Australischer Untergrund Metal
Die Dunkle Seite Australiens?

Truth Corroded in Adelaide
'Truth Corroded' in Adelaide | © Michael Lüders

Dröhnende Musik tönt gedämpft in den Biergarten. Es ist ein schöner warmer Frühlingstag und ein paar langhaarige Gestalten, meist bärtig, sitzen zusammen und trinken das erste Bier. Viele tragen Jeanswesten mit Aufnähern, sogenannte Kutten oder T-Shirts der lokalen Bands. Eine typische Szene aus dem Metal Untergrund in Sydney, wo jeden Freitag und Samstag local shows mit australischen Untergrund Bands stattfinden.

Der Metal Untergrund ist allerdings mehr als das. Wenn man genauer hinschaut, fallen unter allen Akteuren des Untergrunds vor allem zwei Gruppen auf: Fans und Bands. Die Fans (oder Metalheads) wollen Teil des Untergrunds sein, wohingegen der Untergrund für viele (nicht alle!) Bands der Ausgangspunkt ist - mit dem Ziel, dann irgendwann doch den Durchbruch zu schaffen und international  bekannt zu werden. Für die einen ist Untergrund Metal eine Art Lebensstil; für die anderen ist es der Weg zum Erfolg oder zumindest die Hoffnung auf Erfolg.

Anders sein wollen

Wie in anderen Untergrundszenen verbindet der Wunsch der Fans nach einem Raum, in dem man gemeinsam anders als die anderen sein kann. Duncan Therkildsen Jones schließt gerade seinen Master in Musikwissenschaften ab und hat seine Masterarbeit über die Metalszene von Sydney geschrieben. „Ich denke, dass Sydneys Metalszene sich eben durch den Untergrund Status auszeichnet“, meint Jones und ergänzt, dass Sydneys Metalszene versucht, eben nicht Mainstreamideen, Musikstilen und Ideologien zu folgen. Außerdem findet er, dass „dieser dadurch entstehende Raum sehr wichtig ist. In vielerlei Weise kann man in den Untergrund Shows einen Funken Punk wiedererkennen, weil die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Szene als ernsthaftes Ziel anerkannt werden.“

Fatigue @ Metal United Down Under Sydney 2014
Fatigue bei Metal United Down Under Sydney 2014 | © Michael Lüders
Michael Lüders ist Gründer der Initiative Metal United Down Under (MUDU). MUDU besteht aus Untergrund Shows in zehn bis 15 australischen Städten. Diese Shows finden alle am selben Datum unter einem gemeinsamen Banner statt. „Die Veranstaltung soll einerseits den Metalheads das Gefühl einer gemeinsamer Verbindung geben und andererseits Untergrund Bands eine Plattform zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades bieten“, sagt Lüders.  So spielten 2016 insgesamt 95 Bands unter dem MUDU Banner, 2015 waren es sogar 131. Ähnlich wie Masterstudent Duncan Jones hält auch Michael Lüders den Untergrund für einen wichtigen Bestandteil der australischen Metalszene, weil sich dort die Musik und neue Bands entwickeln können. „Die australische Metalszene ist, bedingt durch die geringe Bevölkerungsgröße Australiens, generell nicht so groß wie in Europa oder den USA. Der Untergrund hält die einheimische Metalszene am Leben. Die Untergrund Bands entwickeln die Musik weiter. Die Metalheads hören sie sich an, unterstützen sie gegebenenfalls - indem sie zu den Shows gehen, die CDs und T-Shirts kaufen und auf Facebook den Namen der Band verbreiten“, meint Lüders.

Der Weg zum Durchbruch

Es gibt eine Reihe von Bands, die gerne spielen ohne sich eine große Karriere davon zu versprechen. Viele Bands wünschen sich aber den Durchbruch und der Untergrund bietet eine Plattform, um sich eine Fangemeinde und einen Bekanntheitsgrad zu erspielen. Allerdings ist die Größe Australiens, die geringe Bevölkerungsdichte sowie die Entfernung zu anderen Ländern ein Hindernis für den Erfolg und die meisten Bands bleiben im Untergrund. Stu McGill ist Gitarrist der Power Metal Band Silent Knight und Organisator des Metalfestivals Stormrider in Perth, der isoliertesten Großstadt der Welt. Er sieht Engagement als wichtigstes Merkmal der australischen Metalbands: „Australien ist so weit weg vom Rest der Welt, sodass Bands einen unglaublichen Antrieb brauchen, um Erfolg zu haben“. McGill meint, dass die australischen Bands wahrscheinlich zu den am härtesten arbeitenden Bands der Welt gehören. Seine Band hat schon ein gutes Stück geschafft, schließlich haben sie in der Szene bereits einen Namen und dazu ein gut produziertes  Album. Im Sommer 2017 reisen sie nach Deutschland und spielen auf dem Headbangers Festival in Brande-Hörnerkirchen. Wie die meisten ambitionierten australischen Bands haben Silent Knight zunächst in Südostasien gespielt und wagen nun den Sprung nach Europa.

Duncan als Sänger von Sydney Band Fenrir
Duncan Therkildsen Jones als Sänger von Sydney Band Fenrir | © Michael Lüders
Den australischen Bands wird der Durchbruch allerdings nicht nur durch die Distanz zu anderen Ländern schwer gemacht. Neil 'Steel' Wilson, Veteran der Szene, Sänger der Bands Tyrant und Roadkill und Host der Radioshow Killawatts, bedauert, dass die australische Musikindustrie sehr darauf fokussiert ist, US-amerikanische Bands zu unterstützen und dabei die australischen Bands eher links liegen lässt. „Es gibt viele Bands, aber die Industrie scheint versessen darauf zu sein, jede daherkommende Band aus den USA zu unterstützen, sodass die australischen Bands heutzutage nicht mehr genug Unterstützung bekommen“, meint Wilson. Er führt weiter aus, dass einige wenige Bands eine große Anhängerschaft haben, während der Großteil der Bands darum kämpft, überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen - in den Medien, Spielzeit im Radio oder um von Buchungsagenten und Veranstaltern wahrgenommen zu werden. Ohne die richtigen Beziehungen kommt man einfach nicht weiter.  Silent Knight Gitarrist McGill deutet außerdem auf die Verleihung der australischen Musikpreise, ARIA Awards, hin: „Die Mainstream Medien schenken dem australischen Metal nur sehr wenig oder keine Aufmerksamkeit. Dabei würden die meisten australischen Metal Bands alle anderen Darbietungen wegpusten.“

Band oder Fan, Durchbruch oder nicht, wer zum australischen Untergrund gehört, steht für Metal. Und Metal verbindet. Weltweit.
 

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