Bicultural Urbanite Brianna
Gurken und Kanus im Spreewald
Circa eine Stunde außerhalb Berlins liegt ein magischer sumpfiger Wald. Malerische Bäche und Kanäle fließen durch diesen uralten Wald und machen es für Otter, Libellen und Touristen, in ihren kleinen Bötchen, besonders unwiderstehlich. Der Spreewald ist schon seit langem auf meiner Reisewunschliste, weshalb mein Mann und ich diesen Sommer unsere Funktionskleidung angezogen und eine dreitägige Paddeltour durch die UNESCO-geschützte Region gemacht haben.
Von Brianna Summers
Der Spreewald wird von den internationalen Besuchern Berlins oft übersehen, obwohl der Alexanderplatz nur eine kurze Fahrt mit der Regionalbahn entfernt ist. Wir haben unsere Reise in Lübbenau begonnen, wo es viele Leihkajaks und Kanus gibt. Wenn ihr jedoch nicht ins Schwitzen kommen möchtet, könnt ihr sogar jemanden dafür bezahlen, euch die Wasserwege entlang zu fahren, während ihr ein Champagnerfrühstück oder ein Abendessen bei Kerzenschein, mit Unterhaltungsprogramm am Ufer, genießt.
Unser Kanadier, der Geländewagen unter den Kanus, hatte genug Platz für unsere gesamte Campingausrüstung und Snacks. Nachdem wir unsere Omasandalen angezogen und die Ausrüstung bereit hatten, erhielten wir eine Landkarte und den Hinweis „Es ist unmöglich euch zu verirren“. Ich konnte mir nicht helfen und dachte, dass dies ein schlechtes Omen sei. (Nach Murphy‘s Gesetz wird doch sicherlich unsere arme dünne Karte irgendwann total durchnässt werden?)
Flucht aus der Stadt
Ich habe gehört, dass der Spreewald auch als "die deutschen Everglades" bezeichnet wird, obwohl es im Gegensatz zu den Everglades hier nicht notwendig ist, nach Krokodilen Ausschau halten zu müssen. Als wir dort waren, waren sogar Mücken Mangelware. Das nahezu bewegungslose Wasser spiegelte die Pflanzenwelt der Umgebung wider, während eine sanfte Brise die Geräusche quakender Frösche und surrender Flügel leuchtender Libellen mit sich trägt. Nur ab und zu wird diese Idylle von Zeichen der Zivilisation, wie dröhnende Traktormotoren und kreischende Kinder in Kajaks unterbrochen, aber zum größten Teil war das Plätschern von Paddeln, die ins und aus dem Wasser tauchten, unsere einzige Geräuschkulisse.Auf einigen der kleineren Kanäle ziehen gelegentlich Restaurants, Cafés, Bauernhäuser und Sommerhäuser an uns vorbei. Die Bewohner schmücken ihre Ufer gern mit gruseligen Tierfiguren, wie Froschkönige mit Kronen, Eulen mit massiv erweiterten Pupillen oder Plastikstörche auf Stangen, die aus alten Heuschobern herausragen.
Unser Campingplatz hieß uns mit einer übergroßen Essiggurke willkommen, die uns begeistert zwei Daumen hoch gab. Der Spreewald ist bekannt für seine Essiggurken: In der Region gibt es viele Essiggurkenfarmen, und die daraus gewonnenen Produkte machen die Hälfte der in Deutschland konsumierten Essiggurken aus. Die Einheimischen sind verständlicherweise sehr stolz, und der Gurken-Tourismus macht wahrscheinlich einen großen Teil ihres Einkommens aus. Im Spreewald gibt es ein Gurkenmuseum, einen Gurkenradweg und zahlreiche Gurkenmärkte mit Spezialitäten wie Likör, BBQ-Soßen und sogar Bier mit Gurkengeschmack.
Wie wäre es mit ein wenig Schmalz?
Als Snack werden Essiggurken oft von einem mit Schweinefett bestrichenem Vollkornbrot begleitet. Für mich ist das "Brot und Bratenfett": eine Notfallreserve, über die ich in Büchern zur Kriegsgeschichte gelesen habe. Im heutigen Deutschland ist Schmalzbrot jedoch immer noch stark begehrt. Freunde haben mir erzählt, dass Brot und Schmalz in ihrer Kindheit sogar auf Hauspartys ein üblicher Snack waren. Während ich in den 90ern in Melbourne Cheezels verzehrte, schmierten deutsche Teenager offenbar Schmalz auf ungetoastetes Brot.Angesichts des ganzen Gurkenrummels und des UNESCO-Status des Waldes, hatten wir den Spreewald nie ganz für uns allein. Als wir uns durch die Kanäle bewegten, trafen wir auf viele andere Paddler, und der Verkehr nahm jedes Mal zu, wenn wir uns Dörfern oder Biergärten näherten. Die Touristenströme erreichten am Sonntagnachmittag im malerischen Dorf Lehde ihren Höhepunkt. Hunderte bunte Paddel wirbelten durch die Luft, als sich die kleineren Bötchen an den größeren, die von Männern mit Gondelstangen gesteuert wurden, vorbeidrängelten. Ein Pärchen, das Cola mit Rum aus Dosen schlürfte, lachte, zeterte und schmollte, als es mit seinem Boot andere Boote, Mauern und Büsche rammte. Rentner saßen wie Würdenträger oben in den Cafés und beobachteten dieses Chaos in aller Ruhe, als wäre es ein seltsames Fremdritual.
Zwar waren wir froh, Lehde hinter uns zu lassen, aber dennoch traurig, nach drei Tagen spektakulärer Kulisse, endlosem Bier, Würstchen und Gurken, den Spreewald wieder zu verlassen. Egal was auch immer euch anmacht, ich bin mir sicher dass diese sumpfige Oase ein ideales Gegenmittel zum Großstadtleben ist.