Bicultural Urbanite Brianna
Am Ball: WM-Fieber und australischer Football
Ich verstehe Fußball nicht so wirklich. Statt als Kind die Fußballshow 'The World Game' auf Australiens Multikulti-Sender SBS zu schauen, verbrachte ich meine Jugend damit, der wohlklingenden Stimme von Cricket-Reporter Richie Benauds zu lauschen.
Aber obwohl mich die extreme Beliebtheit eines 90-minütigen Spiels etwas verblüfft, in dem es möglich ist, keinen einzigen Punkt zu erzielen, glaube ich gerne, dass Fußball – genau wie Cricket – voller faszinierender Feinheiten ist, die man nur mit geschultem Auge wahrnimmt. Die diesjährige Weltmeisterschaft veranlasste mich dazu, über meine Beziehung zum beliebtesten Sport der Welt zu reflektieren.
Da mir nun mal das nötige kulturelle Rüstzeug fehlt, ist eine Einladung zum gemeinsamen Gucken von Bundesliga- oder Champions-League-Spielen immer auch irgendwie anstrengend. Und zwar so anstrengend, dass eine australische Freundin und ich irgendwann beschlossen, den Spieß umzudrehen und für unsere fußballbegeisterten Freunde eine „AFL Night“ mit Australian Football (AFL) abzuhalten. Wir schafften es, eine DVD mit dem spannungsgeladenen Grand Final zwischen den Sydney Swans und den West Coast Eagles aus dem Jahr 2005 in die Finger zu kriegen, bei dem Sydney in den letzten Minuten des vierten Viertels mit nur vier Punkten Vorsprung den Sieg davontrug. Unseren Gästen wurde per Zufall ein Team zugewiesen und gesagt, sie sollten entweder in Weiß-Rot oder in Gelb-Blau kommen, um sicherzustellen, dass wir zwei dedizierte Fanclubs hatten. Meine Freundin und ich schrieben die AFL-Regeln auf Packpapier, hängten sie an die Wand und servierten Fleischpasteten und Hot Dogs mit jeder Menge Ketchup.
Wir starteten die DVD und standen alle für die Nationalhymne auf, bevor das Anfeuern und Jubeln begann. Unseren deutschen Freunden schien das Ganze durchaus Spaß zu machen, auch wenn einige von der Brutalität des Tacklings schockiert waren und andere regelmäßig den Überblick verloren, in welche Richtung nun eigentlich gespielt wurde. Der abgehackte Schnitt und die zahlreichen Kameraperspektiven in Kombination mit dem ovalen Spielfeld und dem ovalen Ball erschweren einem das Mitverfolgen von Australian Football, vor allem, wenn man ein rechteckiges Spielfeld und Fußballberichterstattung von links nach rechts gewöhnt ist.