Bicultural Urbanite Luke
Echte Berliner Mode
Tatjana Philipp ist in mancher Hinsicht der Inbegriff der Berliner Kreativen. Mit ihrer stilsicher eingerichteten Neuköllner Wohnung und einer gediegen zurückhaltenden Ansammlung von Tattoos bezieht die junge Designerin Inspiration aus Elementen wie strenger Architektur und Industrial-Musik, um elegante und zeitlose Haute Couture zu gestalten. Sie teilt ihr Zuhause mit zwei eigenwilligen Katzen, verbringt gerne mal die eine oder andere ausgedehnte Nacht im Club und arbeitet wie eine Wilde daran, ihrer kreativen Vision Leben einzuhauchen. Sie gehörte außerdem zu den ersten, die ich in Berlin kennenlernte.
Sich ganz alleine in einem fremden Land niederzulassen, ist ein eigenartiger Prozess. Wenn man in der ganzen Stadt noch keine Menschenseele kennt, durchläuft man eine Art provisorische, unbeschwerte Periode des Leute-Treffens, die zu so manch interessanter Bekanntschaft führen kann. Trotz einiger fragwürdiger Typen, die darauf aus waren, sich auf ewig auf einem oder auch zwei Treuhandfonds auszuruhen (man denke an Edward St Aubyns Beschreibung von Menschen, die „gleichzeitig bedingungslos gesellig und vollkommen freundlos“ sind), hatte ich in meiner Berliner Anfangszeit das Glück, auf ein paar wahre Freunde fürs Leben zu stoßen. Warme, ambitionierte Menschen, die interessante Dinge machten, große Träume hatten und meine Pläne, mich hier niederzulassen, untermauerten.
Utilitaristische Hosen und grazile Blusen
Eine dieser ambitionierten Persönlichkeiten war Tatjana, eine gebürtige Berlinerin, deren Vision, von der ich vor vielen Jahren zum ersten Mal hörte – wahrscheinlich erfuhr ich die Details auf irgendeiner elenden Party vor dem Hintergrund dröhnender Bässe und ohrenbetäubender Trommeln –, nun mit dem Launch ihres in Berlin ansässigen Fashion-Labels Wirklichkeit wird.Aber angesichts der Tatsache, dass in Deutschlands ultrahipper Hauptstadt nun wahrlich kein Mangel an aufstrebenden Fashionistas herrscht, ist sich Tatjana der Notwendigkeit nur zu bewusst, Berliner Maßstäbe zu sprengen und dem Ganzen ihren individuellen Stempel aufzudrücken, indem sie utilitaristische Hosen mit grazilen Blusen und traditionelles Schneiderhandwerk mit ihrer unverwechselbaren Sensibilität kontrastiert.
Nach dem Abschluss der renommierten Berliner Modeschule Esmod sammelte Tatjana mit dem Erstellen von Schnittmustern für Namen wie OBSCUR, Haider Ackermann und Cedric Jacquemyn erste Erfahrungen und erweiterte dann in Belgiens Modehauptstadt Antwerpen zwei Jahre lang ihren Horizont. Jetzt, da sie wieder in ihrer Heimatstadt lebt und in ihrem Atelier in Westberlin designt, macht sich ihre harte Arbeit mit dem Launch ihrer Debüt-Kollektion bezahlt, die eher wie das Produkt eines etablierten Namens als einer jungen Senkrechtstarterin wirkt.