kulturweit“ als festes Programm statt als Projekt firmieren würde – so formulierte Böhmer ihren Wunsch für die nächsten Jahre.Saal des Funkhauses am Spreeufer | Foto: Deutsche UNESCO-Kommission / Till Budde